Die Galerie der Gegenwart feiert 15-jähriges Bestehen mit einer Neugestaltung und einem Symposium

Was darf's denn sein? Die kleine, die mittlere oder die große Lösung? Fragen, die in den 80er-Jahren Hamburgs Kulturwelt bewegten, als ein Neubau für die Hamburger Kunsthalle auf dem Plan stand. Es wurde die große Lösung, manifest geworden in der vom Kölner Architekten Oswald Mathias Ungers (1926-2007) entworfenen Galerie der Gegenwart. So konnte anno 1997 die Kunsthalle ihr neues Haus für Gegenwartskunst beziehen. 15 Jahre später lädt sie jetzt zum Jubiläum mit einer Neueinrichtung der Galerie ein, einem Symposium zu aktuellen Fragen des Museums und einer Einladung an Baltic Raw, einem Zusammenschluss aus Künstlern, Dramaturgen, Kulturwissenschaftlern und Architekten.

Die Jubiläumsfeiern präsentieren sich als Rück- und Ausblick in einem. Anderthalb Stockwerke der Galerie der Gegenwart werden mit prominenten Künstlernamen neu bestückt, als generöse Summe von Einzelpositionen in eigenen Räumen. Viele von ihnen, wie etwa Sophie Calle oder Andreas Slominski, haben bereits in der Vergangenheit das Haus mit ihrer Kunst bereichert. Einige, wie Mona Hatoum oder Rosemarie Trockel, wurden bereits mit Einzelausstellungen geehrt. Die Kunsthalle will bewusst mit großen Namen punkten und dort Stärken zeigen, wo die Sammlung in den vergangenen Jahren durch Schenkungen, große Werkkomplexe und Neuerwerbungen ihr Profil stärkte.

Baltic Raw und ein Symposion ergänzen die Feierlichkeiten

Dr. Brigitte Kölle, die seit diesem Jahr zusammen mit Dr. Petra Roettig die Galerie der Gegenwart leitet, verweist auf eine erfreuliche Bilanz des noch jungen Hauses. In den vergangenen 15 Jahren, so Brigitte Kölle, "wurde kontinuierlich eine Sammlung der Gegenwartskunst aufgebaut, die den internationalen Vergleich nicht zu scheuen braucht". Mit 5600 Quadratmetern Ausstellungsfläche ist sie eines der größten Ausstellungshäuser für Gegenwartskunst in Deutschland. "Es wurde in den letzten Jahren höchst erfolgreich ganz unterschiedlich bespielt, wenn man an die große Retrospektive von Mark Rothko mit 220 000 Besuchern denkt, an die thematischen Ausstellungen Pop Life oder MAN SON, oder an Einzelausstellungen wie die von Bruce Nauman oder Rodney Graham."

Weitere Einzelräume beziehen Arbeiten der Künstler Christopher Wool, Georg Baselitz, Bruce Nauman, Gerhard Richter, Isa Genzken, Roni Horn, Dan Graham, Andy Warhol, Sigmar Polke und Haegue Yang.

Die Koreanerin Yang, die 2008 den Baloise erhielt und damit der Kunsthalle eines ihrer Werke sicherte, ist die jüngste im Kreis der "Jubilatoren". In Hamburg lehrte die 1971 geborene Koreanerin als Gastprofessorin an der HfbK. Ihr Land vertrat sie 2009 auf der Venedig Biennale, auch bei der aktuellen documenta (13) ist sie dabei. Sie ist mit einer ihrer Lichtarbeiten vertreten, in denen Lampen unterschiedlichster Herkunft soziale wie individuelle Identitäten "beleuchten". Ihren Höhepunkt erreichen die Jubiläums-Feierlichkeiten am Wochenende vom 7. bis 9. September. Nach dem offiziellen Teil gibt es eine große Party mit Baltic Raw im Außenbereich der Galerie. Der 7. September ist auch Auftakt für das Symposium "museum.gegenwart.jetzt" im Hubertus-Wald-Forum, an dem international bekannte Museumsfachleute, Künstler und Kunsthistoriker teilnehmen. Das Symposium am 8. September verhandelt Fragen aktueller Museumspräsentation. Auch die durchaus brisante Frage, wie mit fest installierten Kunstwerken in Zukunft umzugehen ist. Im Sockelgeschoss der Galerie der Gegenwart betrifft dies etwa eine Wandarbeit Richard Serras, die bei Wechselausstellungen umgangen, wenn nicht abgeschirmt werden muss.

Beschäftigt sich das Symposium mit wichtigen Zukunftsfragen des Museums, unternimmt Baltic Raw in dieser Richtung schon seit dem Jahr 2002 praktische Schritte. Was ihre Gründer, Berndt Jasper, Móka Farkas und Christoph Janiesch als "Formen der In-Landnahme" und "hybride Formation zwischen Galerie und Trash, Bühne und Club" bezeichnen, sind zumeist im öffentlichen Raum zeitlich begrenzte Eingriffe, die herkömmliche Präsentationsformen sprengen.

Als Räumlichkeit dienen Baltic Raw vielschichtige, modulare Blockbauten. Mit der "kurzfristigen Besetzung bracher Flächen im Stadtraum" stellt sich Baltic Raw damit als Alternative zum wohlorganisierten Museumsbetrieb. Diesmal ist das Plateau zwischen der Galerie der Gegenwart und dem Kunsthallen-Altbau in ihrem Visier.

Auf seinen 37 mal 37 Metern errichtet Baltic Raw unter dem Motto "Open Museum" eine Kunststadt, eine begehbare Holzskulptur mit einem Hauptschauplatz, dem Kiosk und Nebenschauplätzen in Form von Spielstätten, Bühnen und Galerien. Auch das Programm mit Künstlern, Musikern, Architekten oder Dramaturgen unterliegt mehr dem Prinzip Schneeball als organisiertem Plan eines Kuratorenteams. Täglich wechselnde Programme garantieren ein vielseitiges Angebot.

Als Gäste werden unter anderem Filomeno Fusco mit dem Videopanel "Tiere wie wir", Tjorg Douglas Beer mit "The Greek Pavillion - The 2nd Berlin Kreuzberg Biennale" und die Soundperformance "Im Merzbau" mit Felix Gebhardt erwartet. Ab 23. September beginnt der Rückbau der Kunststadt mit der Einlagerung der Module im Lichthof der Galerie der Gegenwart. Am 30. September wird ab 15 Uhr die Finissage eingeläutet.

15 Jahre Galerie der Gegenwart 8.9. bis 30.4.2013, Hamburger Kunsthalle, Galerie der Gegenwart, Di-So 10.00-18.00, Do 10.00-21.00

Baltic Raw Open Museum bis 30.9., Hamburger Kunsthalle, Plateau vor der Galerie der Gegenwart, Programm ohne feste Zeiten

museum.gegenwart.jetzt Hamburger Kunsthalle, Symposium im Hubertus-Wald-Forum, Auftakt: 7.9., 19.00; 8.9., 11.00-17.00, Teilnahme 5 Euro