Hamburg. Wer immer nur bestellt, was er kennt, verpasst etwas. Alexandra Maschewski hat schon mal geschleckt und die Eis-Trends der Saison probiert.

Bei schönem Wetter wird man demnächst Fahrrädern mit Boxen an der Alster oder im Stadtpark begegnen können. Erdbeeren, Mangos und sogar Avocados werden sich darin befinden – alle eisgekühlt und alle (püriert) am Stiel. „Wir werden anfangs sicher auch selbst unterwegs sein“, sagt Gerrit Jakobs, der zusammen mit Fußball-Freund Stefan Kramer in Norderstedt die Firma puro ice pops gegründet hat. Bereits vor knapp zwei Wochen haben die beiden der Kleinen Konditorei in Eimsbüttel schon einen neuen Verkaufsschlager beschert: Vanille-Zimteis mit Franzbrötchen-Stückchen. Nicht nur für Lokal-Patrioten geeignet.

Produziert werden alle Sorten im Eiscafé Pinocchio in Norderstedt, in dem der 36-jährige Gerrit Jakobs schon als Jugendlicher Kunde war. Als dessen Inhaber von seinem Plan erzählte, auch Eis am Stiel fertigen zu wollen, war da endlich die Geschäftsidee, auf die Jakobs, zuvor bei einer Krankenkasse beschäftigt, und Diplom-Ingenieur Stefan Kramer schon eine ganze Weile gewartet hatten. Jakobs hat seinen alten Beruf mittlerweile aufgegeben. „Es gibt wirklich Schlimmeres, als zwei- bis dreimal pro Woche Eis zu testen“, sagt der zweifache Vater scherzhaft. Was die bereits entwickelten Sorten auszeichnet: Sie enthalten keinerlei Zusatzstoffe und sind vegan. Ein Trend auch bei bekannteren Eisläden.

„Nur wenige verwenden so viel Frucht, wie wir es tun“, sagt Gerrit Jakobs. Und so steckten in der Erdbeerliebe gleich 8o Prozent davon. „Komplett zuckerfrei ist die Sorte nicht – aus Geschmacksgründen.“ So beliebt Klassiker auch seien, er ist sich sicher, dass eine andere Sorte der „Sommerkracher“ werden wird. „Avocado-Limette. Wer es nicht probiert hat, wird sich den Geschmack kaum vorstellen können.“ Neben der Sortenentwicklung beschäftigt sich der selbst ernannte „Eisverkäufer“ momentan vor allem mit den Vertriebswegen. „Hochprozentige Sorten wie Mojito würden gut zu Bars oder Beach-Clubs passen.“

Keine Angst vor Experimenten

Hamburger lieben die Experimentierfreude von lokalen Eismanufakturen. Auch das Thema Regionalität trifft voll den Zeitgeist. Und so wundert man sich nicht über den Erfolg der Eisprinzessinnen Katrin Kerkhoff und Lara Oppenberg, die ihr Ottenser Geschäft vor einem Jahr eröffnet haben und bereits mit dem Gastro-Gründerpreis ausgezeichnet wurden. Ihre Zutaten werden möglichst in der Umgebung eingekauft, Äpfel aus dem Alten Land zum Beispiel. Wer Glück hat, kann bei einem Blick ins Eislabor sogar zuschauen, wie daraus eine neue Sorte entsteht. In Kugelform gibt es auch bei den Eisprinzessinnen Franzbrötchen-Eis: „Dazu gibt es bald sogar eine Lesung aus dem Franzbrötchen-Buch“, erzählt Katrin Kerkhoff, die wie ihre Geschäftspartnerin von Haus aus eigentlich Architektin ist. Angst vor neuen Sorten haben beide nicht, und so finden ihren Weg in die stets mit 14 Sorten bestückte Vitrine Kreationen wie Lakritze, Caramel-Fleur de Sel, Ziegenmilch-Honig-Rosmarin, weißes Kaffee-Eis oder sogar Gurke auf Milchbasis.

In Ottensen hat man Glück, denn dort ist auch die Eisliebe von Franz Hansert zu Hause. Es gibt Kunden, die für sein Milchreis- oder Honig-Lavendel-Eis sogar den Weg quer durch die Stadt antreten. Der 66-Jährige und sein Team kündigen fast täglich via Facebook das an, was bei Sonnenwetter auch schnell mal ausverkauft sein kann. So wie das Rhabarber-Eis vom ersten Vierländer Rhabarber.

In noch direkteren Austausch mit den Kunden tritt Larissa Pawlowski, die zusammen mit ihrer Schwester den Laden „Delzepich Eis“ in Winterhude leitet. Auf der Website dürfen sich Kunden nämlich sogar ihre Lieblingssorten wünschen. „Nicht immer ist alles umsetzbar“, sagt Larissa Pawlowski, die sich schon auf die ersten heimischen Erdbeeren freut und allzu schrägen Kombinationen wenig abgewinnen kann. Es gibt jedoch Eigenkreationen wie Erdnussbutter-Nutella, die bereits Eingang ins Sortiment gefunden haben.

Anders als in Berlin haben sich in Hamburg Frozen-Yogurt-Shops nicht wirklich durchsetzen können. Kaja Ringert und Stella Peters von Mien fro’Natur produzieren jedoch erfolgreich Sorten wie Himbeere oder Blaubeere für den Handel. „Wir bestellen unseren Joghurt direkt beim Hof Kruse in Rellingen“, erzählt die 28-jährige Kaja Ringert. Seit rund zwei Wochen gibt es drei ausgewählte Sorten im Tiefkühlregal einiger Supermärkte auch im Glas. Das sieht nicht bloß gut aus: „Die Verpackung ist nachhaltig, weil sie wiederverwendbar ist.“

Neu ist das Buch „Frozen Sweets“ der Hamburger Food-Journalistin ­Gabriele Gugetzer. „Als ich Freunden von dem Projekt erzählte, waren die meisten der Meinung, dass es unnötig sei, Eis selbst zu machen. Das beste Eis gebe es bei der italienischen Eisdiele.“ Gabriele Gugetzer konnte Zweifler längst für ihre Rezepte begeistern. Diese sind auch für zwei Personen geeignet, die mit nicht zu viel Aufwand ein schönes Dessert kreieren wollen. „Zum Beispiel in Kombination mit einem Brioche, wie in Süditalien üblich.“ Eine Eismaschine sei praktisch, aber nicht unbedingt nötig. Wenn man die Expertin nach ihrer Lieblingssorte fragt, kommt die Antwort schnell: „Schokolade mit ganz viel Schoko.“ Klassiker sind schließlich auch noch erlaubt.