Die Nachfrage nach ökologisch produzierten Lebensmitteln wächst. Nora erklärt, was es mit den Siegeln auf sich hat. Trotz aller Skandale wächst die Nachfrage nach Bioprodukten in Europa und in Deutschland.

Bioartikel liegen in den Supermärkten in besonders gekennzeichneten Regalen oder werden in Bioläden und Biomärkten verkauft. Ich habe den Eindruck, dass die Mehrheit der Gesellschaft Biowaren als überflüssigen Luxus ohne erkennbaren Mehrwert betrachtet.

Den sogenannten Biosiegeln wollen viele Verbraucher nicht vertrauen. Immer wieder erfahren wir durch die Medien von Skandalen um falsch deklarierte Bioeier, von verseuchtem Futtermittel. Das nährt das Misstrauen gegen Biowaren in der Bevölkerung.

Trotz aller Skandale wächst die Nachfrage nach Bioprodukten in Europa und in Deutschland. Der Umsatz von Biolebensmitteln ist in den Jahren 2006 bis 2012 um 30 Prozent gestiegen. Über sieben Milliarden Euro im Jahr werden inzwischen für Ökoprodukte ausgegeben, jeder Deutsche lässt im Schnitt 73,60 Euro für Bioprodukte an der Kasse.

Aber ist „bio“ gleich „bio“? Unterschiedlich strenge Richtlinien für Bioartikel wirken strukturlos. Deutsche Familienunternehmen haben sich ihre eigenen Marken und die verschiedenen Biosiegel oft selbst erarbeitet. Im Supermarkt findet man in der Regel das weitläufig etablierte sechseckige Biosiegel mit dem schwarzen Bioaufdruck und der grünen rautenförmigen Umrandung. Die Vergabe erfolgt nach strengen Kriterien. Mindestens 95 Prozent der landwirtschaftlich erzeugten Inhaltsstoffe müssen aus ökologisch und biologisch kontrollierter Produktion stammen, das Produkt muss direkt vom Erzeuger oder Verarbeiter verpackt und versiegelt werden. Die Verwendung von gentechnisch veränderten Zutaten ist bei Biowaren verboten.

Die nächstfolgende Stufe ist das Bioland-Siegel. Die Wirtschaftsweise der Bioland-Betriebe basiert auf einer Kreislaufwirtschaft – ohne synthetische Pestizide und chemisch-synthetische Stickstoffdünger und einer artgerechten Tierhaltung sowie einer schonenden Verarbeitung. Dies ermöglicht eine umweltverträgliche und nachhaltige Lebensmittelerzeugung.

Die Marke Demeter garantiert dem Verbraucher biologische Qualität

Das am strengsten reglementierte Siegel ist das Demeter-Siegel, das für eine biologisch-dynamische Wirtschaftsweise bürgt. Durch selbst hergestellte, feinstofflich wirkende Präparate aus Mist, Heilpflanzen und Mineralien wird die Bodenfruchtbarkeit in der biologisch-dynamischen Landwirtschaft nachhaltig gefördert und das charakteristische Aroma der Lebensmittel voll entwickelt. Die internationale Biomarke Demeter garantiert dem Verbraucher mit ihrer Strategie biologisch-dynamische Qualität und bürgt für sorgfältige Verarbeitung. Zahlreiche weitere Siegel für die Auszeichnung eines „fairen Handels“ verbinden sich meist mit dem Biosiegel. Fairer Handel stellt sicher, dass die Erzeuger für die gehandelten Produkte mindestens einen festgelegten Mindestpreis ausgezahlt bekommen, welcher die Höhe des Weltmarktpreises bestimmt. Außerdem werden langfristige Partnerschaften zwischen Händlern und Erzeugern angestrebt: ein kontrollierter Handel, der internationale sowie intern vorgeschriebene Umwelt- und Sozialstandards einhalten muss. Doch viele private Biozertifikate und Ökosiegel erleichtern es dem Verbraucher nicht gerade, echte Bioprodukte von vermeintlichen zu unterscheiden.

Verbraucher sollten Zusammenhänge erfragen, bevor sie Billiges kaufen

Deshalb müssen seit dem 1. Juli 2012 alle vorverpackten Biolebensmittel mit dem neuen EU-Bio-Blatt gekennzeichnet sein. Es steht für dieselbe Qualität wie das Biosiegel. Gekennzeichnet werden damit nur Produkte, die die EU-Verordnung für biologische Landwirtschaft einhalten. Noch nicht lange auf dem Markt ist das Siegel, neben dem neuen „Ohne Gentechnik“-Siegel, das einzige staatlich geprüfte Qualitätssiegel.

Bioware ist nicht unbedingt gesünder, sondern vor allem naturbelassen. Ihre Inhaltsstoffe orientieren sich an der Vollwerternährung: vielerlei Vollkornprodukte, überwiegend regionale und saisonale Lebensmittel, weniger Verarbeitungsprozesse. Warum viele Produkte, denen Zusätze zugefügt wurden oder die mehrere Arbeitsschritte benötigen, billiger sind, als naturbelassene Produkte, ist unverständlich.

Will man aber sicherstellen, dass die Umwelt geschont wird, Krankheiten nichts mit dem Essen zu tun haben, das man gegessen hat, und will man kein schlechtes Gewissen haben, sollte man Zusammenhänge hinterfragen und keine neue Sachen kaufen, die durch Kinderarbeit, unter mangelhaften Sicherheitsbedingungen für die Arbeiter oder unter grausamer Missachtung von Tierschutz produziert wurden. Ein Bewusstsein zu dem, was Waren kosten, kann man erst entwickeln, wenn man sich mit der Produktion auseinandersetzt und sieht, wie viel allein das Rohmaterial kostet, bevor ein Gewinn erwirtschaftet wird. Viele Menschen jedoch wollen in erster Linie sparen.

Bewusst lebende Menschen verfügen meist über eine gute Bildung, können sich einen besseren Lebensstandard leisten und informieren sich eher über Produktionsprozesse. Wissen ist ihnen ein Bedürfnis – sie gelten als Idealisten. Scheinbare Realisten sparen aus meiner Sicht an völlig falscher Stelle. Beim Kauf von Gütern des täglichen Bedarfs werden Gesundheit, Qualität, Geschmack und Herkunft zugunsten anderer Bedürfnisse vernachlässigt: Zigaretten, Deko-Artikel und elektronische Geräte sind Beispiele.