Das Helms-Museum zeigt einen Stadtteil in Bildern - und bereitet sich auf einen Neuanfang vor.

Einmal einen Blick hinter die Kulissen werfen - dazu bieten die Mitarbeiter der stadtgeschichtlichen Abteilung des Helms-Museums den Besuchern eine gute Gelegenheit. Sie haben ihr Gemälde-Magazin geöffnet und präsentieren eine Auswahl ihrer reichhaltigen Schätze. "Einblicke", so lautet der Titel der Ausstellung.

Für die "Harburger Stadtgeschichte" hat bereits die Zukunft begonnen. Nach der erfolgreichen Wiedereröffnung des Archäologischen Museums am Harburger Rathausmarkt im Mai 2009 laufen die Planungen für die nächste Neugestaltung mittlerweile auf Hochtouren. Die Pforten der "Stadtgeschichte" in der Alten Feuerwache in der Hastedtstraße wurden im Juni 2009 geschlossen. Auf dem Gelände will das Niels-Stensen-Gymnasium einen Neubau errichten und das historische Gebäude in den neuen Komplex integrieren.

Die Abteilung selbst soll künftig ein neues Domizil im Haupthaus am Museumsplatz bekommen, in dem sich auch die Büros der Mitarbeiter sowie der Saal des Harburger Theaters befinden. Seit einigen Wochen gibt es noch einen weiteren Anziehungspunkt in diesem Haus. Denn Museums- und Theaterbesucher können sich in einem Bistro mit Cocktailbar stärken. Die puristische Einrichtung ist ganz in elegantem Schwarz und Rot gehalten. Das Restaurant befindet sich im Foyer und besitzt einen separaten Eingang sowie eine Außenterrasse. Die Öffnungszeiten sind unabhängig vom Museumsbetrieb.

Die Reduzierung von drei auf zwei Standorte bringt gleich mehrere Vorteile. Jahrelange logistische Probleme entfallen. Das Personal arbeitet nicht mehr getrennt, sondern unter einem gemeinsamen Dach. Der Wegfall der Mietkosten für die Feuerwache bedeutet eine nicht unerhebliche Ersparnis im Haushaltsetat. Die Mitarbeiter können sich konsequent und effizient auf die "Museumsachse" konzentrieren mit den beiden Kernkompetenzen Archäologie und Harburger Stadtgeschichte.

"Wir bekommen für unsere Pläne große Unterstützung bei Politikern quer durch alle Parteien. Die Bezirksabgeordneten stehen hinter dem Helms-Museum, das seit 111 Jahren fest im Stadtteil Harburg verankert ist", erläutert Museumsleiter Prof. Rainer-Maria Weiss. Die Abgeordneten haben Sponsoren gewonnen und mittlerweile die ersten Spendengelder aufgetrieben, auch ein Gestalter für die künftige Dauerausstellung ist bereits gefunden. Wenn die vollständige Finanzierung gesichert ist und alles nach Plan verläuft, kann die stadtgeschichtliche Abteilung im Dezember 2010 ihre Tore wieder öffnen.

Für die Historiker ist das eine günstige Gelegenheit, in der Zeit dazwischen "Einblicke" zu gewähren mit einer Ausstellung, in der Ölbilder, Grafiken, Handzeichnungen und Plastiken norddeutscher Künstler des 19. und 20. Jahrhunderts zu sehen sind, einige sind aus Harburg gebürtig oder hier zu Hause. Die Themen reichen von Stadtansichten, Landschaften bis hin zu Porträts.

Otto Ewerien (1900-1965) zeigt das nach einem Fliegerangriff im Zweiten Weltkrieg zerstörte Harburger Rathaus. Als ein unbestechlicher Chronist Harburgs muss auch Carl Ihrke (1921-1983) genannt werden. Er malte häufig Ansichten von Stadtteilen, denen der Abriss oder ein gravierender baulicher Wandel bevorstand. Heino Jaeger (1938-1997) arbeitete als Zeichner am Helms-Museum. Seine Werke sind keine Stadtansichten im traditionellen Sinn. Sie spiegeln die Harburger und Wilhelmsburger Atmosphäre.

