Für die Bestimmung der Blutwerte spielt der Zeitpunkt der Blutentnahme eine wichtige Rolle. Tippsvon der Expertin Dr. Susanne Huggett.

Wer durch den Eingang des Labors Medilys im Erdgeschoss der Asklepios Klinik Altona kommt, hört Geräusche wie an der Supermarktkasse: Medizinisch-technische Assistentinnen (MTAs) scannen mit einem Lesegerät die Barcodes ein, die auf den Hunderten von Blutröhrchen aufgeklebt sind. Den ganzen Tag über treffen neue Röhrchen ein. "Im Computer wird gleich erfasst, welche Blutwerte bestimmt werden sollen", sagt Dr. Susanne Huggett, Ärztliche Leiterin der Medilys Laborgesellschaft, einer Tochtergesellschaft des Krankenhausbetreibers Asklepios.

Ein großer Teil der Röhrchen wird anschließend von den MTAs zur neuesten Errungenschaft des Zentrallabors gebracht: einer 23,7 Meter langen Laborstraße, die als U geformt ist. Sie hat Platz für 150 Blutröhrchen gleichzeitig, die nach dem Abladen in einer Art Sammel-Trichter automatisch aufgestellt werden und dann die verschiedenen Analyseprozesse durchlaufen. Mithilfe des Barcodes erkennt die Straße, um welche Probe es sich handelt.

Die EDV steuert die weitere Analytik und somit auch, welche Analysen durchgeführt werden sollen und an welchen Analyseautomaten: Cholesterin, der Nierenwert Kreatinin oder die Konzentration eines Herzmedikamentes. Etwa 130 Blutwerte können beim Wandern über das Laufband bestimmt werden, das laut Huggett auch scherzhaft mit einer Carrerabahn verglichen wird. "Wenn es schnell gehen muss und notfallmäßig Blutanalysen gemacht werden müssen, dann gibt es auch eine Überholspur." Die Ergebnisse werden wiederum in die Labor-EDV eingespeist und von den MTAs auf Sinnhaftigkeit überprüft.

Im Jahr 2010 wurden an den sieben Medilys-Standorten in Hamburg mehr als 10,5 Millionen Blut-, Urin- und Stuhlproben analysiert sowie Tests an Wundabstrichen oder anderen Körperflüssigkeiten durchgeführt. Zudem wird überprüft, welche Antibiotika bei einem bakteriellen Infekt noch wirken oder ob die Krankheitserreger schon Resistenzen gegen die Medikamente gebildet haben.

Das kleine Blutbild, die Elektrolyte im Blut und die Blutgerinnung zählen zu den häufigsten Untersuchungen. Seltene Tests wie zu Tropenkrankheiten leiten die Mitarbeiter an Speziallabors weiter. "Bei etwa 70 Prozent der Diagnosen tragen die Laboruntersuchungen wesentlich zur Erkennung einer Erkrankung bei", sagt Huggett. "Laboranalysen bilden die Basis für die Diagnose bei einem großen Teil aller Erkrankungen."

Ein typisches Beispiel ist die Zuckerkrankheit. Wenn ein Diabetiker in Ohnmacht fällt, muss geklärt werden, ob er zu viel oder zu wenig Zucker im Blut hat, um ihn zu behandeln. Es gibt zwar klinische Zeichen, die auf das eine oder andere hindeuten. "Richtig wissen kann man es aber erst nach dem Bluttest." Auch zur Risikoabschätzung bei einer familiären Häufung von Schlaganfällen oder Herzinfarkten können Blutanalysen hilfreich sein. "Die Blutfettwerte geben einen Einblick, ob bei dem Patienten ein erhöhtes Risiko für solch ein Ereignis vorliegt", sagt Huggett. Hat ein Patient Zeichen einer Lungenentzündung wie stark steigendes Fieber und heftigen Husten und fühlt sich sehr krank, kann im Blut mit einer Blutkultur nach Pneumokokken gefahndet werden, dem häufigsten Auslöser einer Lungenentzündung. "Aber: Kein Labor ohne Klinik", sagt die Medizinerin. "Die Laborwerte müssen immer in Zusammenhang mit den Symptomen oder der Konstitution des Patienten gesehen werden. Man sollte sich nie allein auf Laborwerte verlassen.

In den Kliniken stehen die Blutentnahmen mit als Erstes auf dem Tagesprogramm, und üblicherweise bestellen Ärzte ihre Patienten morgens nüchtern zur Blutentnahme. Der Patient sollte also noch nichts gegessen haben. Bei Frühaufstehern kann dies mitunter schwierig werden, ebenso wenn notwendige Medikamente mit einer Mahlzeit eingenommen werden müssen.

"Am besten besprechen Sie mit dem Arzt, welche Werte überprüft werden müssen und ob man wirklich nüchtern kommen muss", sagt Huggett. Dies ist der Fall bei Tests zu Blutfettwerten wie Cholesterin, in der Regel auch bei der Blutzuckerbestimmung oder bei Eisen-Werten. "Überspitzt gesagt: Dann sollte man kein Lachsbrötchen mit Butter vorher essen", sagt Huggett. Andere Parameter im Blut wie Leber- oder Nierenwerte sowie die Zahl der Blutkörperchen bei einem Blutbild reagierten hingegen nicht so stark auf die Nahrungsaufnahme. Ein Hungern bis zum Arztbesuch sei oft nicht nötig.

Kniffelig wird es allerdings bei der Bestimmung von Hormonen wie den Schilddrüsenhormonen. Diese unterliegen einem Tagesrhythmus, die Werte können zu unterschiedlichen Tageszeiten schwanken. "Den Zeitpunkt der Blutentnahme sollte der Arzt im Blick haben, vor allem, wenn es um die Einstellung der Dosis von Medikamenten geht", sagt Huggett. Ideal wäre es, vor der Einnahme von Schilddrüsenhormonen oder anderen Medikamenten Blut abzunehmen, um die Konzentration im Blut zu messen. " Daher lautet der Expertenrat: Patienten sollten nachfragen, welches Verhalten sinnvoll ist.