Der Straßenverkehr wurde um 20 Prozent reduziert

Stockholm. Wer in der Stockholmer Innenstadt unterwegs ist, geht zu Fuß - für Wege, die kürzer sind als fünf Kilometer, liegt der Fußgängeranteil bei 62 Prozent (in Hamburg sind es 40 Prozent). Sind die Strecken länger und führen sie aus der City hinaus und wieder hinein, so wird jeweils eine Gebühr fällig, die City-Maut. Seit Einführung der Maut nahm der Straßenverkehr spürbar ab - sie ist eines der ökologischen Vorzeige-Projekte Stockholms.

Wer durch die Stadt fährt, hat an verschiedenen Stellen drei unscheinbare Brückengerüste vor sich - eine "Betalstation". An der ersten Gerätebrücke prangt der Preis für die Durchfahrt: In verkehrsarmen Zeiten sind zehn schwedische Kronen fällig (entspricht 1,08 Euro), ansonsten 15 Skr und zur Hauptverkehrszeit 20 Skr. Passiert der Wagen die mittlere Gerätebrücke, wird er per Laser erfasst. Dieser löst am ersten und dritten Mast eine Kamera aus, die die beiden Nummernschilder fotografiert.

Wer viel durch die Stadt fährt, zahlt maximal 60 Skr pro Tag. Die Passagen werden behördlich registriert und am Ende des Monats zu einer Rechnung zusammengefasst. Das funktioniert natürlich nur bei Fahrzeugen, die in Schweden zugelassen sind, Ausländer sind gratis unterwegs.

"Die Maut hat den Straßenverkehr in die und aus der Stockholmer Innenstadt um 18 bis 20 Prozent reduziert. Unser Ziel lag bei zehn bis 15 Prozent", sagt Daniel Firth, Verkehrsplaner der Stadt und zuvor mit der Londoner City-Maut befasst. "Die Abnahme ist vor allem vor dem Hintergrund einer schnell wachsenden Bevölkerung von mehr als 20 000 zusätzlichen Einwohnern pro Jahr erstaunlich." Und ganz nebenbei füllt die Abgabe die Stadtkasse - mit einem jährlichen Nettogewinn von umgerechnet gut 70 Millionen Euro.

Die Maut ist keine Stockholmer Erfindung. Sie wurde der Stadt aufgedrängt, nachdem sich die Grünen nach den Wahlen 2002 an der schwedischen Regierung beteiligten. Die Stadtväter waren skeptisch, die Stockholmer ebenfalls. Vor Beginn einer ersten Testphase im Januar 2006 lehnten 60 Prozent der Bürger die Umweltabgabe ab. Nach dem Feldversuch im September 2006 wollte jedoch eine Mehrheit von 55 Prozent das System behalten - viele Städter hatten gespürt, dass die Verkehrsbelastung zurückging. Schließlich brachte ein Referendum eine denkbar knappe Mehrheit (51 Prozent), und die Maut blieb. Firth: "Ein Jahr später lag die Akzeptanz bei 65 Prozent, die Leute haben sich damit abgefunden."

Zusätzlich fördert die Maut umweltfreundliche Autos, etwa Elektro- und Hybridfahrzeuge. Sie fahren gratis. "Ihr Anteil unter den Maut-Zahlern beträgt inzwischen 15 Prozent. Sie werden nur noch bis 2012 kostenlos in die City ein- und ausfahren können, danach wird es ein abgestuftes Rabattsystem geben, das gerade diskutiert wird."

Nicht ganz so glänzend steht die Stadtpolitik beim Fahrradverkehr da. "Die Zahl der Fahrradfahrer ist in den vergangenen zehn Jahren um 75 Prozent gewachsen", lobt sich die Stadt im Internet. Daniel Firth relativiert die Aussage: "Die absoluten Werte sind sehr niedrig. Bei den Kurzstrecken liegt der Fahrradanteil bei sechs Prozent. In Kopenhagen sind es dagegen fast 30 Prozent." Zum Vergleich: Münster, die deutsche Fahrradhauptstadt, bringt es auf 46, Hamburg immerhin auf 16 Prozent. Im Gegensatz zu Stockholm können in der Hansestadt Fahrräder im öffentlichen Nahverkehr mitgenommen werden - da kann die skandinavische Metropole von Hamburg noch etwas lernen.

Unangefochtene Spitzenreiterin im Städtevergleich ist jedoch die niederländische Hafen- und Hauptstadt Amsterdam, wo 61 Prozent aller Wege unter fünf Kilometern Länge auf dem "Fiets" geradelt werden.