Eine Ausstellung über den Maler Hanno Edelmann im Haus Flachsland eröffnet mit einem Chorkonzert

„Hätte mein Mann meinen jüdischen Mädchennamen nicht mit seinem lustigen Familiennamen getilgt – ich wäre wohl umgekommen.“ Noch 1991, vor der Uraufführung ihres Mysterienspiels „Ecce Homo – die letzten Tage des Jesus von Galiläa“, erinnerte sich Felicitas Kukuck in ihrem Blankeneser Fischerhäuschen der Ängste, die sie zur Nazizeit ausstand. Der Vater, Mitbegründer der Medizinischen Fakultät an der Universität Hamburg, emigrierte mit seiner „arischen“ Frau nach England. Doch die Tochter wollte „das Land Johann Sebastian Bachs“ nicht verlassen. Zum Lohn traf die „Halbjüdin“, die in Berlin bei Paul Hindemith Komposition studiert hatte, ein Berufsverbot.

„Ein tonales System, das nicht fürden mehrstimmigen A-cappella-Gesang brauchbar ist, muss früher oder später an Anämie sterben“, prophezeite Hindemith 1952. Weil sie seiner Tonsatzlehre treu blieb, galt Kukuck den von Adorno bespöttelten Anhängern sing- und spielbarer Haus-, Schul- und Kirchenmusik in den Nachkriegsjahren als Verbündete. Inzwischen geriet ihr vorwiegend wortgebundenes Schaffen in Vergessenheit. Dass der Chor des Hamburger Konservatoriums, den Michael Petermann und Almut Stümke paritätisch leiten, ihren 100. Geburtstag zum Anlass nimmt, ihre „Stormlieder“ aufzuführen, kommt einer Rehabilitation gleich.

Da Hamburgs Kultursenatorin Barbara Kisseler schon länger darauf sann, das künstlerische Lebenswerk des 2013 im Alter von 89 Jahren gestorbenen Malers, Grafikers und Bildhauers Hanno Edelmann in würdigem Rahmen auszustellen, kam ihr die glückliche Idee, die neue Dependance des Hamburger Konservatoriums – das restaurierte Haus Flachsland in Barmbek, vormals Haus der Jugend samt Puppentheater – zugleich als Schau- und Hörbühne zu nutzen. Traditionell den Schwesterkünsten zugeneigt, wird das Konservatorium die Vernissage am 21. September mit zwei A-cappella-Zyklen bereichern: den „Stormliedern“ von Felicitas Kukuck und den „Six Chansons“ ihres Lehrers Paul Hindemith.

Schließlich hat Hanno Edelmann, der sich das gegenständliche Darstellen so wenig austreiben ließ wie Hindemith das (erweitert) tonale Komponieren, auch selber musiziert. Zudem malte, zeichnete, radierte, stichelte, hämmerte und schweißte er auf eine Weise, die es nahlegt, vom Klang seiner Bilder, Plastiken und Kirchenfenster zu sprechen: Leitmotiv der Ausstellung.

Dabei spinnt die Eröffnungs-Matinee noch weitere Beziehungsfäden. Dass der lyrische Tonfall Theodor Storms die Hamburger Komponistin und den Hamburger Maler gleichermaßen berührte, lässt sich denken. Bemerkenswert ist aber auch die künstlerische Wahlverwandtschaft zwischen Rainer Maria Rilke und Paul Hindemith, die sich in dessen Vokalzyklen „Das Marienleben“ und „Six Chansons“ offenbart.

Auf dem Fluchtweg von Nazideutschland nach Amerika vertonte Hindemith 1939 im schweizerischen Kanton Wallis, an der deutsch-französischen Sprachgrenze, sechs der späten Gedichte, die der todkranke Dichter fünfzehn Jahre zuvor ebendort seiner „Schwestersprache“ geweiht hatte. Jahrzehntelang Repertoirestücke in Singkreisen, Schul- und Hochschulchören, harren die sechs A-cappella-Sätze nunmehr der Wiederentdeckung.

Ausstellungseröffnung Hanno Edelmann 21.9., 11.00, Haus Flachsland. Eintritt frei