John Neumeier modernisiert im Ballett “Orpheus“ den Mythos um den Musiker

Wundervolle Gabe und schwere Bürde: Zu Beginn von John Neumeiers "Orpheus" empfängt der mythische Musiker sein Talent aus den Händen des Vaters. Der Gott Apollo überreicht ihm aber statt der Lyra eine Violine. Das Instrument macht der Choreograf zum "eigenständigen Partner" in den Duetten zwischen Apollo, Hermes, Orpheus und Eurydike. Hélène Bouchet als fragile, lyrische Liebende verkörpert in ätherischer Schwerelosigkeit auch die Seele der Geige und den Geist der Musik.

Neumeier, inspiriert durch Jean Anouilhs Drama "Eurydike", in dem Orpheus ein Straßengeiger ist, gibt so dem Liebesdrama einen modernen, heutigen Dreh - auch musikalisch. Neben Strawinskys "Apollon Musagète" und "Orpheus" verwendet er Tracks aus dem experimentellen Album "Orpheus: The Lowdown" von Andy Partridge - Sänger der Band XTC - und Peter Blegvard, Gitarrist der Avantgarde-Pop-Gruppe Slapp Happy.

Virtuose Brillanz bringt das dritte musikalische Element in Neumeiers Inszenierung, für die Ferdinand Wögerbauers ästhetisch-kühle, mobile Bühnenräume mit Schleiern und Nebelschwaden, suggestiven Licht- und Spiegeleffekten entworfen hat. Daniel Garlitsky spielt als musizierendes Alter Ego von Orpheus zwei Stücke aus den "Rosenkranz"-Sonaten des Barockgeigers und Salzburger Hofkomponisten Heinrich Ignaz Franz Biber. Die "Passacaglia" gestaltet Otto Bubenícek zu einem expressiven Höhepunkt, tanzt eindringlich und fesselnd den Musiker im Konflikt zwischen Emotion und seiner künstlerischen Sendung.

Orpheus 18., 31.5., 4., 12. u. 30.6., jeweils 19.30 Uhr, Staatsoper. Karten unter T. 35 68 68