Rund 300 Besucher kamen in die Axel-Springer-Passage, um drei Experten zu neuen Therapiemöglichkeiten zu befragen

Hamburg. "Ich bin vor Jahren operiert worden und habe nun wieder Rückenschmerzen. Was soll ich tun?" "Ich habe alles versucht, aber nichts hilft." Mit teils sehr persönlichen Fallbeispielen über ihr jahrelanges Leiden meldeten sich Leser beim Rückenschmerz-Forum des Abendblatts zu Wort. Etwa 300 Hamburger waren am Dienstagabend in die Axel-Springer-Passage gekommen, um die Vorträge dreier Experten anzuhören und ihre Fragen loszuwerden.

Häufig zur Sprache kamen Erfahrungen mit Spritzen, die zur Behandlung für die Rückenschmerzen eingesetzt werden. "Es gibt mehrere gängige Methoden, bei denen meistens Kortison zur Entzündungshemmung und ein örtliches Betäubungsmittel an verschiedene Stellen in der Wirbelsäule gespritzt werden", sagte Prof. Luca Papavero von der Schön-Klinik in Eilbek. "Dazu gehört auch das Setzen einer Spritze in den Bereich einer Nervenwurzel, die Periradikuläre Therapie, auch PRT genannt", sagte der Chefarzt der Klinik für Spinale Chirurgie. Damit der Arzt genau sehen könne, was er tue, werde die Behandlung in einem Computertomografen durchgeführt.

"Spritzen gegen die Rückenschmerzen sind eine weit verbreitete Methode in den Arztpraxen", ergänzte der Orthopäde Dr. Joachim Mallwitz vom Rückenzentrum Am Michel. "Die CT-gesteuerte PRT ist bei starken Nervenreizungen sinnvoll, beispielsweise bei einem Bandscheibenvorfall, wenn ein hochaktiver entzündlicher Prozess vorliegt. Die Entzündung kann so unter Kontrolle gebracht werden, und der Schmerz wird reduziert." Doch so eine Behandlung allein helfe nicht auf Dauer bei chronischen Rückenschmerzen, dann müsse nach der Ursache gesucht und diese behandelt werden.

Prof. Uwe Kehler von der Asklepios-Klinik Altona wies darauf hin, sich durch Ergebnisse von bildgebenden Verfahren wie Röntgen, Computertomografie und Kernspin nicht allein leiten zu lassen. "Nicht jeder Bandscheibenvorfall, den man auf einem Bild sieht, macht Beschwerden und muss operiert werden. Auch Menschen ohne Rückenschmerzen können Bandscheibenvorfälle haben", sagte der Chefarzt für Neurochirurgie. Für die Entscheidung zur OP seien neben Schmerzen klinische Befunde wie Gefühlsstörungen oder Lähmungen wichtig.

Von einer "Sternstunde" statt "Sprechstunde" mit Hamburger Top-Therapeuten sprach der Moderator des Abends, Hans-Heinrich Reichelt. Die Leser konnten sich außerdem bei Mitarbeitern von Kieser-Training über gezieltes Krafttraining informieren sowie an einem Stand des Online-Portals www.yogaeasy.de über dessen Angebot. Die Leser-Fragen und -Antworten der Ärzte haben wir hier zusammengestellt.

Ist ein häufiges Einrenken der Wirbelsäule schädlich?

Mallwitz: Wenn man das Einrenken der Wirbelkörper nach allen Regeln der ärztlichen Kunst macht, kann nichts kaputtgehen am Gewebe. Wenn jedoch immer wieder eingerenkt werden muss, dann ist die Frage, was dahintersteckt. Dann muss man überlegen, ob nicht eine andere Behandlung besser wäre.

Muss ein Wirbelkörperbruch durch Osteoporose gleich operiert werden?

Kehler: Wichtig ist, ob der Patient Beschwerden hat oder nicht. Liegen beispielsweise keine Schmerzen vor, dann kann man erst einmal zuwarten. In jedem Fall sollte die Osteoporose mit Medikamenten wie Bisphosphonaten, Vitamin D und Kalzium behandelt werden. Treten Nervenausfälle mit Lähmungserscheinungen auf, muss über eine Operation nachgedacht werden.

Wie erkenne ich, ob ein Arzt kompetent ist? Beispielsweise wenn er mir Spritzen setzen möchte?

Mallwitz: Fragen Sie, wie häufig er das macht. Einmal im Monat oder täglich? Wenn er etwas häufig macht, sollte man davon ausgehen können, dass er erfahren ist. Bei einem Erstgespräch sollten Sie das Gefühl bekommen, dass der Arzt sich ernsthaft mit Ihrem Problem beschäftigt. Für solch ein Gespräch ist es ratsam, nach einem Termin in der Randzeit der Sprechstunde zu fragen.

Rückenschule und Fitnesscenter - ist das nur Zeitvertreib oder bringt das was bei Rückenschmerzen?

Mallwitz: Das bringt in jedem Fall etwas! Viele Menschen üben berufliche Tätigkeiten aus, bei denen sie sich nicht viel bewegen. Unsere Muskulatur verkümmert dabei. Körperliche Aktivität wirkt dem entgegen.

Ist eine minimal-invasive OP bei einem Bandscheibenvorfall besser als eine offene OP mit einer größeren Wunde?

Kehler: Es gibt unterschiedliche Verfahren. Das Prinzip ist, dass so schonend wie möglich operiert werden sollte. Bei manchen Bandscheibenvorfällen oder einer Spinalkanalstenose ist jedoch eine größere Operation hilfreich, das muss individuell entschieden werden.

Wie schnell ist man nach einer minimal-invasiven Rückenoperation wieder fit?

Papavero: Aus medizinischer Sicht ist es oft nicht nötig, einen längeren Aufenthalt in einer Reha-Klinik anzuschließen, auch nicht bei älteren Menschen. Doch sollte man nicht nach sechs Tagen wieder selbst seine Einkäufe nach Hause tragen müssen, sondern Unterstützung bei Familie, Freunden oder Nachbarn suchen. Ist das nicht möglich, kann aus sozialer Indikation darüber nachgedacht werden, ob man besser zwei bis drei Wochen in einer Reha-Einrichtung aufgehoben ist.

Morgen Lesen Sie: Folge 5, Demenz: Bisher ist das Leiden unheilbar. Wichtig bei der Therapie ist Hilfe für Angehörige.