Bundeswehr und Bahn gehen eine enge Kooperation ein: Ausscheidende Soldaten sollen leichter zur DB wechseln können. Die lindert so ihren Personalmangel, und die Bundeswehr bringt ihre Abgänger unter.

Die Deutsche Bahn und die Bundeswehr haben zwei ziemlich unterschiedliche Probleme – und dennoch führen sie Streitkräfte und Schienenkonzern nun zusammen.

Die Bahn leidet unter Fachkräftemangel, die Bundeswehr hat dagegen oft Schwierigkeiten, Zeitsoldaten ihrer Ausbildung gemäß nach absolvierter Dienstzeit auf dem freien Arbeitsmarkt unterzubringen. Die Lösung lautet nun: Bahn und Bundeswehr arbeiten bei der Personalgewinnung eng zusammen.

Eine entsprechende Kooperationsvereinbarung wurde nach Informationen der „Welt“ am Mittwoch unterzeichnet. Soldatinnen und Soldaten sollen „nach Ausscheiden aus der Bundeswehr eine berufliche Perspektive bei der DB bekommen“, heißt es darin.

Die ausgeschiedenen Angehörigen der Streitkräfte sollen laut Vereinbarung „auf die Lebensphase nach dem aktiven Dienst vorbereitet werden“, indem „für alle Laufbahngruppen der Soldatinnen und Soldaten konkrete Angebote gemacht und Optionen für die weitere berufliche Entwicklung bei der Bahn“ eröffnet werden.

Vom Fallschirmjäger zum Zugbegleiter

Vom Panzerkommandanten zum Lokführer also oder vom Fallschirmjäger zum Zugbegleiter. Das mag in diesen Fällen kurios wirken, doch es darf nicht vergessen werden, dass Armee und Schienenkonzern in vielen Bereichen Fachkräfte aus ähnlichen Bereichen beschäftigen, zum Beispiel bei IT, der Fahrzeugwartung oder dem Transportwesen.

Um Bundeswehrsoldaten besser bei der Bahn unterzubringen, sollen der Berufsförderungsdienst der Bundeswehr (BFD) und die DB-Personalorganisation eng zusammenarbeiten. Die DB wird unter anderem auf relevanten BFD-Messen vertreten sein. Zusätzlich soll es Informationsveranstaltungen für Soldatinnen und Soldaten und BFD-Berater geben, auf denen sich die Deutsche Bahn als Arbeitgeber präsentiert. Interessierte sollen zudem auch die Möglichkeit bekommen, Praktika im Konzern zu absolvieren.

Die Bahn benennt ihre Ziele der Zusammenarbeit ganz offen: Man wolle damit „in Zeiten erhöhten Fachkräftebedarfs offene Stellen noch besser besetzen“, heißt es. In einigen, aber ganz entscheidenden Bereichen ist die Bahn deutlich unterbesetzt – man denke unter anderem an das Debakel mit fehlenden Mitarbeitern in den Stellwerken.

Brisanter Nachwuchsmangel

Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) hat sich der Fachkräftemangel in Deutschland dieses Jahr besonders bei Berufen verschärft, die für die Bahn besonders wichtig sind. Demnach fehlen vor allem Ingenieure und IT-Experten, aber erstmals tauchen in der Mangelliste auch technische Berufe ohne Universitätsabschluss auf, darunter Lokomotivführer.

Insgesamt ist der Nachwuchsmangel in Deutschland in drei Kategorien besonders brisant: „Fahrzeugführung im Eisenbahnverkehr“, „Servicekräfte im Personenverkehr“ sowie „Technischer Betrieb im Eisenbahnwesen, Luft- und Schiffsverkehr“. Für die Bahn war es höchste Zeit, mit weiteren Maßnahmen zu reagieren. Das Durchschnittsalter im Konzern liegt inzwischen weit jenseits der Mitte 40.

Eine Kooperation von Bundeswehr und Bahn gab es bereits in einigen Bundesländern, mit dieser Vereinbarung wird sie bundesweit ausgerollt. Die Bundeswehr wirbt ebenfalls verstärkt um Nachwuchs. Zwar schrumpft im Zuge der Bundeswehrreform die Gesamtzahl der Angehörigen in den deutschen Streitkräften absolut, doch das Problem, gut qualifiziertes Personal zu finden, belastet auch die Bundeswehr.

Wechsel ins Zivilleben ist große Herausforderung

Die Tatsache, dass es gerade längerdienenden Zeitsoldaten nicht immer leicht fällt, nach ihrer Dienstzeit in die freie Wirtschaft zu wechseln, macht den Job bei Heer, Marine und Luftwaffe nicht gerade attraktiver. Der Wechsel ins Zivilleben ist eine große Herausforderung für viele Zeitsoldaten, obwohl Offiziere neben ihrer spezifischen Ausbildung für die Armee zeitgleich ein Studium an den Universitäten der Bundeswehr absolvieren – mit Fachrichtungen, die auch auf eine zivile Karriere abzielen.

Die Hochschulen der Bundeswehr haben einen guten Ruf, dennoch sehen nicht alle Arbeitgeber eine Laufbahn bei der Bundeswehr als Empfehlung für eine Position in der freien Wirtschaft.

Aus der Bundeswehr scheiden jährlich bis zu 15.000 qualifizierte und motivierte Personen aus. Die DB stellt bis 2020 pro Jahr bis zu 8000 neue Mitarbeiter ein.

Beide Arbeitgeber suchen Mitarbeiter für bundesweite Standorte und vielfältige Berufsfelder: Mannschaftssoldat, Offizier, Techniker oder IT-Spezialisten sind beispielsweise bei der DB in der Disposition, für den Quereinstieg als Fahrdienstleiter oder Triebfahrzeugführer, als Busfahrer sowie im Ingenieurs- oder IT-Bereich gefragt.

Und irgendwie liegt die Kooperation von Bundeswehr und Bahn ja auch nahe: In beiden Fällen spielt der Bund eine entscheidende Rolle: Bei Armee und DB-Konzern müssen Mitarbeiter im Schichtdienst mit großer Verantwortung für Menschen arbeiten. Dass es bei der Bahn allerdings noch einen Rest behördlicher Strukturen wie zu Zeiten der Bundesbahn gibt und damit eine mentale Nähe zur Bundeswehr, bestreitet man im DB-Konzern vehement.