Hamburg bietet als Gründermetropole Interessierten erstklassige Voraussetzungen, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Auch an guten Beratungsmöglichkeiten mangelt es der Hansestadt nicht.

Lange bevor Isabelle Guillot-Vignot ihr Café Le BeauVoisin in der Ulmenstraße öffnet, steht sie in der Küche: Gemüse putzen und schälen, Suppe kochen oder den Teig für Quiche und Tarte zubereiten. Wo früher ein Weinladen war, eröffnete sie ein französisches Café.

Isabelle Guillot-Vignot ist eine der vielen Gründer in Hamburg. Für die studierte Betriebswirtschaftlerin war der Jobverlust bei einem Konsumgüterhersteller Anlass, sich neu zu orientieren. „Mit dem Café konnte ich mein eigenes Konzept umsetzen.“

Hamburg ist nach Berlin die Stadt mit den meisten Gründern, gemessen an der Bevölkerung. Viele versuchen es mit einer Geschäftsidee – auch im Zweitjob und behalten zunächst ihre Angestelltenposition. So wie die beiden Hamburgerinnen Maike Günther und Melanie Manegold mit ihrer Nähmanufaktur, in der Accessoires für Kinder und Eltern geschneidert werden. Im Jahr 2013 stieg die Zahl dieser sogenannten Nebenerwerbsgründungen bundesweit um rund 22 Prozent, während die Vollerwerbsgründer seit 2010 immer weniger werden, wie aus dem jährlichen KfW-Gründungsmonitor hervorgeht.

Hamburg macht keine Ausnahme. Im ersten Halbjahr ist die Zahl der Unternehmenszugänge im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 4,9 Prozent gesunken. In kaum einem anderen Land der Welt ist das Gründungsinteresse so gering wie in Deutschland. Nur jeder vierte Bundesbürger spielt mit dem Gedanken, sich selbstständig zu machen, ergab eine Umfrage des Marktforschungsunternehmens GfK. In den USA oder den Niederlanden liegt dieser Anteil bei rund 40 Prozent. Ein Grund für die deutsche Gründer-Abstinenz ist der gute Arbeitsmarkt, denn qualifizierte Fachkräfte finden in abhängiger Beschäftigung gute Perspektiven. „Das war in den 1990er-Jahren noch ganz anders, als wir in der Spitze bis zu 1000 Stellungnahmen pro Jahr für Existenzgründer aus der Arbeitslosigkeit für die Arbeitsagentur abgegeben haben“, sagt Hans-Jörg Schmidt-Trenz, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer.

Dabei sind die Bedingungen in Hamburg für den Schritt in die Selbstständigkeit besonders günstig. In der Stadt des Handels sind Dienstleistungen gefragt, und sie machen auch fast die Hälfte aller Unternehmenszugänge aus. Firmen aus dieser Branche haben aber meist einen geringeren Kapitalbedarf und erleichtern so die Gründung.

In Hamburg gibt es ein dichtes Netzwerk, das Existenzgründer unterstützt. Schon seit 1978 bietet die Handelskammer einen besonderen Service für Gründungen an. Die Kammer ist außerdem an der Bürgschaftsgemeinschaft Hamburg beteiligt, die zu etwa 40 Prozent Gründungsfinanzierungen verbürgt. Ein Gründungszentrum in der Handelskammer bietet eine Erstberatung. Kooperationspartner können hier ihre Franchisekonzepte vorstellen, oder es gibt spezielle Beratungen für Gründungen von Migranten.

Einen besonderen Service bietet die Gründungswerkstatt Hamburg, die auch von der Handelskammer getragen wird. Das Online-Portal bietet die Möglichkeit, in einen persönlichen Dialog mit einem Tutor zu treten und so kostenlos einen Business- und Finanzierungsplan für die eigene Geschäftsidee zu entwickeln. Im ersten Halbjahr 2014 verzeichnete das Portal 750 neue Nutzer. „Zwei Drittel aller neuen Nutzer planen eine Selbstständigkeit in den Bereichen Handel, Dienstleistungen sowie Kommunikation und Kreativwirtschaft“, sagt Schmidt-Trenz.

Nachholbedarf hat Hamburg bei Gründungen im Hightech-Sektor, wo die Zahl der Gewerbeanmeldungen seit 2011 rückläufig ist. Doch die Erfahrungen aus dem KfW-Gründungspanel zeigen, das diese Firmen besonders beschäftigungsstark, innovativ und investitionsfreudig sind. Jeder Hightech-Gründer nimmt 59.000 Euro in die Hand, 30.000 Euro mehr als der Durchschnitt aller Neu-Selbstständigen. Auch die Beschäftigtenzahl ist beim Start mit 3,3 Vollzeitstellen um 30 Prozent höher.

Einen Impuls für mehr technologieorientierte Firmen können die von der Handelskammer angeregten sechs Technologieparks an wichtigen Ankerinstitutionen der Stadt sein, von denen drei konkret umgesetzt werden. Die Planungen des Technologieparks rund um das Forschungszentrum Desy in Bahrenfeld sind am weitesten fortgeschritten. Mit Harburg und Bergedorf zeichnen sich zwei weitere Standorte ab. In Bahrenfeld soll ein Technologiezentrum für junge Unternehmen entstehen. „Mit den Technologieparks kann Hamburg als Standort für Hochtechnologie und als Gründerhochburg für forschungsintensive Unternehmen zu den erfolgreichen Regionen in Süddeutschland aufschließen“, sagt Kammer-Geschäftsführer Ulrich Brehmer.