Hamburg. Der Garten einer Hamburger Villa wurde zu den schönsten Privatgärten des Jahres 2016 gekürt. Aber auch das Haus selbst beeindruckt.

Heute kann man es sich nicht mehr vorstellen: Das Stadthaus mit der strahlend weißen Putzfassade von der sich die schwarz gerahmten Fenster und die edle, ebenfalls in Schwarz gehaltene Haustür kontrastreich absetzen, war vor wenigen Jahren unscheinbar, um nicht zu sagen: unansehnlich. „Wenn uns Freunde gefragt haben, welches Haus habt ihr denn gekauft, dann lautete meine Antwort: Schaut nach dem hässlichsten Haus in der Straße mit gelblicher Riemchenfassade. Das ist es“, erzählt Veronika S..

Heute gehört die Villa zu den schönsten Gebäuden in der Straße – und beeindruckt nicht nur Passanten und Besucher, sondern auch Fachjuroren. Das gleich in mehrfacher Hinsicht: So wurden der vordere und hintere Teil des Grundstücks durch die Hamburgerin Hilde Lena Burke und ihr Büro Flora Toskana so beeindruckend neu gestaltet, dass der Garten zu einem der schönsten Privatgärten des Jahres 2016 ausgezeichnet wurde und Eingang in das Buch „Gärten des Jahres. Die 50 schönsten Privatgärten 2016“ (Callwey Verlag, 59,95 Euro) fand. Wenig später erhielt das Hamburger Büro Peter Andres den Lichtdesignpreis 2016 in München: Es hat in enger Zusammenarbeit mit Veronika S. viele Leuchten und Lichtsysteme eigens für diese Villa entwickelt. Dabei ist es fast schon zu atemberaubenden Inszenierungen in den Bädern und im Flur gekommen.

Abbild der Wohnvorstellungen

Wer auf die Villa zugeht und sie betritt, spürt sofort: Hier leben Menschen, die Gefallen finden an Sichtachsen und klarer Linienführung. Von „Geometrie in Perfektion“ spricht denn auch die Jury, die die Gartengestaltung zu bewerten hatte. Der Hausbesuch macht schnell klar: Damit ist es der Hamburger Gartengestalterin gelungen, ein Abbild der Wohnvorstellungen von Veronika S. und ihrem Mann im Outdoorbereich zu schaffen. Ihre Arbeit stand aber auch unter einem guten Stern, wie sich zeigt. „Ich bin seit Jahrzehnten gut mit Veronika befreundet“, verrät Hilde L. Burke. Sie habe daher gut einschätzen können, was ihr und dem Hausherrn gefalle: eine klare Linienführung sowie wenige, dafür aber hochwertige Materialien, die sparsam zum Einsatz kommen.

Die Hausherrin nickt bestätigend. „Unser Garten sollte wie eine Erweiterung des Lebensraumes wirken“, sagt die 60-Jährige. Der wurde von ihr mit Präferenz für Purismus geschaffen – nachdem der Altbau unter Leitung von Architekt Lars Wittorf völlig entkernt worden war. Nur mit dem Notwendigsten sind jetzt die Räume möbliert, Formen und Materialien treten dafür in den Vordergrund. Beeindruckend im Erdgeschoss: die tragende gut vier Meter hohe Wand, verkleidet mit Schwarzblech – „um ihre statische Funktion sichtbar zu machen“, wie die Hausherrin erläutert.

Treppe wirkt wie Kunstfigur

Bewundernd bleibt man auch vor der skulptural wirkenden Treppe stehen, die sich wie eine Schlange bis zum Dachgarten hinauf windet. Die kleinteilige Schalungsstruktur in der Treppenuntersicht wirkt so künstlerisch, dass spontan darauf verzichtet wurde, sie zu verputzen. Stattdessen entwarf das Büro Peter Andres ein Lichtkonzept, dass die Treppe wie eine Kunstfigur inszeniert. Stolz ist die Hausherrin auch auf ein anderes Detail: Von einer Stelle der Treppe aus blickt man auf den exakt mittig gesetzten Kamin im langgestreckten Wohn- und Esszimmer. Es ist eine der vielen Sichtachsen, die den Hausherren so viel Freude bereiten – und die sie auch im Garten vorfinden.

Denn ebenfalls über eine Treppe mit Stufen aus Kirchheimer Muschelkalk wird der Abgang vom geschützten Sitzplatz im Hochparterre in den unterhalb liegenden, von Wegen und Beeten klar strukturierten Garten inszeniert. Nichts erinnert mehr daran, dass hier früher nur eine plane Rasenfläche zu sehen war. Eine der wenigen Vorgaben, die Veronika S. ihrer Freundin machte: kein Rasen! Burke legte daraufhin drei Entwürfe vor. Ihre Idee, den Garten ebenso wie die Dachterrasse konsequent geometrisch anzulegen und einen Teil des hinteren Gartenstücks abzusenken, setzt sich durch. „Dadurch ergibt sich die Chance, eine Art Patio anzulegen, in dem man geschützt vor den Blicken der Nachbarn und vor dem Wind sitzen kann“, erläutert sie.

Gezielt gesetzte Farbtupfer

Wenn Veronika S. und ihr Mann hier Platz nehmen, schauen sie im Frühling auf die leuchtenden und satt purpurviolettfarbenen Blütenbälle des Kugellauchs (Allium purple sensation), die im angrenzenden Beet einen blühenden Rahmen bilden. Hier sorgen je nach Jahreszeit auch Schneeglöckchen und Tulpen neben Storchenschnabel für gezielt gesetzte Farbtupfer.

Auf die müssen die Hausherren auch im oberen Teil des Gartens nicht verzichten – auch wenn kugel- und quaderförmig geschnittene Eiben und Ilex Crenata hier Stil und Form vorgeben. Übrigens eine Arbeit, die die Hausherrin gern persönlich vornimmt – „mithilfe von selbst gefertigten Schablonen“, wie sie erzählt. Hochstammspaliere bilden links und rechts des knapp 257 Quadratmeter großen Gartens einen Rahmen, während in den Beeten Rosen und Rispenhortensien zu bewundern sind. Damit die Form auch in diesen Beeten gewahrt wird, kommt silbergrünes Currykraut zum Einsatz.

Zauberformel für einen schönen Garten

Auch Wasser spielt in diesem Garten eine Rolle, wenngleich eine rein optische, denn Veronika S. mag kein Plätschern hören. So beließ es Hilde L. Burke dabei, nur ein schmales Becken anzulegen, auf das man an einer Stelle wie von einem Steg aus blicken kann.

Kaum sichtbarer Clou an Stellen, wo der Sichtschutz nicht ausreichte: Fertig arrangierte Efeuwände, die vor allem im vorderen Teil des Grundstücks die gewünschte Abgrenzung zum Nachbarn erlauben. „Eine intelligente Lösung für Bereiche im Garten, die schlecht zu bepflanzen sind oder wo sich platzmäßig nicht die Chance ergibt, eine andersartige Begrenzung zu schaffen“, sagt die Expertin.

Ihr Tipp: Auf immergrüne, zweijährige Stauden und Blumenzwiebeln setzen, „weil man dann das ganze Jahr über einen gepflegten Garten hat“. Überdies könne man mit Töpfen, in denen man es kräftig blühen lasse, schöne Akzente zwischendrin setzen. „Idealerweise sollte man von seinem Lieblingsplatz auf etwas Schönes im Garten schauen!“

Veronika S. und ihr Mann haben hier sogar die Qual der Wahl: Sie blicken sowohl von der Küche als auch von der Dachterrasse aus auf die von ihnen so geschätzte Geometrie in Perfektion.