"Das Ideal ist, viele verschiedenartige Individualitäten zu sammeln, niemand in der Betonung seiner Persönlichkeit zu behindern und doch aus all den Eigenwilligen und Eigenartigen eine Einheit zu bilden, indem man sie zu einem bestimmten Ziele führt. Ich glaube, dass eine Zeitung nicht gut ist, wenn die in ihr wirkenden Geister in einem Nivellierungsverfahren gleichmäßig abgeplattet sind und einander zum Verwechseln ähnlich sehen, und ich glaube, dass eine Zeitung schlecht ist, wenn sie nicht einen festen einheitlichen Willen erkennen lässt. Sie ist reizlos ohne die Vielfältigkeit der Temperamente, aber sie ist nur ein Papierlappen, wenn ihr der klar ausgeprägte Charakter fehlt." Theodor Wolff (1868-1943) Schriftsteller, Publizist und Chefredakteur des Berliner Tageblatts von 1906 bis 1933

Wilhelm Schulze (1948-1952) Der gebürtige Hamburger Wilhelm Schulze - wegen seiner früheren Arbeit als Japan-Korrespondent mit dem Spitznamen "Schulze-Tokio" bedacht - war vom Herbst 1948 an der erste Chefredakteur des Hamburger Abendblattes und zugleich Politik-Ressortleiter. Der Vollblutjournalist leitete die Zeitung vier Jahre lang.

Otto Siemer (1952-1965) Otto Siemer, ehemals "Hamburger Fremdenblatt", wurde beim Abendblatt Chef vom Dienst und stellvertretender Chefredakteur. 1952 rückte er auf den Chefsessel nach. Er war ein "unerschütterlich ruhender Pol", hatte immer eine offene Tür für die Mitarbeiter. Und sah seine besondere Aufgabe im Fördern von Talenten.

Martin Saller (1965-1969) Nach sechs Jahren im Politik-Ressort und zehn Jahren Korrespondent in der französischen Hauptstadt Paris wird Martin Saller 1965 Chefredakteur des Hamburger Abendblattes. Aber schon 1969 verlässt der liberale Denker die Redaktion wieder, um für den Axel Springer Verlag als Ostasien-Korrespondent nach Tokio zu gehen.

Werner Titzrath (1969-1983) Als Sallers Stellvertreter übernahm Werner Titzrath 1969 den Abendblatt-Chefsessel. Seine Kollegen bescheinigten dem Bonn-erfahrenen Schreiber eine besondere Begabung für treffende Formulierungen. Werner Titzrath galt als Gralshüter des Abendblatt-Stils. Er prägte die Zeitung bis zu seinem Tod im August 1983.

Klaus Korn (1983-1989) Klaus Korn kam 1978 auf Umwegen von der "Welt" zum Hamburger Abendblatt. Der impulsive und vorwärtstreibende Journalist mit ausgeprägter Spürnase für Geschichten übernahm 1983 für den kranken Werner Titzrath die Redaktionsleitung, ab November als Chefredakteur - er blieb es sechs Jahre, dann wurde er Herausgeber.

Peter Kruse (1989-2001) Berlin und Deutschland im Herzen und Hamburg fest im Blick - Peter Kruse war ein nachdenklicher Redaktionslenker, der am liebsten selbst zur Feder griff. Er modernisierte das Abendblatt behutsam und bewahrte trotzdem dessen gewachsene Tradition. Nach zwölf Jahren wurde er zum Herausgeber berufen.

Menso Heyl (2001-2008) Kurs halten in schwierigen Zeiten - Menso Heyl hat das Abendblatt von 2001 an radikaler modernisiert als alle Chefredakteure vor ihm. Und darauf geachtet, dass die Seele des Blattes keinen Schaden nimmt. Die Zeitung wurde eine Spur kämpferischer, und die Zahl der Journalisten-Preise für Abendblatt-Mitarbeiter stieg stark an.