Berlin. Der perfekte Begleiter für überall oder nur ein großer Kompromiss? Die vielseitige Spielkonsole Switch von Nintendo im Alltagstest.

Mit so viel Euphorie ist wohl schon lange keine neue Spielkonsole mehr vorab bedacht worden wie die Nintendo Switch. Seit vergangenem Freitag ist das Spielgerät zu Preisen zwischen 330 und 350 Euro erhältlich – in den meisten Shops aber bereits wieder ausverkauft.

Doch ist die Switch die Aufregung wert? Und geht das Konzept der Heim- und Unterwegsdaddelei auf? Wir haben den Spiele-Zwerg im Alltag ausprobiert.

Vielseitige Spaßmaschine

Das absolute Alleinstellungsmerkmal der Switch ist die Vielseitigkeit. Ihr Kern ist im Prinzip ein kompaktes Tablet mit 6,2-Zoll-Touchscreen. Im Mobil-Modus sind links und rechts die beiden „Joy-Cons“ angebracht, so nennt Nintendo die neuen Controllereinheiten. Sie lassen sich abziehen und jeweils als einzelne Controller nutzen, so dass man Spiele auch zu zweit daddeln kann. Das Display stellt man – integriertem Klappständer sei Dank – dabei einfach auf den Tisch.

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    Ist man zu Hause, schiebt man die Switch dagegen in ein kleines Dock, das mit dem Fernseher verbunden ist – und nach wenigen Augenblicken spielt der Nutzer das Spiel am TV weiter, das er eben noch im Bus gezockt hat. Die Joy-Cons werden dann auf ein Gamepad-Gestell geschoben.

    Darüber hinaus fungieren die Joy-Cons auch – wie bei der Wii – als Bewegungssteuerung. Entsprechende Halteschlaufen, die verhindern, dass die Controller beim Herumwirbeln versehentlich zu gefährlichen Geschossen werden, liegen ebenfalls in der Packung.

    Das hat uns begeistert

    Für viele Spieler dürfte sich genau dieser Moment magisch anfühlen: Das neue „Zelda“ auf der Switch am Fernseher spielen, die Konsole dann auf dem Weg zu einer Verabredung einfach mit in den Bus nehmen und weiterspielen. Das konnte bislang noch keine Konsole. Und tatsächlich: Dieser Wechsel – der namensgebende Switch – zwischen TV und mobiler Konsole funktioniert so reibungslos wie beworben.

    Gut, man muss die beiden Joy-Cons noch umstecken, aber das ist schnell gemacht. Auf dem TV werden Spiele dann mit bis zu 1920 mal 1080 Bildpunkten angezeigt – das Switch-Display zeigt dagegen nur 1280 mal 720 Pixel. Das verbaute Panel ist ausgezeichnet: hell, farbstark und blickwinkelstabil – nur in knallender Sonne kommt es an seine Grenzen.

    Überhaupt wirken die einzelnen Bauteile recht solide, die Joy-Cons lassen sich über eine Schiene gut an Switch, Controllergerüst oder Halteschlaufen anbringen und sitzen sicher. Auch die Batterielaufzeit im Handheldmodus ist ordentlich: Grafisch aufwendige Spiele wie „Zelda“ zwingen den Akku nach rund drei Stunden in die Knie, bei anderen Titeln kann man locker über vier Stunden spielen, bis die Switch wieder ans Ladegerät muss.

    Auch die Möglichkeit, spontan unterwegs einfach eine Partie „Super Bomberman R“ gegeneinander zu spielen oder im Wohnzimmer die Joy-Cons zu „Just Dance 2017“ durch die Gegend zu wirbeln, macht einfach Spaß. Nintendo hat mit der Switch viel richtig und es vor allem besser als bei der Wii U gemacht.

    Das geht noch besser

    Letztlich erfordert diese Vielseitigkeit aber einige Kompromisse: So sind die beiden Joy-Cons bei Weitem nicht so ergonomisch wie etwa der Controller der Xbox One. Die von anderen Testern berichteten Verbindungsabbrüche mit dem linken Joy-Con konnten wir allerdings nicht nachvollziehen.

    Größter Kritikpunkt der Nintendo Switch: Es gibt aktuell nur wenige Spiele.
    Größter Kritikpunkt der Nintendo Switch: Es gibt aktuell nur wenige Spiele. © dpa-tmn | Andrea Warnecke

    Etwas ärgerlicher ist schon, dass Nintendo sich mit 32 Gigabyte Speicher begnügt hat – der dürfte bereits nach einer Hand voll von Spielen aus dem Online-Store an seine Grenzen stoßen. Immerhin kann man den Speicherplatz per SD-Karte nachrüsten. Auch die Tatsache, dass man – wenigstens derzeit – keine Bluetooth-Kopfhörer anschließen kann, ist wenig nachvollziehbar, schließlich nutzt die Konsole Bluetooth auch für die Joy-Cons.

    Der aktuell größte Kritikpunkt ist aber, dass es aktuell nur so wenige Spiele gibt. Der Starttitel „Legend of Zelda: Breath of the Wild“ ist zugegebenermaßen ein Meisterwerk. Dazu gibt es noch eine Handvoll von sehr guter („Shovel Knight“) bis guter („Snipper Clips“, „Just Dance“) Titel – aber das war’s. Zwar sind bereits etliche spannende Titel für das nächste halbe Jahr angekündigt, schöner wäre aber, wenn sie schon jetzt verfügbar wären.

    Fazit: Großes Potenzial

    Immerhin, das Spieleangebot dürfte in den kommenden Monaten deutlich breiter werden, und der Charme der Überall-Konsole bleibt ein starkes Argument. Ob Nintendo mit der Switch auch kommerziell der große Wurf gelingt, wird sich im Verlauf des Jahres zeigen – die Chancen stehen aber deutlich besser als vor fünf Jahren bei der Wii U.

    Wer auf die neuste 4K-Grafik zugunsten der neuen Bewegungsfreiheit verzichten kann, bekommt mit Nintendos Switch eine tolle Plattform. Sie mag nicht perfekt sein – aber dichter dran, als alle ähnlichen Ansätze davor. Und bis die Konsole wieder erhältlich ist, gibt es vielleicht auch schon ein paar weitere Spiele.