Sechs Semester dauert das Bachelor-Studium. Wer sich selbstständig machen möchte, muss noch vier Semester für den Master dranhängen.

Der 25-jährigen Esma Avci war schon in ihrer Kindheit klar, dass sie Architektur studieren wollte. "Meine Eltern sind aus der Türkei nach Deutschland gekommen, ich wurde hier geboren und musste mir mit meinen drei Geschwistern ein Zimmer teilen", sagt die Studentin. So entwickelte sich schon früh ihr Wunsch, "einmal Häuser zu bauen, in denen jedes Kind ein Zimmer hat".

Aber vor ihr lag ein weiter Weg. Zunächst absolvierte Esma Avci die Hauptschule, ging dann zur Realschule und wechselte anschließend an die Höhere Handelsschule Berliner Tor, wo sie ihr Fachabitur ablegte. Vor drei Jahren begann sie dann ihr Studium am Fachbereich Architektur an der HAW, der Hochschule für Angewandte Wissenschaften am Rübenkamp. 2006 wurde dieser Fachbereich dann zusammen mit dem der Hochschule für bildende Künste (HfbK) und dem der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) in der neu gegründeten HCU, die HafenCity Universität für Baukunst und Raumentwicklung, zusammengeführt. Das HCU-Gebäude soll 2010 in der HafenCity fertig sein. "Früher schloss man nach acht Semestern mit dem Titel Diplom-Ingenieur ab, heute studieren wir mit dem Abschluss zum Bachelor - in einer Studienzeit von sechs Semestern", sagt Esma. Sie erwartet jedoch, dass es mit sechs Semestern für sie nicht getan ist, "denn die Lehrplanumstellung auf die HCU hat sowohl unter den Studenten als auch unter den Lehrkräften teilweise für Verwirrung gesorgt".

Esma will in jedem Fall nach dem Bachelor noch den Master-Abschluss machen - zusätzliche vier Semester bedeutet das. Voraussetzung für den weiteren Studiengang ist eine Durchschnittsnote von 2,3. Nicht einfach, denkt man an die vielen Fächer, die die Studenten belegen müssen. Etwa 50 Scheine müssen sie während des Studiums erwerben. Zu den Fächern gehören zum Beispiel Baukonstruktion, Entwurf, Statik, Bauökonomie, Chemie, Baurecht, Physik und auch Baustofftechnologie. Daneben kann man auch noch Wahlfächer belegen, etwa Photoshop oder Computer Aided Design (CAD), der heute üblichen Art, Bauzeichnungen am Computer anzufertigen - mit allen Grundrissen, Ansichten, Bemaßungen und Perspektiven von außen und innen. Eine Möglichkeit, seinen Notendurchschnitt zu verbessern, ist eine zweijährige Berufstätigkeit in der Branche.

In jedem Fall bietet der Master-Abschluss die Möglichkeit, sich selbstständig zu machen. Architektin darf sich Esma Avci aber erst nennen, wenn sie in die Architektenliste eingetragen ist. "Nur wer auf der Liste steht, darf sich Architekt nennen und hat dadurch die Bauvorlageberechtigung, darf also Häuser errichten oder ändern", sagt Stephan Heymann, Referent für das Eintragungswesen der Hamburgischen Architektenkammer.

Während des Studiums müssen die Studenten zwei Praktika machen, 12 Wochen im Büro und 13 Wochen auf dem Bau. Bisher, so Esma, habe sie nur acht Wochen auf einem Bau in der Türkei gearbeitet, für die restlichen fünf Wochen will sie in Deutschland arbeiten. Auf dem Bau hat sie die unterschiedlichen Materialien, aber auch Fensterkonstruktionen oder Treppenbau in seiner ganzen Komplexität erlebt. Dort bekam sie eine Vorstellung vom Zusammenwirken der Materialien und vom Zusammenhang gezeichneter und wirklicher Maße. "Hier wird besonders deutlich, woran frühzeitig beim theoretischen Entwurf gedacht werden muss", sagt die Studentin.

Mit ihrem derzeitigen Büropraktikum, das Esma im Büro Grundmann + Hein absoplviert, ist sie sehr zufrieden. "Hier betreue ich teilweise das Telefon, bekomme also genau mit, wer mit dem Büro zusammen an welchen Bauvorhaben arbeitet. Außerdem habe ich die Aufgabe, Entwürfe für den Eingangsbereich der Freilichtbühne am Stadtpark zu erstellen".

Natürlich ist die Studentin auch froh, dass sie während des Praktikums etwas verdient, denn seit zwei Semestern muss sie 750 Euro Semestergebühr für ihr Studium zahlen. Überhaupt sei das Studium teilweise recht teuer, meint Esma, da man für manche Fächer Skizzenpapier, großformatige Blätter, Stifte oder auch Material für den Modellbau kaufen müsse.