Hilfe bei Makuladegeneration. Die schwere Sehbehinderung betrifft vor allem Menschen über 50

"Das allererste Symptom ist meistens, dass die Patienten mehr Licht zum Lesen brauchen", beschreibt der Augenspezialist Professor Gisbert Richard die Anzeichen der altersabhängigen Makuladegeneration (AMD, siehe Glossar). "Später fehlen bei der trockenen Form der AMD beim Lesen einzelne Buchstaben von Wörtern", sagt der geschäftsführende Direktor der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Richard nennt ein Beispiel: Vom Begriff 'Augenheilkunde' erkennen die Patienten zum Beispiel dann nur drei Buchstaben. "Welche Buchstaben das sind, hängt davon ab, welche Sinneszellen im Zentrum der Netzhaut zugrunde gegangen sind."

Bei der feuchten AMD wiederum erscheint das Bild in der Mitte des Sehfeldes für die Patienten eher verzerrt oder verschwommen. "Alles sieht etwas krumm und schief aus", sagt Richard. Solche Symptome könnten sich innerhalb von Tagen bis Wochen entwickeln und seien ein Grund, sofort zum Augenarzt zu gehen.

Die altersabhängige Makuladegeneration ist in Industrieländern die häufigste Ursache für eine schwere Sehbehinderung bei Menschen über 50 Jahren. Wie viele Menschen betroffen sind, ist nicht eindeutig belegt. Die AMD führt nicht zur kompletten Erblindung. Doch der Rest der Netzhaut ist hauptsächlich für das Erkennen von Hell-dunkel-Kontrasten verantwortlich, viele Eindrücke fehlen eben doch.

Während es für die trockene Variante Behandlungsansätze innerhalb von klinischen Studien gibt, hat sich im vergangenen Jahrzehnt in der Therapie der feuchten AMD einiges getan. Neben dem Einsatz von Lasern gibt es mehrere Medikamente auf dem Markt, die regelmäßig in das Auge gespritzt werden müssen. Derzeit sind dies vor allem Lucentis® (seit sechs Jahren verfügbar), Eylea® (erst seit einigen Monaten zugelassen) und Avastin®. Es handelt sich um Antikörper, die die Neubildung von Gefäßen unter der Netzhaut blockieren. Sie sollen das Fortschreiten der Erkrankung aufhalten und das Sehvermögen erhalten, das zu Beginn der Therapie noch vorliegt.

"Allen drei Medikamenten wird laut Studien die nahezu gleiche Wirkung bei nahezu vergleichbaren Nebenwirkungen zugeschrieben", sagt Professor Wolfgang Wiegand von der Asklepios Klinik Nord in Hamburg. Doch nur zwei der Mittel sind für die Behandlung am Auge zugelassen. Avastin ist hingegen ein Medikament zur Behandlung von verschiedenen Arten von Krebs und hat keine Zulassung für die Augentherapie. Es kann von Ärzten nur als sogenanntes "off label"-Medikament verwendet werden. Laut Ann Marini, Sprecherin des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenkassen in Berlin, sichern sich viele Ärzte bei einer "off-label"-Behandlung in der Regel schriftlich vor Ansprüchen der Patienten ab. Das Sicherheits- und Haftungsrisiko liege dann beim Patienten. "Dies müssen sich Patienten erst mal klarmachen", sagt Sprecherin Marini.

Weil aber eine Spritze Avastin um das Zigfache preiswerter ist als die anderen Antikörper, gab und gibt es über dessen Verordnung sehr viel Streit. Der Hersteller selbst regte keine Zulassungsstudien an, und so wurden in den USA und Großbritannien vergleichende Studien von öffentlicher Seite her erstellt. Ergebnis: Avastin® ist gleich wirksam, ein Hinweis auf mehr Nebenwirkungen müsse weiter untersucht werden. Einige Ersatzkassen haben Rabattverträge mit Ärzten geschlossen, wenn sie das kostengünstigere Krebsmittel verschreiben - was die Lage für Patienten unübersichtlich macht. Laut Marini sollten sich Patienten gut von ihrer Kasse beraten lassen.

Auf dem Weg zur Diagnose überprüfen Ärzte den Augenhintergrund und das Sehvermögen. Zur Untersuchung werden die Pupillen mit einem Medikament erweitert. Die AMD muss abgegrenzt werden von anderen Netzhauterkrankungen, die etwa durch einen Bluthochdruck oder Diabetes entstehen können. Nach der Gabe eines Farbstoffes, der über die Armvene gespritzt wird, können die Gefäße im Auge mit einer Kamera beobachtet und "fotografiert" werden.

Vergleichsweise neu ist die optische Kohärenztomografie (OCT). "Dabei wird die Netzhaut mit einem feinen Laserstrahl abgetastet, und Schnittbilder werden erstellt", sagt Richard. Diese Technik erfasst, wie feucht das Gewebe ist. Die Kosten werden bislang nur von einzelnen Kassen übernommen. Die Methode wird nur von speziellen Augenärzten oder Kliniken angeboten.

Dies gilt auch für die Injektion der Medikamente ins Auge. "Jede Injektion behandeln wir wie andere Augenoperationen im Operationssaal unter sterilen Bedingungen", sagt Wiegand. Weil der Glaskörper im Auge ein besonders guter Nährboden für Keime sei, gelte es, Infektionen zu vermeiden. Deshalb kann der Zeitaufwand für den Patienten insgesamt zwei bis drei Stunden bedeuten.

Diskutiert wird in der Fachwelt, wie häufig die Medikamente gegeben werden müssen. "Eine erste Serie besteht in der Regel aus drei Injektionen im Abstand von vier bis fünf Wochen", sagt Wiegand. Dann sollte der Verlauf beobachtet werden. Weil jede Spritze mit einem Infektionsrisiko einhergehe, müsste jede weitere Behandlung gut überlegt werden. "Da ist noch viel im Fluss, welches das beste Behandlungsschema ist", sagt Wiegand.

Laut Augenspezialist Richard zeigen Studien bei monatlichen Spritzen bessere Verlaufsergebnisse als bei zweimonatlichen Spritzen. Wie vielen Patienten insgesamt geholfen werden kann, ist noch unklar. "Ein Teil der Patienten reagiert nicht auf die Therapie, und wir müssen herausfinden, warum dies so ist", sagt Wiegand. Zu den weiteren Nebenwirkungen durch die Injektionen kann das Sehen von "fliegenden Mücken" gehören, Punkten im Sichtfeld. Auch der Augeninnendruck kann sich erhöhen, und es kann zu Herz-Kreislauf-Problemen kommen. Als Alternative für Einzelfälle steht eine Laserbehandlung zur Verfügung, um die neu gesprossenen Gefäße zu veröden.

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