Der nigerianische Priester Isaak Dugu berichtet über die mühsame Friedensarbeit in seinem Heimatland.

"Es gibt eigentlich niemanden in meiner Heimat, der ohne Glauben ist", sagt Isaak Dugu. Der katholische Priester, der im Oktober eine Woche lang das Erzbistum Hamburg besuchte, stammt aus dem Südosten von Nigeria. Der westafrikanische Staat ist eines der religiösesten Länder der Erde. Nach einer Studie der Stiftung Bertelsmann bezeichnen sich 92 Prozent der Einheimischen als tiefgläubig - etwa 40 Prozent sind Christen, 50 Prozent der 144 Millionen Einwohner sind Moslems, zehn Prozent der Bevölkerung Anhänger einer traditionellen Religion. Nigeria ist auch ein Land, das von Armut, Korruption und Gewalt geprägt ist. Immer wieder kommt es zwischen den Menschen zu blutigen Konflikten.

"Es gibt sicher immer wieder Streit unter den Ethnien. Aber es sind nicht immer religiöse Auseinandersetzungen, wie es in der Presse oft dargestellt wird, die meisten Konflikte entstehen aus wirtschaftlichen oder politischen Gründen", sagt der Theologe.

Isaak Dugu liebt sein Land - mit all seinen Problemen. Und er möchte die Situation dort verbessern, nicht zuschauen, sondern eingreifen. Deswegen hat der 38-Jährige sich schon als junger Mann ganz der Friedens- und Versöhnungsarbeit verschrieben.

Derzeit lebt der bescheiden auftretende Priester als Stipendiat des internationalen katholischen Missionswerkes missio in Frankfurt am Main. Er studiert dort an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen und schreibt seine Doktorarbeit über christliche Sozialethik. Im Rahmen des Monats der Weltmission der katholischen Kirche besuchte er im Oktober deutsche Gemeinden und Schulen, um über die Friedensarbeit in seiner Heimat zu berichten. Viele Friedensprojekte werden von missio in Nigeria finanziell unterstützt.

Armut - darin sieht der Priester den Hauptgrund für die vielen Konflikte in seinem Land. Der Kampf ums Überleben hat auch in seiner Heimatregion Benue zu blutiger Gewalt geführt. Die Farmer leben vom Verkauf verschiedener Feldfrüchte. Doch es reicht kaum, um die Familie zu ernähren und die Kinder zur Schule zu schicken. "Die Menschen versuchen, so viel Land wie möglich zu bebauen, und nehmen ihren Nachbarn Anbauflächen weg", sagt er. In seinem Heimatdorf eskalierte der Streit ums Land, Häuser wurden niedergebrannt, Menschen verletzt. "Auch die Farm meines Vaters wurde zerstört", erzählt Dugu.

Schuld daran hat seiner Meinung nach die Regierung, die etwa das Problem der Landrechte nicht konsequent anpackt. Es ist nur ein Beispiel dafür, was in dem föderalen Staat mit einer demokratisierten Verfassung im Argen liegen. "Die kollektiven Güter sind nicht gleichwertig verteilt", empört sich der Priester. Es gibt zwar reiche Ölvorkommen, doch würden nur die Eliten verdienen. Für viele seiner Landsleute sind die Lebensbedingungen schwer. "Es fehlt an guten Straßen, sauberem Wasser, an Strom. Jugendliche finden keinen Arbeitsplatz", sagt Dugu. Perspektivlosigkeit ist jedoch ein Nährboden für Kriminalität und - zumindest im Norden - für den Zulauf zu radikalen islamistischen Gruppen. Sie wollen die dort eingeführte Scharia mit Gewalt aufs ganze Land ausweiten.

Dennoch sieht Isaak Dugu in der Friedensarbeit der katholischen Kirche eine Chance für sein Land. "Die Kirche benennt die Fehler der Regierung", sagt der Theologe, der einige Jahre auch für die nigerianische Bischofskonferenz gearbeitet hat.

Man muss mit kleinen Schritten beginnen, ist der Katholik überzeugt. So richtete er in einer Gemeinde, in der er als Seelsorger tätig war, ein Friedens-Forum ein. "Priester haben als Repräsentanten Gottes ein hohes Ansehen und viel Einfluss auch in sozialen Fragen", erklärt Isaak Dugu. Mit einem Kollegen konnte er dadurch in seiner Heimatgemeinde für Entspannung zwischen den Konfliktparteien sorgen. "Nach mehreren Vorgesprächen holten wir die Clans zusammen und überzeugten sie davon, miteinander zu reden", sagt der Priester. Die gegenseitigen Angriffe wurden eingestellt.

Dugu betont auch, dass es bereits erste positive Schritte der Zusammenarbeit zwischen gemäßigten Moslems und Christen gibt. "Viele Menschen arbeiten daran, die Verhältnisse im Land zu verbessern." Um diese Menschen zu stärken, will Dugu, wenn er im kommenden Jahr in seine Heimat zurückkehrt, ein überkonfessionelles Institut für Sozialethik aufbauen.