Zuerst die eigenen Stärken und Ziele herausfinden.

Weiter zur Schule gehen, weil sie nicht wusste, was sie sonst machen sollte, das konnte Janina Johnßon irgendwann nicht mehr. "Meine Leistungen wurden immer schlechter. Ich war total unzufrieden", erzählt die inzwischen 19jährige. Die Berufsberaterin in der Arbeitsagentur riet zur Floristin, weil die Gymnasiastin kreativ tätig sein wollte. "Aber das war überhaupt nicht mein Ding." Schließlich drückte Mutter Johnßen ihrer Tochter eine Visitenkarte in die Hand: Die von Martina Maushake, Beraterin für berufliche Orientierung. Diese weiß: "Es ist immer leichter, sich im Gespräch mit seinen Bedürfnissen, Talenten und Qualifikationen auseinander zusetzen." Die individuellen Stärken sichtbar machen, das ist die Devise der Berufsberaterin: "Wir gucken viel zu wenig auf das, was gut bei uns läuft."

Im Einzelcoaching traten Janinas Stärken schnell zutage. "Sie wollte sich praktisch beweisen, mit Farben und Formen arbeiten und beim Thema Mode und Kosmetik leuchteten ihre Augen", sagt Martina Maushake. Am Ende besaß Janina eine Berufe-Tabelle und ganz oben stand Gestalterin für visuelles Marketing, seit 2004 neue Bezeichnung für den Schauwerbegestalter. "Das ist kreativ und gestalterisch, das würde ich gerne machen", weiß Janina, nachdem sie das Gymnasium für ein halbjähriges Praktikum in der Dekorationsabteilung bei Karstadt abgebrochen hat. Aber die Ausbildungsplatzsuchende weiß inzwischen auch, dass sie vermutlich nur über Umwege in ihrem Traumberuf landen wird, denn Karstadt bildet keine Gestalter für visuelles Marketing mehr aus und von anderen Ausbildungsbetrieben hagelte es Absagen. "Die nehmen nur Abiturienten oder Leute mit mehr praktischer Erfahrung." Aber Janina will nicht länger warten, sie hat sich fest vorgenommen, in diesem Jahr eine Ausbildung anzufangen. "Ich will endlich loslegen, richtig arbeiten."

Um sich etwas Geld zu verdienen, hat sie zwischendurch bei der Parfümeriekette Douglas gejobbt. Das hat ihr ebenfalls Spaß gemacht. "Ich könnte mir auch eine Ausbildung zur Malerin oder Einzelhandelskauffrau vorstellen", sagt Janina. Bei diesem Prozess der Berufsfindung wird sie von ihrem Coach begleitet. "Kein Mensch hat nur eine Fähigkeit. Es gibt immer Alternativen, wenn ein Berufsweg aus formalen Gründen versperrt ist", sagt Trainerin Maushake.

Davon geht auch die Arbeitsagentur aus. Nur, dass sich die Berater hier nicht so viel Zeit für jeden einzelnen Fall nehmen können. "Ich habe bis zu einer Stunde Zeit für eine Einzelberatung", erklärt Arbeitsagentur-Beraterin Sabine Musall. Damit die sinnvoll genutzt werden kann, sollte der Schulabgänger schon ein wenig Vorarbeit leisten. Wer bin ich, was kann ich, wo will ich mich selbst einbringen, sind die ersten Fragen, die beantwortet werden müssen. Im zweiten Schritt sollten dann mindestens ein Bereich und mehrere Berufe gefunden werden, die zu diesem Angebot passen. Die Schulabgänger beschäftigten sich zu wenig mit den berufskundlichen Materialien, bedauert Sabine Musall. "Die kennen oft nur einen gängigen Ausbildungsberuf und der soll es dann unbedingt sein."

Dabei sind die Informationen über unterschiedliche Ausbildungswege und Berufe schier unerschöpflich. "Kein Jugendlicher kann sich hinter der Behauptung verstecken, er habe nichts gewusst", so Agentursprecher Knut Böhrnsen. Es gebe die Berufsorientierung in der Schule, Praktika und das Berufsinformationszentrum BIZ. Wen diese Informationsdichte erschlägt, der verteilt die Berufserkundung am besten auf mehrere Schultern. "Jugendliche könnten sich gegenseitig interessante Berufe vorstellen", schlägt Martina Maushake vor.