Kreuzfahrt-Reedereien melden satte Zuwächse - und an Bord geht es immer lockerer zu. Von Smoking bis FKK, von Heavy Metal bis Musikantenstadl wird alles geboten

War da was? Nach dem tragischen Unglück der "Costa Concordia" vor der italienischen Insel Giglio im Januar dieses Jahres mehrten sich die Prognosen, dass der Kreuzfahrt-Boom nunmehr ein Ende gefunden habe. Tatsächlich habe es in den Wochen nach der Havarie zunächst eine eher zögerliche Nachfrage gegeben, heißt es aus der Branche. Doch bereits im Frühjahr sei der Markt wieder angesprungen, so Torsten Schäfer, Sprecher des Deutschen Reiseverbandes. So konnte der deutsche Marktführer Aida-Cruises für das erste Quartal 2012 ein Passagier-Plus von elf Prozent melden. Nach 584 000 Reisenden 2011 erwarten die Rostocker für das laufende Jahr sogar einen satten Zuwachs. "Wir sind mit der aktuellen Buchungslage sehr zufrieden", freut sich auch Aida-Präsident Michael Ungerer. Bis 2016 soll sich die Flotte um drei auf dann zwölf Schiffe erhöhen. Auch TUI-Cruises blicken erwartungsvoll in die Zukunft. Und investieren in einen Neubau, der sich im Mai 2014 zu "Mein Schiff 1" und "2" gesellen soll.

Tatsache ist: Die Deutschen sind in Sachen Kreuzfahrt auf den Geschmack gekommen. Fast 1,4 Millionen gingen im vergangenen Jahr an Bord eines Hochseeschiffs, das sind 200 000 Passagiere mehr als 2010. Tendenz: steigend. Nach einer dpa-Umfrage sehen die Reedereien weiterhin erhebliches Wachstumspotenzial in Deutschland. Nach neuen Schätzungen sollen die Buchungszahlen hierzulande bis 2020 auf 2,5 bis drei Millionen Gäste wachsen. Auch das ist ein Grund, warum immer mehr internationale Kreuzfahrtschiffe deutsche Häfen ansteuern. Die Terminals reichen kaum noch aus. Allein Hamburg dürfte bis Jahresende 161 Anfahrten mit mehr als 400 000 Passagieren verzeichnen, ein Plus von 33 Prozent zum Vorjahr.

Die ungebrochene Beliebtheit von Kreuzfahrten mag auch daran liegen, dass sie längst kein elitäres Vergnügen mehr sind. Es gibt immer mehr Angebote für den kleineren Geldbeutel. Zudem fand ein Imagewandel statt: Das Klischee von Seniorenheimen zur See verschwimmt. Immer mehr Aktivurlauber mit Kindern werden für Schiffsreisen begeistert. Und das in allen Preissegmenten ...

Auf Themenkreuzfahrten ist zumeist eine eher jüngere Klientel anzutreffen als auf klassischen Luxuskreuzfahrten. Ausnahmen bestätigen die Regel: Wenn etwa die "Allure of the Seas" im April 2013 den "Musikantenstadl" durch die Karibik schippert, dürfte neben Andy Borg und den Zillertaler Haderlumpen auch ein eher älteres Fanpublikum an Bord sein. Die Bands Napalm Death und Behemoth wiederum locken Anfang Dezember Heavy-Metal-Fans mit einer außerordentlichen Lärmtoleranz auf die "Majesty of the Seas". "Barge to Hell" - Barkasse zur Hölle lautet da das vielversprechende Motto.

Die Kreuzfahrtbranche setzt auch auf Luxus: Wenn im Oktober die neue "Celebrity Reflection" in See sticht, können zahlungskräftige Kunden in bis zu 450 Quadratmeter großen Suiten residieren, mit Butler-Service rund um die Uhr. Noch vier Quadratmeter mehr umfasst die Garden Villa auf einigen Schiffen der Norwegian Cruise Line. Mit Konzertflügel, Whirlpool, drei Schlafzimmern und eigenem Garten.

Hohe Ansprüche auf hoher See - das betrifft nicht nur die Unterbringung. Nach einer aktuellen Studie von Touristik Aktuell stellt das Gastronomieangebot für mehr als zwei Drittel aller potenziellen Kunden ein entscheidendes Buchungskriterium dar. Die Reedereien rüsten mit Starköchen, Kochkursen und immer aufwendigeren Spezialitätenrestaurants kulinarisch kräftig auf. Zu punkten versucht man auch mit mehr Rücksichtnahme auf religiös und weltanschaulich bedingte Essgewohnheiten.

Bei MSC Kreuzfahrten können Passagiere jüdischen Glaubens bereits bei der Buchung koschere Speisen ordern. Und es gibt Gerichte, die nach islamischem Ritus zubereitet werden, also halal sind. Holland America Line setzt auf das größte Angebot an vegetarischen Speisen auf See.

Immer entspannter gestaltet sich der Dresscode an Bord. Smoking und Abendrobe sind noch auf den Ozeanlinern der britischen Cunard-Linie angebracht. Auf anderen Vier- und Fünf-Sterne-Schiffen tut's für den Herrn inzwischen auch Jackett und Hose zum Gala-Abend, bei den Damen muss es auch nicht mehr das lange Kleid sein. In weniger hochpreisigen Kategorien ist das Serviceteam an Bord schon froh, wenn niemand in kurzer Hose und Tennissocken zum Dinner erscheint.

Wem das nicht locker genug ist, der wird vielleicht auf einer Reise der "Carnival Freedom" glücklich. Im Februar 2013 kreuzt der Meeresriese als "Big Nude Boat" - großes Nacktschiff - acht Tage durch die Karibik. Ziel: Panama. Auf das Schiff mit seinen 14 Decks passen knapp 3000 Nackedeis. Zur größten FKK-Kreuzfahrt der Welt bittet der texanische Veranstalter "Bare Necessities Tour and Travel".