1143 Stiftungen des bürgerlichen Rechts gibt es in Hamburg, Tendenz steigend. Damit ist Hamburg unangefochtene Stiftungshauptstadt Deutschlands, bestätigt Dr. Nina Wagner, Leiterin des Referats für Stiftungsangelegenheiten in der Justizbehörde Hamburg. "In keiner anderen Stadt in Deutschland gibt es so viele Stiftungen wie hier; in keinem anderen Bundesland gibt es mehr Stiftungen pro Bürger."

Trotz dieser positiven Bilanz machen sich auch auf diesem Gebiet die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise bemerkbar. "Wir haben zwar auch dieses Jahr zahlreiche Gründungen, im Vergleich zum letzten Jahr sind es jedoch spürbar weniger", bedauert Wagner. Dabei haben die Stiftungen eine große Bedeutung für die Hansestadt. "Denn gerade Stiftungen sind aufgrund ihrer großen Unabhängigkeit sehr gut in der Lage, Projekte schnell und unbürokratisch und damit effizient anzugehen und zu fördern. Sie schieben innovative Entwicklungen an, engagieren sich in vernachlässigten Bereichen oder setzen individuelle Akzente", weiß die Expertin.

Und diese Akzente haben immerhin einen Umfang von jährlich mehreren Hundert Millionen Euro. Woher kommt dieses ausgeprägte Engagement in Hamburg? "Stiften hat bei uns eine jahrhundertealte Tradition. Dies mag daran liegen, dass in der Hansestadt niemals feudale Strukturen herrschten, sondern die Verantwortung für die Stadt schon immer in den Händen der Bürger lag", erklärt Wagner. Tatsächlich stammt die älteste Stiftung - das Hospital zum Heiligen Geist - aus dem Jahr 1227. Die Evangelische Stiftung Bethesda hat im Februar diesen Jahres immerhin ihr 150-jähriges Jubiläum gefeiert und auch die Körber-Stiftung blickt bereits auf 50 Jahre Stiftungsgeschichte zurück. Wagner sieht in Hamburg in besonderem Maße die Überzeugung vorherrschen, dass der Staat nicht die alleinige Verantwortung für sämtliche Lebensbereiche übernehmen könne und solle. "Dieses Verständnis und die Bereitschaft, sich bürgerschaftlich zu engagieren, ist in der Stadt tief verwurzelt; man kann ein Stück weit sagen: Es gehört zum hanseatischen Selbstverständnis."

Und in welchen Bereichen engagieren sich die Hamburger besonders intensiv? Das Referat für Stiftungsangelegenheiten erfasst eine ganze Reihe unterschiedlicher Zielrichtungen: Das Spektrum reicht von "Sozialwesen", "Erziehung und Weiterbildung", "Wissenschaft, Kunst und Kultur, Völkerverständigung, Denkmalschutz" über "Umwelt- und Naturschutz", "Gesundheitswesen, Tierschutz" bis zu "Religion und Weltanschauung" und "Kirchlicher Stiftung". Die meisten Stiftungen sind jedoch im Bereich Sozialwesen angesiedelt und widmen sich der Hilfe für ältere, kranke oder behinderte Menschen oder auch den Kindern, oder sie unterstützen Einrichtungen mit ähnlichem Ziel.

Um den Hamburgern das Stiften zu erleichtern, hat die Freie und Hansestadt bereits vor vier Jahren Bürokratie-Abbau betrieben und sich ein modernes und liberales Stiftungsgesetz gegeben. Das in der Justizbehörde angesiedelte Referat für Stiftungsangelegenheiten, das die Anerkennungsverfahren durchführt und die Stiftungsaufsicht ausübt, steht Neustiftern zudem bei Fragen rund um die Gründung mit Rat und Tat zur Seite.

Dazu gibt es eine Reihe von Anlässen, bei denen die Arbeit der Stiftungen wie die Stifter selbst gewürdigt werden. Da ist zum einen der jährliche Senatsempfang zu Ehren neuer Stifterinnen und Stifter sowie das Patenschaftsprogramm, in dem jede Senatorin und jeder Senator für ein Jahr die Patenschaft für eine neu gegründete Stiftung übernimmt. Alle zwei Jahre vergeben der Senat und die Gesellschaft Harmonie von 1789 e. V. zudem den mit bis zu 10 000 Euro dotierten Hamburgischen Stifterpreis für herausragende Stiftungsarbeit zum Wohle der Stadt Hamburg.