Tumore werden zielsicher mithilfe von Geräten aufgespürt. Über die Art der weiteren Therapie entscheidet die Erkrankung.

Mit einem Schlag verändert sich das ganze Leben. Jedes Jahr erhalten in Deutschland etwa 450.000 Menschen die Diagnose Krebs. Mehr als die Hälfte von ihnen bekommen eine Strahlentherapie (Radioonkologie). Diese ist neben der Operation und der Chemotherapie eine der drei Säulen der Krebstherapie. Es handelt sich um eine lokale Maßnahme, die ihre tumorzerstörende Wirkung räumlich begrenzt und hochpräzise nur innerhalb des Bestrahlungsfelds entfaltet. Eingebunden ist die Strahlentherapie in interdisziplinäre Behandlungskonzepte, erstellt von Ärzten verschiedener Fachrichtungen abgestimmt auf den Patienten.

Durch die Strahlentherapie werden die Krebszellen mithilfe ionisierender Strahlung oder Teilchenstrahlung zerstört. Dadurch sollen Tumoren kleiner werden, im Idealfall ganz verschwinden. Die Höhe der Gesamtdosis ist von der Art und Ausdehnung der Tumorerkrankung abhängig. Um die Strahlentherapie so schonend wie möglich durchführen zu können, werden jeweils kleine Portionen der Gesamtdosis eingestrahlt. Hierdurch erreicht man die Schädigung der Tumorzellen und eine Schonung des umliegenden, gesunden Gewebes. „Die extremste Form der Bestrahlung ist die sogenannte Radiochirurgie, bei der der Patient innerhalb eines Tages eine hohe Dosis erhält. Meistens wird es beim Karzinom im Kopfbereich angewendet“, sagt Professor Florian Würschmidt von der Radiologischen Allianz Hamburg. Er ist auf der aktuellen „Focus“-Liste als Top-Mediziner vertreten. Das andere Ex- trem sind Strahlentherapien, die acht Wochen lang jeden Tag erfolgen, zum Beispiel bei einem Prostatakarzinom.

Prof. Florian Würschmidt
Prof. Florian Würschmidt © HA

Grundsätzlich gibt es mehrere Bestrahlungsarten. Am häufigsten ist die Bestrahlung von außen durch die Haut mit Linearbeschleunigern. Die modernen Geräte lokalisieren die Tumorregion mit einer Genauigkeit von weniger als einem Millimeter und verfolgen diese während der Bestrahlung genau. Sollte sich die Position des Tumors verändern – zum Beispiel aufgrund von Atembewegungen – wird die Bestrahlung unterbrochen. „Von allem spürt der Patient nichts. Die Sitzung dauert nur wenige Sekunden oder Minuten und ist dank neuer Technik absolut sicher“, sagt Würschmidt.

Bei der Brachytherapie wird die Strahlenquelle direkt am Tumor oder an der Stelle im Körper platziert, wo er sich befindet. Die Strahlung hat nur eine geringe Reichweite von wenigen Millimetern. Dafür ist es möglich, das Tumorgewebe mit einer besonders hohen Dosis zu bestrahlen. Geeignet ist sie unter anderem für die Behandlung von Gebärmutterhalskrebs, Prostatakrebs oder Kopf-Hals-Tumoren.

Eine spezielle Form der Bestrahlung von innen ist das sogenannte Afterloading, praktiziert zum Beispiel am UKE und in der Asklepios Klinik St. Georg. Der Tumor wird dabei mit Schläuchen, Hohlröhren oder Hohlnadeln „gespickt“. Danach werden die Strahlenquellen eingebracht und am Ende der Therapie wieder entfernt. „Eingesetzt wird das Afterloading beispielsweise bei Gebärmutter- und Gebärmutterhalskrebs und für Prostatakarzinome“, erläutert Würschmidt.

Schließlich gibt es noch die nuklearmedizinische Strahlentherapie, bei der radioaktive Substanzen verwendet werden. Diese gelangen durch den Stoffwechsel in das betroffene Organ, wo sie die krankhaften Zellen zerstören und anschließend zerfallen. Angewendet wird diese Art der Strahlentherapie zum Beispiel bei Knochenmetastasen.

Wie die Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) mitteilt, hat sich die Strahlentherapie in den letzten 20 Jahren rasant weiterentwickelt. So haben sich zum Beispiel die bildgebenden Verfahren und die Strahlentechniken enorm verbessert. Würschmidt: „Durch die bessere Charakterisierung der Tumoren und zunehmendes Wissen über deren unterschiedliches Verhalten können wir die Therapien individueller gestalten. Dies bedeutet kürzere und weniger aggressive Verfahren mit niedrigem Risikopotenzial für einen Rückfall.“ Bei Typen des Mammakarzinoms sei beispielsweise nur eine während der Operation stattfindende Bestrahlung notwendig, bei besonders giftigen und streuenden Typen wird intensiver denn je bestrahlt.

Schließlich ermöglichen punktgenaue Bestrahlungstechniken Metastasen dort zu beseitigen, wo eine chirurgische Operation zu riskant wäre. Moderne Bestrahlungsgeräte richten die Strahlen von mehreren Seiten in teilweise sehr hohen Einzeldosen auf ihr Ziel und zerstören den Tumor wie ein Brennglas. Das Verfahren heißt stereotaktische Strahlentherapie (Stereotaxie) und wird etwa bei Karzinomen in der Lunge eingesetzt.