Wahrscheinlich gibt es verkleinerte Abbilder menschlicher Gestalten schon, seit der Mensch zu formen und zu gestalten begann. Schon Plutarch (45-125...

Wahrscheinlich gibt es verkleinerte Abbilder menschlicher Gestalten schon, seit der Mensch zu formen und zu gestalten begann. Schon Plutarch (45-125 n. Chr.) berichtet, dass seine zweijährige Tochter mit einer Puppe spielte. Puppen waren Spielzeuge, sie dienten aber auch repräsentativen oder kultischen Zwecken. Bis ins vorletzte Jahrhundert hinein waren Puppen jedoch Luxusobjekte, die sich nur Angehörige der gehobenen Schichten leisten konnten.

"Diese Spielzeugpuppen stellten stets Erwachsene dar, wie auch die Kinder bis ins 18. und 19. Jahrhundert hinein wie kleine Erwachsene angezogen waren", erklärt die Sammlerin Elke Dröscher. In ihrem Puppenmuseum Falkenstein zeigt sie jetzt eine Ausstellung, in der der Verkindlichung der Puppe nachgespürt wird. Edmund Lindner, ein Verleger und Exporteur aus dem thüringischen Sonneberg, glaubte seinen Augen nicht zu trauen, als er 1850 auf einer Geschäftsreise in Brüssel eine japanische Puppe entdeckte, die ein Kleinkind darstellte. Das brachte ihn auf eine neue Geschäftsidee. Bald darauf ließ er seine Modelleure in Thüringen Puppen gestalten, die wie Babys aussahen. Der damals völlig neue Typus des "Sonneberger Täuflings" war zunächst ein Renner, kam aber schon bald wieder aus der Mode. Das späte 19. Jahrhundert wurde dann wieder von Puppendamen mit aufwendigen Garderoben dominiert.

"Die Kinder, die im Thüringer Wald die Puppen-Bälge mit Stroh stopften, besaßen selbst keine Puppen. Die Funktion von Babypuppen übernahmen für sie die kleinen Geschwister, die sie schon als Kleinkinder pflegen und betreuen mussten", sagt Elke Dröscher und erklärt, dass erst die Protagonisten der Reformpädagogik im beginnenden 20. Jahrhunderts die Forderung nach Puppen erhoben, die als Kinder dargestellt waren.

Nun erst kamen Puppen auf den Markt, deren Gesichter, Ärmchen und Beinchen denen von Kleinkindern ähnelten. Hinzu kam ein ganzes Sortiment an Zubehör: Taufkleider, Hauben, Steckkissen, Lätzchen, Rasseln, Babywiegen und -waagen. Diese Accessoires sollten den kleinen Mädchen die Möglichkeit bieten, sich im Spiel mit ihren Puppen auf die künftige Rolle als Mutter und Hausfrau vorzubereiten. Neben diesen pädagogischen Motiven erfüllten die Puppen auch das Bedürfnis der Kinder nach Liebe und Geborgenheit. Käthe Kruse, die berühmteste deutsche Puppengestalterin des 20. Jahrhunderts, brachte es auf folgenden Nenner: "Die Puppe muss etwas zum Liebhaben sein. Das ist ihr Sinn und Zweck."

Unter dem Titel "My Dream Babys" sind in der Sonderausstellung Kinder- und Babypuppen aus dem 19. und 20. Jahrhundert zu sehen, kostbare Exemplare, die nicht nur hübsch anzusehen sind, sondern eine interessante kulturgeschichtliche Entwicklung anschaulich machen.


My Dream Babys Puppenmuseum Falkenstein, Grotiusweg 79, bis 31.1.2009, Di-So 11-17 Uhr.