Staphylea pinnata wird eine potenzsteigernde Wirkung nachgesagt. Jedenfalls ist es rein ökologisch betrachtet eine gute Tat, sie zu pflanzen

„Was willst du pflanzen?“, fragte meine Frau Anke, „ eine Pimpernuss? In unserem Mühlenpark?“ Ich tat, als verstünde ich nicht, warum sie dabei leicht vor sich hin gluckste, und antwortete, betont ernsthaft: „Ja, und? Das ist ein heimisches Gehölz und vom Aussterben bedroht. Rein ökomäßig ist das sogar eine gute Tat.“ Staphylea pinnata, so der lateinische Name der Pflanze, ist zwar hauptsächlich in Südosteuropa beheimatet. Bei uns gibt es sie vornehmlich im Süddeutschen, weil Eiszeiten und frühere Klimawandel sie im Norden verdrängten. Aber in Baumschulen wird sie vor allem zur Begrünung von Straßenrändern nachgezogen, weil der Strauch sehr robust und winterhart ist.

„Pimpern“ hatte übrigens nicht immer den Wortsinn, den es heute umgangssprachlich hat. Es kommt aus dem Althochdeutschen und heißt so viel wie „klappern“. Den Namen hat das Gehölz nämlich von seinen Früchten. Es handelt sich um eine grünliche Kapselfrucht mit einer Art Samennuss im Innern. Wenn der Wind die Äste bewegt, „klappern“ die – oder „pimpern“, wie unsere Altvorderen vor mehr als 1000 Jahren sagten. Deswegen heißt die Pimpernuss auch noch Klappernuss.

Die Gemeine Pimpernuss ist ein sommergrüner Strauch, der bis zu drei Meter groß wird, als Kleinbaum sogar bis zu fünf Meter. Er liebt Sonne und einen kalk- und nährstoffreichen Boden. Seine Blüten kommen meist erst spät im Mai und erinnern mit ihren herunterhängenden Rispen an Weinreben. Beim antiken Geschichtsschreiber Plinius hieß der Strauch deshalb auch Staphylodendron, wobei staphyle für Weintrauben und dendron für Baum steht.

Die Nüsschen schmecken wie Pistazien. Man kann sie kandieren oder rösten – oder Likör daraus machen, der im Bayerischen Wald produziert wird. Beliebt ist der nicht nur, weil er gut schmeckt. Der Pimpernuss wird eine aphrodisierende Wirkung nachgesagt. Schon Steinzeitmenschen sollen ihren Toten Pimpernüsschen ins Grab mitgegeben haben, damit sie es sich im Totenreich gut gehen lassen konnten. Griechen und Römer sollen die Wirkung so sehr geschätzt haben, dass der Strauch schon mal fast ausgestorben war.

Liebe und Tod gehören wohl so sehr zusammen, dass die Kelten auf den Gräbern Pimpernuss-Sträucher pflanzten. Nonnen in der Steiermark schnitten sich der Sage nach im Mittelalter die Nasen ab, wenn feindliche Heere sich den Klöstern näherten. Sie wollten so hässlich wie möglich aussehen, um nicht geschändet zu werden. Die abgeschnittenen Nasen vergruben sie, angeblich erwuchsen daraus wieder Pimpernuss-Sträucher.

Es waren vor allem die Männer, die zu allen Zeiten und in allen Kulturen ihr Glück bei angeblich potenzsteigernden Mittelchen suchten. Wenn Göttervater Zeus Helden oder Halbgötter zeugte, soll ein Liebeslager aus Safranblüten seine Lenden beflügelt und seine Gespielinnen zu höchster Leidenschaft getrieben haben. Roms Marc Aurel, der sich selber gerne als Dichter- und Philosophen-Kaiser sah und von seinen Untertanen als Gott verehrt werden musste, badete angeblich in Safran. Weil Imperatoren in der Liebe nicht automatisch auch göttergleich waren?

Man weiß es nicht. Der berühmte Casanova aß angeblich täglich 50 Austern, um im Bett seinem Ruf gerecht zu werden. Mich wundert dabei nur, woher der Venezianer auf seinen amourösen Reisen durch halb Europa immer frische Schalentiere bezog und nicht frühzeitig an einem Eiweißschock starb. Man sagte auch gern der Form eine Funktion nach, weshalb der Spargel bis heute den unausrottbaren Ruf hat, die Potenz zu fördern. Bewiesen ist dabei lediglich, dass Spargel eine stark harntreibende Funktion hat – bei ihm und ihr. Ob das der Liebe förderlich ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Knoblauch, der auch mal als Aphrodisiakum galt, halte ich eher für einen Liebestöter. Im Gegensatz dazu suchte Jean-Baptiste Grenouille im Roman „Das Parfum“ den Duftstoff, der unwiderstehlich machte.

Wissenschaftlich bewiesen lediglich ist die Tatsache, dass ein gesunder Körper ordentlichem Sex nicht im Wege steht. Da gilt das Gleiche wie für den Geist: Mens sana in corpore sano.

Gesund leben, sich gesund ernähren. Erdbeeren und Himbeeren galten auch mal als heißer Tipp gegen schwindende Manneskraft – wegen der Spuren von Testosteron. An die Wirkung muss man glauben. Wie die Franzosen an ein geschlagenes Ei mit einem Schuss Rotwein als eine Art natürliches Viagra. Ob es wirkt? Mein Großvater rührte sich wintertags jeden Morgen ein Ei oder zwei mit Rotwein, zur Vorbeugung gegen Grippe und Erkältungen. Er gab mir manchmal einen Schluck ab. Bis meine Großmutter ihn zur Seite nahm: „Lass das, der Junge geht sonst noch über Hecken und Zäune.“ Ich wusste damals nicht, was sie meinte.

Bis zum nächsten Wochenende, herzlichst Ihr Karl Günther Barth

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