Zehn wichtige Regeln für einen Kirchenbesuch - was man darf oder doch lieber sein lassen sollte

Kirche ist ein besonderer Raum, in dem oft andere Regeln und Traditionen gelten. Die haben sich im Laufe der Zeit verändert. Für alle, die nicht sicher sind, was in der Kirche erlaubt und was unpassend ist, haben wir einen Kirchen-Knigge zusammengestellt. Hamburgs Experte zu dem Thema ist Alexander Röder, Hauptpastor des Michels.

1. Sind kurze Hosen und Miniröcke in Kirchen erlaubt?

Alexander Röder:

Da helfen keine Verbote. Da sind Fingerspitzengefühl und Rücksichtnahme gefragt. Dass Urlauber sich an heißen Tagen leger anziehen, ist verständlich, aber wenn sie dann in eine Kirche gehen, müssen sie damit rechnen, dass andere Menschen Anstoß an ihrer Kleidung nehmen.

2. Warum dürfen Männer in der Kirche keinen Hut tragen?

Dahinter steckt eine Mischung aus Bibel und Tradition. Paulus schreibt im 1. Kor 11, dass es für den Mann unziemlich sei, mit einer Kopfbedeckung vor Gott zu treten und zu beten. Traditionell wollte man sich gegen das Judentum abgrenzen, denn ein jüdischer Mann tritt nicht unbedeckten Hauptes vor Gott. Der Ritter im Mittelalter trat immer ungeschützt ohne Helm und Visier in die Kirche ein, um seine Demut vor Gott zu bezeugen.

3. Darf ich während eines Gottesdienstes eine Kirche besuchen?

Das finde ich grob unhöflich und rücksichtslos.

4. Darf man nach einer gelungenen Predigt, einem Chor- oder Orgelvortrag klatschen?

Da muss man eine gewisse Sensibilität entwickeln. Es gibt kein eindeutiges Ja oder Nein. Aber der Gottesdienst und besonders die Predigt sind in der evangelischen Kirche Verkündigung und danach ist Klatschen unüblich. Es gibt Musik, wie die Passionsmusik von Bach oder tragende Choräle, da finde ich es unpassend, zu klatschen. Aber nach einem tollen Gospelvortrag oder einem Weihnachtsspiel ist Klatschen Ausdruck der Freude.

Bei der katholischen Kirche, vor allem in südlichen Ländern, wird viel mehr als bei uns geklatscht, auch als Ausdruck von Solidarität oder Protest.

5. Dürfen kleine Kinder während der Predigt in der Kirche herumlaufen?

Natürlich dürfen sie das. Aber ich finde das nicht glücklich, denn es lenkt ab und stört auch beim Zuhören. Es hilft dann aber auch nicht, wenn die Erwachsenen anfangen, zu schreien, das stört auch.

Am besten finde ich es wenn man den Kindern eine Betreuung während der Predigt anbietet, wo sie in einem getrennten Raum malen und spielen können. Das ist auch kindgerechter.

6. Wer darf beim Abendmahl teilnehmen?

In der lutherischen Kirche alle, die getauft und in ihrer Kirche zum Abendmahl zugelassen sind. Wir grenzen niemanden aus, egal, welcher Konfession er angehört. In vielen Gemeinden gibt es inzwischen auch das Kinderabendmahl. In der katholischen Kirche dürfen nur Katholiken am Abendmahl teilnehmen und Kinder nach der Erstkommunion.

7. Wann muss ich mich in der Kirche hinknien, wann aufstehen?

Die Haltung im Gottesdienst ist nicht verpflichtend. Doch das Knien ist eine Form der privaten Frömmigkeit, eine Bezeugung der Demut vor Gott. Lutheraner knien häufig beim Empfang des Abendmahls. Auch bei der Beichte und Segnung knien Christen.

Das Stehen ist die eigentlich angemessene Haltung im Gottesdienst, nicht das Sitzen. Denn es heißt, dass wir uns vor Gott nicht klein machen müssen, das ist ein Privileg. Zum Gebet wird in vielen Kirchen gestanden, als direktes Gespräch mit Gott. Beim Hören der Bibel ist wiederum das Sitzen die angemessene Haltung.

8. Darf man zur Beichte gehen, wenn man nicht Kirchemitglied ist?

Ja, natürlich. Die Beichte ist ein Angebot der Kirche an alle Menschen. In der evangelischen Kirche können sie nicht nur beim Pastor, sondern bei jedem Christenmenschen beichten. Und auch der kann die Vergebung Gottes zusprechen. In der katholischen Kirche kann man nur beim Priester beichten und nur der kann die Absolution erteilen.

9. Darf ich einen Hund mit in die Kirche nehmen?

Da gibt es keine einheitliche Regelung. Manche Kirchen sind großzügig, andere nicht. Tiere sind Mitgeschöpfe des Menschen, und was soll an einem Tier in der Kirche schlimm sein?

Ich habe in der anglikanischen Nachbargemeinde ein Paar erlebt, das jeden Sonntag seinen Hund in den Gottesdienst mitbrachte. Der saß artig neben dem Ehepaar auf einem kleinen Kissen auf der Kirchenbank. Das hat keinen Mensch gestört.

10. Darf man in die Kirche Essen und Trinken mitbringen?

Ich finde es eine Unsitte, dass heute die fast schon "angewachsene" Wasserflasche überall mithin geschleppt wird. Das muss nicht sein. Essen und Trinken im Gottesdienst sind unangemessen. Auch einen Snack in der Mittagspause in der Kirche einzunehmen, finde ich nicht richtig. Manche finden es auch völlig normal, mit einer Eistüte in den Michel zu kommen. Weil sie damit überall reinkommen. Aber die Kirche ist eben doch ein anderer Ort als ein Einkaufszentrum.