Im Lehrbuch stand, dass Hamburgs Hauptstraße die Reeperbahn sei. Heute lacht Larissa Kisseleva darüber. Zwanzig Jahre lang lehrte sie russische...

Im Lehrbuch stand, dass Hamburgs Hauptstraße die Reeperbahn sei. Heute lacht Larissa Kisseleva darüber. Zwanzig Jahre lang lehrte sie russische Kinder Deutsch, ohne einmal in Deutschland gewesen zu sein, sowieso nicht in der BRD, aber auch nicht in der DDR. Die geborene Leningraderin - heute heißt ihre Heimatstadt Sankt Petersburg - bekam kein Visum. Nur während ihres Studiums im sibirischen Irkutsk hatte sie Studenten aus der DDR kennengelernt, die, wie sie, in den Ferien beim Bau der Baikal-Amur-Magistrale halfen, der Zugstrecke nördlich der Transsib. Utes FDJ-Hemd hat die 49-Jährige im Koffer mitgenommen, als sie vor acht Jahren nach Hamburg zog. Die große Frau mit den kurzen dunklen Haaren lebt heute in dem Land, dessen Sprache sie liebt und unterrichtet an der Volkshochschule als russische Deutschlehrerin Deutsche in Russisch. Wer will, dem vermittelt sie eine muttersprachliche Tandem-Lernpartnerschaft - unkompliziert, ohne Visum.