Immer mehr Stellen in Pflege, Pharma, Medizintechnik und im Fitnesssektor. Kaufmännisches Know-how wichtig.

Was im 18. Jahrhundert die Textilindustrie und im 19. Jahrhundert der Stahl war, könnte im 21. Jahrhundert die Gesundheit werden - ein Wirtschaftsmotor. "Experten sprechen von einem neuen gesamtwirtschaftlichen Wachstumsimpuls, vergleichbar mit der industriellen Revolution, der bis in das Jahr 2050 reichen wird", sagt Andrea Rebensburg, Referentin der Handelskammer. Steigende Lebenserwartung und ein verändertes Gesundheitsbewusstsein treibe die Nachfrage an. Neue Technologien schaffen Innovationen im Bereich der Pharmaprodukte und der Medizintechnik. Das hat personelle Folgen: "Mit 4,3 Millionen Beschäftigten ist die Gesundheitswirtschaft die personalintensivste und die am stärksten wachsende Branche in Deutschland", so Rebensburg. In Hamburg gebe es rund 100 000 Beschäftigte in etwa 3000 Betrieben: "Jeder achte Hamburger arbeitet im Gesundheitssektor."

Kerngeschäft der Gesundheitswirtschaft sind die stationäre und die ambulante Versorgung. Aber auch die Versicherungsbranche sowie die Medizintechnik zählt die Handelskammer zu den lokalen Standbeinen. Allerdings muss man den Begriff Gesundheitsbranche schon sehr weit auslegen, wenn Beschäftigte von Unternehmen wie Philips und Olympus hinzugezählt werden. "Gehört die Nanotechnologie noch zum Gesundheitssektor?" fragt Andrea Rebensburg und möchte die grenzen nicht zu eng setzen: "Das ist ein sehr heterogener Markt."

Nicht zu leugnen ist dagegen, dass abgesehen vom ersten Gesundheitsmarkt vor allem der zweite ein enormes Beschäftigungspotenzial bietet. Als zweiten Gesundheitsmarkt bezeichnen die Experten die Summe aller privat finanzierten Gesundheitsleistungen. In 2007 waren das über 60 Milliarden Euro, wie die Strategieberatung Roland Berger ermittelt hat. Tendenz steigend. "Die privat bezahlte, selbst organisierte Prävention und Rehabilitation gewinnt an Bedeutung", sagt Henning Vöpel, Ökonom beim Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut, HWWI. Bei Gesundheitstourismus, Freizeit- und Gesundheitssport handle es sich um Wachstumsbranchen. Berufe wie etwa Personal Trainer, die individualisiertes Training und Beratung anbieten, seien aussichtsreich. Das heißt aber zugleich: Der Trend gehe zu Dienstleistungen und damit häufig in die Selbstständigkeit. "Es macht Sinn, die Gesundheitsberufe mit einer kaufmännischen Ausbildung zu koppeln, Unternehmertum ist gefragt", sagt Vöpel.

Dass Managementqualifikationen gefordert und eine Akademisierung der Branche fortschreitet, bestätigt Michael Quaas. Der Betreiber des gleichnamigen Portals für "Gesundheitsberufler" beobachtet eine steigende Nachfrage bei Ausbildungen für Ernährungsberatung, Angstbewältigung und Stressmanagement. Das größte Jobangebot findet man aber nach wie vor im ersten Gesundheitsmarkt und damit in der Festanstellung. "Die großen Gesundheitsberufe wie Arzthelferin (über 500 000 Beschäftigte), Gesundheits- und Krankenpfleger (über 700 000) und Altenpfleger (etwa 300 000) werden in angestellter Beschäftigung ausgeübt", sagt der Agenturchef Quaas. Doch auch hier sei ein Trend zu einer höheren Qualifizierung erkennbar. Neben der Pflege sieht Quaas vor allem zwei weitere Jobmotoren: "Das sind die Bereiche Pharma und Fitness."