Mit dem Stadtteilzentrum Barmbek-Basch entsteht ein in Deutschland einzigartiges Gemeinschaftsprojekt: Denn Familienzentrum, Altentagesstätte und die Kirchengemeinde Alt-Barmbek sind unter einem Dach vereint.

Noch riecht es nach frischer Farbe im Barmbek-Basch. Handwerker bohren und hämmern, anstelle der Treppengeländer sichern grüne Fangnetze die beiden Obergeschosse. Der hohe helle Innenhof unter dem großen Oberlicht lässt das neue Stadtteilzentrum in Barmbek-Süd einladend wirken. Ein Café im Parterre wird einen günstigen Mittagstisch anbieten, im Sommer kann man im sonnigen Innenhof sitzen, mit Blick auf die danebenliegende Kreuzkirche.

Sichtlich stolz führt Pastor Ronald Einfeldt durch den hellen Klinkerbau, der in seiner Klarheit auch ein skandinavisches Renommeeobjekt sein könnte. Ob elektronische Schließanlage, verdeckte Kabelschächte für die Computer, die Tiefgarage oder die hohe Energieeffizienz - das Gebäude ist auf dem neuesten Stand der Technik. Noch ist der Umzug in vollem Gang, bereits in diesen Wochen soll der Betrieb der Einrichtungen, die hier einziehen, aufgenommen werden. Und am 15. Januar 2010 soll das Barmbek-Basch feierlich eingeweiht werden.

Mit seiner Mischung aus Kirche und staatlichen Einrichtungen ist das Barmbek-Basch ein in Deutschland einzigartiges Gemeinschaftsprojekt. Neben der Kirchengemeinde Alt-Barmbek zieht in das Stadtteilzentrum an der Wohldorfer Straße auch das Kinder- und Familienzentrum KiFaZ ein. Die Bücherhalle, das Kulturhaus Dehnhaide und die AWO-Altentagesstätte sind ebenso eingebunden wie die Erziehungs- und Mütterberatung des Bezirks Nord und das Stadtteilbüro. Zwei Pastorate und Wohnungen finden Platz im Komplex, der auf dem kircheneigenen Grundstück gleich neben der Kreuzkirche entstanden ist.

Das Bündeln der Kräfte in einem Stadtteil mit vielen sozial schwächeren Einwohnern und hoher Fluktuation war der Grundgedanke für das Zusammengehen. Identität schaffen soll das Barmbek-Basch, und so trägt es selbstbewusst seinen geschichtsträchtigen Namen. Auf Platt bedeutet basch derbe und ruppig. Die Barmbeker Jugend war in den 30er-Jahren dafür bekannt, Auseinandersetzungen recht handfest auszutragen. Aber basch bedeute auch verwegen oder herausfordernd, sagt das Hamburgwörterbuch.

Die Hauptlast des Experimentes Barmbek-Basch trägt die Kirchengemeinde, denn sie ist Nutzer, Eigentümer, Bauherr und Vermieter des Projekts. Eigentlich war nach Fusion der drei Barmbeker Kirchengemeinden Kreuzkirche, Bugenhagenkirche und Heiligengeistkirche etwas ganz anderes geplant. "Die Heiligengeistkirche sollte bleiben, die Kreuzkirche umgebaut werden zu einer kleinen Kapelle", erzählt Einfeldt, einer der drei Pastoren. Die marode Bausubstanz der Heiligengeistkirche machte diesen Plan zunichte. 2008 wurde sie abgebrochen.

Um im Stadtteil präsenter zu werden, wollte man auf dem Grundstück der Kreuzkirche das vorhandene Kirchengebäude mit einem Anbau vergrößern. Weil sich zur gleichen Zeit die benachbarten Einrichtungen Bücherhalle, Kulturhaus und KiFaZ zusammenschließen wollten, wäre der Zentrumsgedanke des Stadtteils infrage gestellt worden. Der Bezirk fragte an, ob man sich dort ein Zusammengehen mit den anderen Einrichtungen vorstellen könnte. Zuerst war der Kirchenvorstand skeptisch. Erst als eine Machbarkeitsstudie bewies, dass das Projekt baulich und von den Finanzen her darstellbar sei, ließ er sich darauf ein. Nun gibt es direkt neben der lebendigen Kreuzkirchen-Gemeinde den Neubau von Barmbek-Basch. Zu Beginn habe es auf beiden Seiten Berührungsängste gegeben. "Die anderen Einrichtungen hatten die Befürchtung, wir würden ihnen nun Kreuze auf die Tische stellen", sagt Pastor Einfeldt lachend. Mittlerweile sei Respekt gewachsen, die Achtung voreinander.

Für Wolfgang Kopitzsch, Bezirksamtsleiter Hamburg-Nord, ist das Projekt wegweisend: "Für mich ist es ein hervorragendes Beispiel praktizierter Nächstenliebe vieler Menschen und Institutionen im Stadtteil und darüber hinaus." Innerhalb der Kirchengemeinde hat das Projekt auch dazu geführt, das eigene Profil zu schärfen. "Wir haben uns fragen müssen: Wer sind wir, was sind unsere Kompetenzen?", erzählt Einfeldt. Und so besinnt man sich wieder auf die Kompetenz des spirituellen Lebens. "Im Barmbek-Basch sind wir präsent und ansprechbar, das ist ein sehr niedrigschwelliges Angebot."

Vorstellen können sich die drei Pastoren Ronald Einfeldt, Walter Günther und Angela Rosenthal-Beyerlein auch, mit den anderen Einrichtungen zu kooperieren, zum Beispiel Elternarbeit zum Thema Taufe mit dem KiFaZ oder eine Buchausstellung zu bestimmten Feiertagen.

Im Innenhof wird das Altarfenster der Heiligengeistkirche seinen neuen Platz finden. Das Fenster der Künstlerin Anna Andersch-Marcus zeigt die Ausschüttung des Heiligen Geistes. "Es ist ein Stück Barmbek und gehört hierher - da waren sich alle einig", sagt Pastor Einfeldt.