Aber auch Spitzenprodukte brauchen Pflege, zum Beispiel mit dem guten alten „Ballistol“. Einen neuen Schliff sollte man besser dem Fachmann überlassen.

Mein Großvater Ferdinand war ein sparsamer Mann. Er drehte jeden Pfennig dreimal um, bevor er ihn ausgab. „Alles Ware nach Geld“ gehörte aber auch zu den Lebensweisheiten, die er mir mit auf den Weg gegeben hat. Qualität hat danach ihren Preis. Das galt, zum Beispiel, für den Wintermantel, für den er gerne mal etwas mehr bezahlte, wenn er dann auch zehn Jahre hielt. Mindestens. Oder für gute Schuhe, die er selber putzte und polierte. Es hat ein bisschen gedauert, bis ich das auch begriffen habe. Es fing mit dem Schuhwerk an und ging weiter mit den Werkzeugen, als mein zweites Leben als Hobbygärtner in unserem kleinen Mühlenpark im Wendland vor gut zehn Jahren begann.

Natürlich bin als Erstes in den Baumarkt gefahren und habe die Billigangebote abgeräumt. Schläuche, die verdrehten; Spaten, die brachen; Scheren, die sich verbogen. „Das gibt Lehrgeld“, hätte der alte Ferdinand gesagt. Und so war es auch – und ich zunächst ratlos. Es gibt Scheren für ein paar Euro beim Discounter, für Links- und Rechtshänder, für große und kleine Hände, mit Rollgriff oder elektrischem Antrieb. Jochen Hoyer von der Baumschule gleichen Namens in Dahlenburg sagte spontan: „ Sie muss gut in der Hand liegen und kostet mindestens 30 bis 40 Euro.“ Seine Mitarbeiter, egal ob Lehrling oder Geselle, haben alle eine Felco. Das ist ein Schweizer Fabrikat und wie sein deutsches Pendant von Löwe sozusagen ein Klassiker – und die landen wie die Spitzenprodukte von Gardena oder Wolf auch auf den Spitzenplätzen bei den Tests sogar der Stiftung Warentest. Sie sind sozusagen der Mercedes unter den Gartenscheren.

Aber wie das so ist: Auch die S-Klasse läuft nur so lange und so gut, wie Sie diese pfleglich behandeln und regelmäßig zur Inspektion geben. Für die Gartenschere bedeutet das: Im Sommer reicht gelegentliches Säubern, Rückstände von Pflanzen und deren Säften sollte man nach dem Gebrauch abwischen. Meist reicht ein feuchtes Tuch, bei starkem Einsatz leichtes Einölen. Im Winter ist schon mehr nötig. Fast alle Scheren lassen sich leicht auseinandernehmen, die einzelnen Teile dann am besten mit einem weichen Eisenpinsel säubern und dann mit Ballistol einsprühen. Das ist ein wahres Zaubermittel, mit dem schon die deutschen Soldaten im Ersten Weltkrieg ihre Karabiner säuberten und pflegten. Heute dient es friedlicheren Zwecken und fehlt zum Beispiel in keiner Werkstatt eines Bauern – zum Säubern, Entrosten und Konservieren von Metallen und Geräten fast jeder Art. Es hat einen so guten Ruf, dass manche Bauersfrau sich damit sogar die Beine einreibt als Wundermittel gegen Krampfadern.

Jetzt im Winter ist natürlich auch die beste Zeit, um die Gartenschere wieder richtig scharf zu schleifen. Ich habe das jahrelang selber versucht, verschiedene Schleifsteine und Methoden ausprobiert. Das Ergebnis war ziemlich mäßig. Ich habe Gebrauchsanleitungen noch und nöcher studiert. Ich bekam die richtige Schärfe einfach nicht hin, um Äste sauber abzuschneiden, statt sie abzuquetschen. Meine Frau Anke versuchte, feinfühlig, wie sie nun mal ist, mich zu trösten. Aber wahrscheinlich dachte sie sich: Der arme Mann hat zwar einen grünen Daumen, aber vielleicht doch zwei linke Hände, jedenfalls was das Schärfen von Messern und Scheren abgeht. Früher gab es ja wenigstens Scherenschleifer, die noch von Tür zu Tür zogen. Und heute? Gute Gartenbaubetriebe bieten den Service an, auch manche Baumärkte.

Ich bringe heute jeden Winter meine Sachen zu einem über 50 Jahre alten Fachbetrieb für Gartengeräte in Hamburg-Lurup. Thomas Giebel, der das Geschäft führt, verdanke ich manch guten Rat in Sachen Gartengeräten. Sein wichtigster Tipp aber war der mit seinem Vater Willi, mittlerweile 81 Jahre alt. „Vater schleift eigentlich alles, dem macht das noch richtig Spaß.“ Willi Giebel hat nicht nur meine Gartenschere und ihre große Schwester, eine Astschere, wieder hingekriegt. Von ihm habe ich auch endlich gelernt, meine Küchengeräte so zu schärfen, dass ich mit dem großen Küchenmesser eine Papierserviette ohne großen Druck durchtrennen kann. Und ich werde mit der Gartenschere nie wieder einen Draht durchschneiden. Das hatte er auch gleich erkannt.

Bis zum nächsten Wochenende, herzlichst

Ihr Karl Günther Barth

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