Die Ausstellung “Wandlungen. Altes Blech aus neuer Sicht“ zeigt, wie aus Abfall ein Gebrauchsgegenstand wird - oder Ästhetisches.

Für die einen ist es Abfall, Müll, Ausschussware. Für die anderen ist es Rohstoff, der durch den künstlerischen Akt eine neue Identität gewinnt. Knud Plambeck fertigt in seinem Ottenser Atelier Schiffsmodelle aus alten Ölfässern, Strandgut, über das er an der Elbe zufällig gestolpert ist. Auf den ersten Blick sehen die Schiffe wie Spielzeug aus. Doch schnell erzählen sie durch ihre ungewöhnliche Form und das Material eine eigene Geschichte. Irgendwann spürte der Kulturhistoriker Prof. Torkild Hinrichsen Plambecks Galerie "Wasserspiegel" auf. Und erkannte in der dahinterstehenden Idee eine Parallele zu Metallgegenständen, die er vor Jahren für das Museum angekauft hat.

Ein alter Stahlhelm aus dem Ersten Weltkrieg wurde mithilfe von handwerklich einfachen Schraubarbeiten zum Suppentopf umfunktioniert, eine Übungshandgranate zur Scheuerpulver-Streudose, ein Gasmaskenbehälter zur Milchkanne. "Die Ursprungsgegenstände waren in Notzeiten, wie nach den beiden Weltkriegen, im Überfluss vorhanden. Bestimmte Gebrauchsgegenstände dagegen Mangelware", erläutert Hinrichsen. Mithilfe von Fantasie und handwerklichem Können wurde das Vorhandene einfach umgedeutet. "Hier hat man aus der Not eine Tugend gemacht", sagt Hinrichsen. "Eine Kunst, wie Plambeck sie schafft, entsteht dagegen nur in Zeiten des Überflusses." Seltsamer Nebeneffekt, die Metallgegenstände aus Kriegszeiten verlieren ihren ursprünglich militärischen Charakter.

Das Prinzip ist das Gleiche. Das Rohmaterial ist vorhanden. Mit minimalem Werkzeug und Aufwand wird die Hauptform verändert. "Plambeck hat in eine vorgefundene Struktur etwas hineinfantasiert. Diese Methode stammt schon aus der Renaissance. Auch Picasso hat so gearbeitet", sagt Hinrichsen. Der Künstler hat vorhandene Schrägungen genutzt, genauso die Verschlüsse der Kanister und sie als Kapitänskajüten weiterverwertet.

Die Schiffe haben alle eine eigenwillig schräge Haltung und erwecken den Anschein, als hätten sie Fahrt. Plambeck hat aus den Ölfässern ein bis zwei Segmente herausgeschnitten und mit einer Punktschweißtechnik neu zusammengefügt. Bei einem Schiff ist der Ursprungskanister mit dem Sand, in dem er lag, sehr effektvoll regelrecht zusammengerostet. Der Kontrast der beiden Ausstellungen ergibt eine eigenwillige Spannung.

"Auch in der Mangelgesellschaft der früheren DDR haben die Menschen Gegenstände umgedeutet." Hinrichsen leitet daraus eine Spiralbewegung der Kulturgeschichte ab, die auch Modellcharakter für die Zukunft haben könnte. "Es gab früher eine andere Achtung vor der Materie. Das geht immer damit einher, was wertvoller ist, die Arbeitskraft oder das Material. In der längsten Strecke der Menschheit ist das Material immer das teurere gewesen." In Zeiten der Not wurden dagegen Familiensilber, Ratssilber oder Zunftausstattungen einfach eingeschmolzen. Häufig wurde dabei edles Metall gegen unedles eingetauscht. Heute hat sich das Denken durch die fehlenden Ressourcen wieder gewandelt. Rohstoffe gelten als wertvoll.

Wandlungen. Altes Blech aus neuer Sicht: bis 27.9., Altonaer Museum, Museumstr. 23, Di-So 10-17 Uhr.