Hamburg. In den Praxen der Neurologen geben sie sich täglich die Türklinke in die Hand: Patienten, die seit Längerem an Schmerzen, Lähmungen oder Empfindungsstörungen an den Händen und in Armen und Beinen leiden und keine Ursache dafür kennen.

Ein Ultraschallgerät mit einem neu entwickelten Oberflächen-Schallkopf bietet jetzt Neurologen und Radiologen die Möglichkeit, zu einer präzisen Diagnose zu kommen und danach auch eine zielgerichtete, wirkungsvolle Therapie einzuleiten. Die Untersuchung ist bisher noch keine Kassenleistung und kostet je nach Fall zwischen 70 und 100 Euro. Es handelt sich bei den Beschwerden der Patienten fast immer um Schädigungen an peripheren Nerven. Diese sind vergleichbar mit einem Kabel, das Signale aus dem Gehirn und Rückenmark zu beispielsweise Muskeln, inneren Organen oder der Haut hin- und auch wieder zurückträgt.

Bei den Erkrankungen der Nerven handelt es sich unter anderem um Entzündungen, Verletzungen und Tumore, überwiegend aber um Nervenkompressionen, die sehr häufig an anatomischen Engstellen wie Handgelenk und Ellenbogen entstehen. Die Ärzte sprechen hier vom Karpaltunnel- und dem Kubiltaltunnelsyndrom. Bei einem interdisziplinären Neurokolloquium im Hamburger Hotel Sofitel sagte Dr. Henrich Kele (Seminarleiter für Nervensonografie der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin und Neurologe in der Praxis Neuer Wall), etwa 15 Prozent der Menschen erlitten im Laufe ihres Lebens ganz unterschiedliche Nervenschädigungen.

Mit den bisher üblichen Diagnostikverfahren konnten die Funktionen von Nerven und der Ort der Schädigung bestimmt werden. Das neue Ultraschallgerät ermöglicht jetzt die genaue sonografische Darstellung einer Schädigung, zum Beispiel die Quetschung oder Schwellung eines Nervs, und die genaue Ermittlung ihrer Ursache. Dr. Kele demonstrierte das an einer Vielzahl von Beispielen des Karpaltunnelsyndroms und betonte, man könne jetzt den gesamten Verlauf eines Nervs in Beinen oder Armen und die ihn umgebenden Gewebestrukturen darstellen. Zurzeit gibt es in Deutschland erst wenige Fachärzte, die mit dem neuen Gerät und der Auswertung der Ultraschallbilder vertraut sind, und deswegen wird es bisher auch erst in ein paar Praxen und Kliniken eingesetzt.

Die verbesserte Diagnostik führt dann auch mit der genaueren Kenntnis von Ursache und Ort der Nervenschädigung zu einer optimierten Therapie. Ein Hamburger Patient hatte über Schmerzen und Lähmungserscheinungen an der Hand geklagt. Bei drei Kernspin-Untersuchungen konnte keine genaue Ursache ermittelt werden. Mit Ultraschall wurde dann eine mit Flüssigkeit gefüllte Zyste in der Hohlhand gefunden.

Ein anderer Patient war schon zweimal erfolglos am Karpaltunnel operiert worden, und eine dritte Operation war angesetzt. Eine Sonografie stoppte den Eingriff und ergab: Der Patient litt an einer Nervenentzündung und hätte nicht operiert werden müssen.