Hamburg. Sie sind kaum zu bremsen und richten große Schäden an. Beim Pflanzen sollte unbedingt eine spezielle Folie eingearbeitet werden.

Der Gärtner neigt gern zur schwärmerischen Überhöhung seines Tuns – bis hin zu einer Art Metaphysik des Gartenwesens. Nach einem der Kernsätze der Philosophie ist Gärtnern etwa die Kunst, „sein Stück Erde zu etwas zu bringen, was es von allein nicht täte“.

Der Satz stammt von der Frankfurter Schriftstellerin Eva Demski, aus deren Büchlein „Gartengeschichten“ ich meiner armen Frau Anke solche Zitate gern laut vorlese. Eva Demski war übrigens Freundin und Nachbarin von Marcel Reich-Ranicki (1920–2013). Der wortgewaltige Literatur-Papst hielt, glaube ich, Dezenz für eine Schwäche.

„Schau mal“, sagte Anke neulich in unserem kleinen Mühlenpark im Wendland, „was die Natur ganz von allein macht.“ Der Rasen im vorderen Teil unseres Grundstücks, eigentlich eine Wiese, ist fast braun. Die Hitze, die Trockenheit. Das werde schon wieder, beruhigte ich meine Frau, ich würde sofort den Regner anstellen. „Nein“, sagte sie, „siehst du nicht überall die frischen Triebe?“ Lauter kleine Pappeln. Zehn, ach was, mindestens 20. Manche nur 15, manche schon 30 Zentimeter hoch – und das bis zu 15 Meter von den zwei großen Zitterpappeln entfernt.

Gehölze haben so etwas wie Todesangst

Ausläufer heißen im Gärtnerdeutsch solche durch Rasen und Beete wandernde Schösslinge. So vermehren sich auch unsere Zitter-Espen (Populus tremula). In diesem Jahr sogar besonders. Denn bei Dürre haben Gehölze wie die Pappel nicht nur Stress, sondern so etwas wie Todesangst. Dann setzt eine Art genetischer Schutzmechanismus ein, der dem Gehölz sein Überleben sichern soll. Wenn ich zum Beispiel die zehn Kugel-Akazien (Robinia pseudoacacia „Umbraculifera“), die bei uns eine Art Rondell bilden, alle fünf bis sechs Jahre radikal einkürzen muss, haben die auch Stress – und ich anschließend viele Ausläufer. Am besten einfach ausreißen. Wer sie abschneidet oder dem Rasenmäher überlässt, bekommt immer neue Schösslinge. Und die lassen sich dann nicht mehr so leicht entfernen.

Berüchtigt für ihre Ausläufer sind der Essigbaum (Rhus typhina), der Sanddorn (Hippophae rhamnoides), die Schlehe (Prunus spinosa), Himbeeren und Brombeeren. Unermüdliche breiten sich auch Wildrosen wie die Kartoffel- (Rosa rugosa) und die Essig-Rose (Rosa gallica) aus. Keine Rhizome bilden Schottische Zaunrose (Rosa rubiginosa) oder Hechtrose (Rosa glauca).

Eine Rhizomsperre hilft

Um solche Gehölze in Schach zu halten, hilft eine Rhizomsperre. Um das Pflanzloch gräbt man eine stabile Teichfolie mindesten 60 Zentimeter tief ein. Das hilft aber nicht gegen die Rhizome von Bambus und Flieder (Syringa vulgaris), deren Rhizome durch eine Teichfolie gleiten wie ein warmes Messer durch Butter. Beim Flieder gibt es mittlerweile Züchtungen, die keine Ausläufer bilden. Sogenannte veredelte Sorten, die auf einer anderen Unterlage gezüchtet wurden. Die Veredelungsstelle erkennt man an einer Verdickung. Die muss beim Pflanzen oberhalb der Erde bleiben, sonst treibt der Flieder trotzdem aus. Bei Rosen muss die Veredelungsstelle ebenfalls oberirdisch bleiben, um Wildtriebe zu vermeiden.

Extrem heimtückisch und ausbreitungsfreudig ist der Bambus. Außer Fargesia alle Arten und Sorten etwa von Phyllostachys, Pleioblastus, Sasa und Pseudosasa. Die sehen niedlich aus – ob als Geschenk beim Gartenfest oder im Gartencenter. Aparte Süßgräser im Topf, 30 bis 60 Zentimeter groß. Die ersten drei bis fünf Jahre entwickeln sie sich toll, werden je nach Art bis zu drei Meter hoch. Dann explodieren sie geradezu. Unterirdisch. Bis zu 15 Meter reichen die Ausläufer. Die Rhizome sind so dick, dass man sie mit dem Spaten nicht mehr durchtrennen kann. Ich habe von Fällen gelesen, in denen ein Bambus ein zentnerschweres Schachtrohr aus Beton einfach gesprengt hat.

Karl Günther Barth
Karl Günther Barth © HA | Klaus Bodig

Gegen den Ausbreitungsdrang helfen nur Rhizomsperren aus einem besonderen Stoff. HDPE heißt die Folie, wobei HD für High Density steht und PE für Polyethylen. Handelsüblich sind Breiten von 60, 70 und 100 Zentimetern. Eine Bambussperre sollte mindestens 60 Zentimeter tief um das Pflanzloch eingelassen werden. Am besten leicht schräg, damit die Rhizome nach oben abgeleitet werden, wenn sie auf die Sperre treffen. Oben sollte ein Rand von fünf bis zehn Zentimetern aus dem Pflanzloch ragen, damit man frische Ausläufer gleich erkennen und abschneiden kann. Der Durchmesser einer Rhizomsperre für einen Schwarzrohrbambus (Phyllostachys nigra), der sieben Meter hoch werden kann, sollte mindestens zwei Meter sein. Damit seine Wurzeln genügend Platz haben. Sonst sprengt er den Ring aus HDPE oder wächst so weit in die Tiefe, dass er dennoch ausbüxen kann.

Ein schönes Wochenende, herzlichst Ihr Karl Günther Barth