Die heilsame Wirkung von Hühnersuppe ist kein Aberglaube, sondern wissenschaftlich bestätigt. Alles wissenswerte zum Wundermittel.

Der Hals kratzt, die Nase läuft, der Kopf ist wie benebelt – eine Erkältung hat sich eingenistet. Heiße Zitrone, Fliederbeersaft, ein Erkältungsbad und ab ins Bett. Viel schlafen und trinken, Hunger hat man ohnehin nicht. Aber wenn eine selbst gekochte und dampfend servierte Hühnersuppe ans Krankenlager getragen wird, dann muss man essen. Denn die mit viel Geduld und Liebe über Stunden zubereitete Brühe mit Fleisch und Gemüse ist ein bewährtes Hausmittel vor allem gegen Erkrankungen der oberen Atemwege.

In der jüdischen Küche zählt Hühnersuppe oder „Goldene Joich“ zu den traditionellen Gerichten. Man spricht sogar vom „jüdischen Penicillin“, weil der Speise eben heilende Wirkung zugesprochen wird. Dass dies nicht nur Aberglaube ist, konnten Forscher der Universität von Nebraska in den USA in ihren Studien wissenschaftlich belegen.

Schon die alten Ägypter wussten um die entzündungshemmende Wirkung

Die Wissenschaftler kochten eine Suppe mit Hühnchen, Zwiebeln, Kartoffeln, Karotten, Sellerie und Petersilie. Und sie stellten fest: Beim Verzehr der Suppe wurden im Körper ganz bestimmte weiße Blutkörperchen – die sogenannten Neutrophilen – in ihrer Bewegung blockiert. Diese Neutrophilen sind für Entzündungsprozesse mitverantwortlich und werden bei Virusinfektionen – also auch beim grippalen Infekt – in großen Mengen freigesetzt. Sie lösen Entzündungen und Schwellungen der Schleimhäute in den oberen Atemwegen aus.

Weitere Studien deuten zudem darauf hin, dass sich das in der Hühnerbrust enthaltene Carnosin, ein sogenanntes Dipeptid, positiv auf unsere Immunabwehr auswirkt. Dadurch können Krankheitserreger besser abgewehrt und bekämpft werden.

Außerdem ist hinreichend belegt: In Hühnersuppe steckt der Eiweißstoff Cystein. Und der wirkt ebenfalls entzündungshemmend und abschwellend auf die Schleimhäute. Zusätzlich enthält die Suppe beträchtliche Mengen des Mineralstoffs Zink – und zwar gebunden an den Eiweißbaustein Histidin. Durch diese Kombination soll das bei Infekten hilfreiche Zink besonders gut resorbierbar sein.

Ingwerwurzel, Chili oder schwarze Bohnen unterstützen die Wirkung der Suppe

Außerdem hilft die Hitze der Hühnersuppe, die Schnupfenviren zu bekämpfen. Die Viren sind nämlich temperaturempfindlich und werden so in ihrer Vermehrung gehemmt. Gleichzeitig befeuchtet der heiße Dampf die Schleimhäute, was den Abfluss des Sekretes in den Atemwegen fördert. Die entzündungshemmende Wirkung der Speise kann man noch steigern, wenn man ein Stück Ingwerwurzel, etwas Chili und eine Handvoll schwarzer Bohnen mitkocht.

Zu einer Hühnersuppe hat jeder bestimmte Assoziationen
Zu einer Hühnersuppe hat jeder bestimmte Assoziationen © Radius Images/Getty Images | Getty Images

Hühnersuppe wurde schon von den alten Ägyptern als Mittel gegen Erkältungen verwendet. Im späten 10. Jahrhundert beschrieb der persische Arzt Avicenna in seinen Werken die positive Wirkung von Hühnersuppe. Und der jüdische Gelehrte Maimonides befand 200 Jahre später, dass Hühnersuppe „gut zur Wiederherstellung gestörten Humors“ (im Sinne von Körpersäften) sei.

Wohl kaum ein Gericht ist weltweit so verbreitet und zugleich regional so unterschiedlich wie die Hühnersuppe. In afrikanischen Ländern etwa schlürft man das gebrühte Huhn mit Okra und Erdnusscreme. Araber löffeln sie mit Harissa und Joghurt. Thailänder schätzen die „Tom Kha Gai“ mit Chili, Zitrone und Kokosmilch. Mais, Tortillastreifen und Avocado müssen in mexikanische Töpfe.

Schotten essen die Suppe „Cock-a-leekie“ mit Porree, und in Indien wird die Suppe Mulligatawny mit Curry, Kurkuma, Nelken, Kokosmilch und Portwein abgeschmeckt. Und Silvester im TV-Klassiker „Dinner for One“ serviert Butler James seiner Lady zum 90. Geburtstag übrigens als ersten Gang dieses Gericht.

Hühnersuppe erinnert an Omas warme, gemütliche Küche von früher. Auf dem Herd köchelt etwas vor sich hin, es riecht nach Kräutern, Gemüse und Wohlbefinden. Ein Schutzraum, wo Probleme und schlechte Laune draußen bleiben. Die Fünf in Mathe? Stefan hat Schluss gemacht und trifft sich jetzt mit Mareile? Die alte Dame interessiert das nicht, sie wischt die Hände an der Schürze ab, füllt auf und sagt: „Nun iss man erst mal.“ Und dann sieht die Welt schon anders aus. Oma und ihre Suppe als Seelentröster.

Das Grundrezept

Für ein Grundrezept Hühnerbrühe werden ein Suppenhuhn (1,5 Kilo) und ein Kilo Hühnerklein gewaschen und in einen großen Topf gelegt. Eine Stange Lauch, eine Möhre, 125 Gramm Sellerie und zwei Zwiebeln putzen, schälen, grob zerteilen und ebenfalls in den Topf wie auch drei Lorbeerblätter, zehn Pfeffer- und acht Pimentkörner, ein Teelöffel Salz und ein Bund Petersilie.

Etwa drei Liter kaltes Wasser in den Topf gießen, diesen auf dem Herd bei kleinster Hitze ohne Deckel zum Kochen bringen. Den sich oben bildenden Schaum regelmäßig mit einem Schaumlöffel abschöpfen. Das Ganze mindestens zwei Stunden leise köcheln lassen.

Anschließend das Huhn entnehmen und abkühlen lassen. Die Brühe durch ein feines Sieb gießen. Hühnerklein, Gemüse und Gewürze nicht weiterverwenden. Das Huhn enthäuten, das Fleisch von den Knochen lösen, klein schneiden und wieder in die Flüssigkeit geben. Auch Möhren, Erbsen, Eierstich, gekochter Reis oder kleine Nudeln machen die Suppe zu einer wärmenden Wohlfühl-Mahlzeit.