Berlin. Proteinreiche Ernährung ist im Mainstream angekommen. Sie verspricht Muskeln und einen fettfreien Körper. Doch das birgt auch Gefahren.

Eine proteinreiche Ernährung gehört für viele Hobbysportler mittlerweile dazu – insbesondere im Kraftsport. Um Muskelmasse aufzubauen, gilt Protein als unverzichtbar. Es wird dabei häufig über Nahrung und Ergänzungsmittel wie Protein-Shakes oder Riegel konsumiert. Allerdings kann zu viel davon das Risiko erhöhen, an Arteriosklerose zu erkranken. Das legt zumindest eine Studie aus dem Jahr 2020 nahe. Bislang war die genaue Ursache für das erhöhte Erkrankungsrisiko allerdings unklar. Eine Gruppe von Forscherinnen und Forschern der Universität Pittsburgh will die Erklärung nun gefunden haben. Ihre Forschungsergebnisse präsentierte die Gruppe jüngst im Wissenschaftsjournal „Nature“.

Arteriosklerose ist eine Gefäßerkrankung und eine der Hauptursachen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Arterien werden dabei von Ablagerungen verstopft. Im schlimmsten Fall führt die Erkrankung zu Schlaganfällen oder einem Herzinfarkt.

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Protein ungesund? Bestimmte Aminosäure ist Hauptursache

Für ihre Studie führten die Biologen und Biomediziner verschiedene Test an mehreren Probanden durch. Die Probanden bekamen in einem Test Protein-Shakes zu trinken. Vor und nach der Zunahme wurde in bestimmten Abständen Blut abgenommen. Der Protein-Anteil in den Shakes wurde am nächsten Tag variiert. So konnten die Forscher herausfinden, wie sich Menge und Zusammensetzung der Aminosäuren im Blut der Probanden durch die Aufnahme von Protein veränderte – und wie viel Protein es dafür brauchte.

Dabei stellten sie fest, dass bestimmte Aminosäuren besonders erhöht waren, darunter auch Leucin. Aus der früheren Studie ging bereits hervor, dass Leucin auf die Zellen des Immunsystems einwirkt, welche bei der Entstehung von Ablagerungen in den Arterien eine wichtige Rolle spielen. Durch weitere Tests an Zellkulturen und Mäusen gelang es den Forschern schließlich, andere Aminosäuren auszuschließen und klar zu benennen, dass Leucin Immunzellen daran hindert, Zellschrott im Blut erfolgreich abzubauen. Die Folge: Gefäßverstopfungen.

Gesunde Ernährung: Experten raten von zu viel Protein ab

Allerdings gingen die Forscher noch weiter: „Wir beschreiben einen Schwelleneffekt einer hohen Proteinaufnahme und zirkulierenden Leucins auf Monozyten/Makrophagen, wobei nur Protein von mehr als ca. 25 g pro Mahlzeit die mTOR-Aktivierung und funktionelle Effekte induziert“, heißt es in der Studie. Die Forscher legen also nahe, dass der schädliche Effekt erst ab einer bestimmten Menge verspeisten Proteins eintritt.

Ihren ermittelten Schwellenwert überprüften die Wissenschaftler an Mäusen. Die Mäuse wurden dafür mit Protein mit hohem Leucingehalt gefüttert. Nach nur acht Wochen erkrankten sie an Arteriosklerose. So konnten sie bestätigen, dass die Aufnahme von Proteinen von mehr als 22 Prozent des Nahrungsenergiebedarfs bei männlichen Mäusen zu Arteriosklerose führt.

Leucin kommt vor allem in tierischem Eiweiß vor, also in Fleisch, Eiern und Milch. Wie stark und wann der Effekt bei der Einnahme von pflanzlichen Proteinen eintritt, ist somit noch unklar. Bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) rät man jedoch ohnehin von einer erhöhten Proteinzufuhr ab. Die DGE empfiehlt Erwachsenen unter 65 Jahren etwa 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht am Tag einzunehmen. Für ältere etwa 1 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht. Der Proteinbedarf dürfte also gänzlich ohne Nahrungsergänzungsmittel oder Shakes zu decken sein. Erwachsene Breitensportler, die vier bis fünf Mal je Woche 30 Minuten bei mittlerer Intensität trainieren, benötigen laut DGE ebenfalls keine zusätzliche Proteinmenge.