Von Fritz Flebbe (1893-1929), ebenfalls ein Harburger Künstler, sind Landschaftsdarstellungen und Porträts zu sehen, darunter eines des Harburger Getreidekaufmanns und Senators August Helms (1847-1920), auf dessen Anregung die Gründung des Harburger Museumsvereins zurückgeht. Einzige Frau in der Runde ist Alice von Mengershausen (1868-1937). Sie lebte in Celle und war wegen ihrer einfühlsamen Porträts in Adelskreisen und bei wohlhabenden Bürgern äußerst beliebt. Die Ausstellung zeigt ein Bildnis einer Verwandten des Harburger Senators Carl Maret, der die Vereinigten Gummi-Waaren-Fabriken Harburg-Wien leitete, heute Phoenix Gummiwaren.

Zu den großen, international bekannten Namen gehört die 1941 geborene Konzeptkünstlerin Hanne Darboven. Sie starb am 9. März dieses Jahres in Harburg-Rönneburg. Die hier verwendete alte Postkarte zeigt den Harburger Marktplatz "Sand" im Jahre 1910. So sahen ihn die Eltern beim Blick aus dem Fenster ihrer damaligen Wohnung.

Ab Oktober 2009 können die Besucher in einer Wechselausstellung schon einmal einen Vorgeschmack auf das bekommen, was sie demnächst am Museumsplatz erwartet. Highlight der Präsentation ist ein Modell des Harburger Hafens, das König Georg V. von Hannover im Jahr 1859 anfertigen ließ. Zu sehen sind unter anderen Überwinterungs- und Verkehrshafen sowie der Bahnhof, der 1848 eingeweiht wurde. Der Umschlag vom Schiff auf die Schiene galt zur damaligen Zeit als revolutionär. Nicht weniger innovativ war die ein Jahr später in Dienst genommene große Schleuse. Dank dieser neuartigen Technologie war der Harburger Hafen tidenunabhängig. 20 Jahre früher als der Hafen am Sandtorkai. Das Hafenmodell ist ungewöhnlich plastisch, jede Erhebung ist überdeutlich herausgearbeitet. Dies hatte einen speziellen Grund: Der König war blind.

Mit der Neueröffnung der "Stadtgeschichte" werden die Besucher etliche Harburgensien bewundern können, so die Adlerköpfe der Süderelbe-Straßenbrücke von 1899. Sie mussten abgebaut werden, weil die Brücke baufällig war. Einige der Exponate sind noch nie in der Öffentlichkeit gezeigt worden, wie eine Fluthöhenmarke von 1962 in Erinnerung an die Sturmflut in Hamburg. Oder ein Original-Flügel eines Schützenvogels vom Vogelschießen - inklusive Einschusslöchern.

Begleitend zur Ausstellung findet eine umfangreiche Vortragsreihe statt. Die Veranstaltung findet jeweils donnerstags um 18 Uhr statt:

Hans Pintschovius, Otter: "Man glaubt es nicht. Der Harburger Maler, Grafiker und Kabarettist Heino Jaeger - Leben und Werk" (17.09.)

Dr. Ralf Busch, Hamburg: "Hanne Darboven: ...und keine Worte mehr - Eine Einführung in ihr Werk" (08.10.).

Dr. Volker Probst, Güstrow: "Zum Teufel: Kunst muss Inhalt haben - Der Maler und Grafiker Fritz Flebbe (1893-1929)" (26.11.).

"Einblicke" : Archäologisches Museum Hamburg, Museumsplatz 2, 21073 Hamburg, T. 040/ 428 71 24 97, T. 040/ 428 71 36 93, Di-So 10-17 Uhr, Eintritt frei. www.helmsmuseum.de .