Die Palisaden-Wolfsmilch ist mit ihren gelbgrünen Blüten schon ab März ein Blickfang. Das Beste aber: Gärtner: Sie braucht kaum Wasser

Ich hatte eine heimliche Affäre. Deswegen war ich im vergangenen Jahr einige Male bei einer Gartenfreundin in einem Nachbardorf unseres kleinen Mühlenparks im Wendland. Nicht was man jetzt denken könnte. Nix Sexuelles. Mein Frau Anke weiß auch längst Bescheid. Ich habe ihr alles gestanden, als ich jetzt die Frühjahrsbestellungen mir ihr besprechen wollte.

Im Laufe eines Jahres, vor allem während der langen Wintermonate, entdecke ich in Gärten, Parks und Katalogen Dutzende von Sträuchern, Stauden oder Kleinbäumen, die ich unbedingt bei mir pflanzen möchte. Im Januar mache ich dann so was wie einen Kassensturz. Ich streiche die Liste meiner Begehrlichkeiten auf ein gutes halbes Dutzend zusammen. Vorher sage ich Anke nichts von meinen Plänen. Das würde sie nur unnötig beunruhigen. Sonst kommt von ihr gleich unweigerlich die Frage: „Und wo willst du das alles pflanzen?“

Sie hat natürlich so was von Recht. Nicht in jedem Jahr, aber immer mal wieder passiert es, dass ich zwei Wochen nach der Frühjahrslieferung noch immer letzte Container mit Stauden oder Gehölzen im Garten herumtrage. Geht’s vielleicht hier? Oder besser da? Einfach irgendwo geht auch nicht. Schließlich ist man stolz auf seinen Gartenplan. Also landet ein Rest als Geschenk bei Gartenfreunden. Meistens bei einer Nachbarin, deren Mann mir winters schon mal mit seinem Trecker die Schneewehen am Mühlenweg wegräumt, weil wir sonst festsitzen würden.

Trotzdem gibt es jedes Jahr eine Frühjahrsbestellung. Denn für die richtigen Pflanzen gibt es auch das richtige Plätzchen. Ein Garten wird halt niemals fertig, wie schon der legendäre Potsdamer Staudengärtner, Züchter und Fachautor Karl Foerster (1874–1970) einmal sinngemäß sagte. Das weiß Anke natürlich – auch wenn sie mich bei übereifrigen Bestellungen schon mal bremst. Einer muss ja die Kosten im Auge haben.

In meine Wunschkandidatin aus dem Garten der Freundin aus dem Nachbardorf hatte ich mich beim ersten Besuch verliebt – und Anke war mit meiner Wahl gleich einverstanden. Es geht um Euphorbia characias wulfeni. Wegen der Palisaden-Wolfsmilch hatte ich nämlich einige Male bei der Gartenfreundin vorbeigeschaut, ohne Anke den wahren Grund für die Besuche zu sagen. Die Freundin hatte an einem geschützten, sonnigen Platz auf einem Quadratmeter vier Exemplare der Riesen-Wolfsmilch gepflanzt. Schon von Mitte März an bis Ende Mai waren sie mit ihren gelbgrünen Blüten ein Blickfang. Als ich, wie zufällig, im Sommer vorbeischaute, schienen mir die Pflanzen erstaunlich standfest. Obwohl sie mit etwa 80 Zentimeter ziemlich hoch gewachsen waren. „Und“, fragte ich die Freundin, „brauchen die viel Wasser?“ Eigentlich gar nicht, war die Antwort. Typisch für die mediterrane Art, die Trockenheit verträgt und auch auf kargeren Böden wie etwa in einem Steingarten gut zurechtkommt.

In der Literatur gibt es dafür den schicken Fachbegriff Xerophyt. Darunter fasst man Pflanzen, die an extrem trockene Standorte angepasst sind und sogar regelmäßige Knappheit an Wasser aushalten. Solche Pflanzen kommen mir sehr entgegen. Ich gehe jetzt hart auf die 70 zu und finde das Schleppen von Gießkannen zunehmend lästig. Die schönen alten, etwas verbeulten Zinkkannen vom Trödel machen sich sehr malerisch neben dem Zapfhahn im Garten. Als Deko. Ich benutze neuerdings lieber ordinäre Plastikkannen aus dem Baumarkt. Die sind erheblich leichter. Nach dem Gebrauch stelle ich sie abends wieder in den Geräteschuppen. Wegen der Optik.

Die Palisaden-Wolfsmilch kommt bei uns zwischen Lavendel, Ziersalbei, Weinraute und Fetthennen (Sedum telephium „Herbstfeuer“) zu stehen, die ebenfalls mit Trockenheit gut klarkommen. In manchen Gartenkatalogen heißt es, dass die Riesen-Wolfsmilch bis zu 140 Zentimeter hoch wird. Bei meiner Gartenfreundin ist sie in zehn Jahren etwa 80 Zentimeter hoch geworden. Die meisten Anbieter reden von maximal einem Meter. Damit ist auf jeden Fall klar, dass Euphorbia characias wulfeni nicht unbedingt für schmale Beete geeignet ist. Die Zuchtform „Shorty“ wird nur etwa 40 Zentimeter, „Silver Swan“ mit den aparten weißrandigen Blättern etwa 50 Zentimeter groß.

Obwohl aus dem Mittelmeerraum stammend, ist die Palisaden-Wolfsmilch bei uns winterhart, erträgt Frost von bis zu minus 18 Grad. Wintergrün und schneckensicher ist sie übrigens auch. Wenn man die Blütentriebe nach dem Verblühen am Grund herausschneidet, sollte man vorsichtshalber Handschuhe tragen. Bei Menschen mit empfindlicher Haut können leicht Reizungen entstehen.

Bis zum nächsten Wochenende, herzlichst Ihr Karl Günther Barth