Hamburg/Berlin. In mehreren Bundesländern beginnen die Ferien. Experten rechnen mit langen Staus am Wochenende. So kommen Sie sicher an Ihr Ziel.

Heute ist in vielen Bundesländern der letzte Schultag. Spätestens ab dem Wochenende wird es auf den deutschen Autobahnen daher wieder richtig voll. Stau führt zu Stress und Frustration. Fast eine halbe Million Mal stand der Verkehr auf deutschen Autobahnen laut ADAC 2014 still.

„Stau hat den Charakter des Chaotischen, ist nicht vorhersehbar. Wir leben in einer planbaren Gesellschaft, das gefällt uns nicht“, meint Stauforscher Michael Schreckenberg von der Universität Duisburg-Essen. Damit die Fahrt in den Urlaub nicht quälend wird, gibt Christian Buric vom ADAC einige Tipps.

Wie entsteht eigentlich ein Stau?

„Stau entsteht immer dann, wenn unterschiedliche Geschwindigkeiten aufeinandertreffen“, sagt Buric. Dann müssen mehrere Autos abbremsen - und so kommt es zu einer Kettenreaktion. So ist es möglich, dass ein Stau scheinbar aus dem Nichts entsteht.

Stau-Risiko besteht darüber hinaus vor allem an Engpässen wie Bau- oder Unfallstellen. Davon gibt es zur Zeit reichlich auf den Autobahnen der Republik: Über 400 sind dem ADAC bekannt. Nach Angaben des Stuttgarter Stauforschers Markus Friedrich liegt die Kapazität der Autobahnen im Schnitt bei rund 2000 Fahrzeugen pro Fahrstreifen und Stunde. Nach seiner Faustregel führen 100 Fahrzeuge mehr zu einem Kilometer Stau.

Wie können Autofahrer einen Stau vermeiden?

Besonders in den Sommerferien ist auf vielen Autobahnen mit Staus zu rechnen, die weitaus länger sein können als außerhalb der Ferien. Gerade sonnabends ist damit zu rechnen - denn das ist der beliebteste An- und Abreisetag.

Karte mit Top Ten der Staustrecken 2014
Karte mit Top Ten der Staustrecken 2014 © dpa-infografik | dpa-infografik GmbH

„Wer die Möglichkeit hat, sollte deswegen erst sonntags oder montags losfahren“, rät Buric. Auch die Tageszeit spielt eine Rolle: „Vor- und nachmittags ist mehr los als in den frühen Morgenstunden.“ Deswegen sollten Autofahrer möglichst früh losfahren, am besten schon in der Nacht. Erfahrungsgemäß seien vor allem die großen Nord-Süd-Verbindungen stark frequentiert.

Was hilft, wenn man dann doch in einen Stau gerät?

Für den, der einmal im Stau drinsteckt, gibt es kaum ein Entkommen, sagt Buric. Viele sehen Rettung in der nächsten Abfahrt - und sind damit nicht alleine. „Deswegen hilft das in der Regel nicht weiter“, sagt der Experte. Oft gebe es auf den Landstraßen hinter der Ausfahrt neue Staus, und die Ausweichstrecken sind verstopft.

Darf man bei Stau auf den Standstreifen ausweichen?

Entschiedenes Nein vom Experten: „Der Standstreifen ist tabu“, sagt Christian Buric. Doch vereinzelt gebe es Ausnahmen. Die sind dann durch Schilder gekennzeichnet, die den Standstreifen als eine - in der Regel dritte - Fahrspur ausweisen.

Wenn gar nichts mehr geht: Dürfen Insassen kurz aussteigen?

Eigentlich ist das laut Straßenverkehrsordnung auch im Stau nicht erlaubt und wird mit einem Bußgeld von 10 Euro geahndet - doch wenn auf der Autobahn gar nichts mehr geht, macht die Polizei schon mal eine Ausnahme.

„Solche Fälle werden in der Regel nicht verfolgt“, sagt Buric. Er rät Insassen jedoch, sich nie weit vom Auto zu entfernen, schließlich kann sich der Stau genau so schnell wieder auflösen, wie er entstanden ist. Und zu bunt sollten es Reisende nicht treiben: „Fußballspielen auf dem Standstreifen geht entschieden zu weit.“

Wo ist die Rettungsgasse zu bilden?

Obwohl es jeder in der Fahrschule gelernt hat, weiß es schon kurz danach kaum einer mehr: Wo genau ist die Rettungsgasse zu bilden? „Das ist eigentlich gar nicht so schwer“, sagt der Experte. Bei zweispurigen Autobahnen müssen Rettungsfahrzeuge in der Mitte durchpassen, bei Straßen mit drei Spuren zwischen der linken und der mittleren Fahrspur.

Wie lang standen die Autos 2014 auf den Autobahnen?

Fast eine halbe Million Mal stand der Verkehr auf deutschen Autobahnen laut ADAC 2014 still - ein Rekord. Insgesamt summierten sich die gemeldeten Staus auf eine Dauer von 285.000 Stunden – umgerechnet mehr als 32 Jahre. Aber: Die Steigerung geht vor allem auf die genauere Erfassung der Verkehrslage zurück. Stauscanner registrieren über GPS die Handydaten von Autofahrern, Lastwagen-Flotten werten Reisedaten systematisch aus - so entstehen genauere Staubilder als früher. „Die Detektionsrate wird immer besser“, bestätigt Stauforscher Friedrich.

Wo gibt es den meisten Stau?

Hinsichtlich der Staukilometer lagen laut ADAC 2014 erneut Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg an der Spitze. Nordrhein-Westfalen ist ein riesiger Ballungsraum mit einem dichten Netz an Autobahnen. In Bayern und Baden-Württemberg rollt besonders viel Ferienverkehr Richtung Süden. Auf diese drei Bundesländer entfielen 63 Prozent aller Staukilometer. „Die fünf klassischen Ferienstaurouten sind A1, A3, A7, A8, A9“, sagt ADAC-Sprecher Johannes Boos.

Wie sieht es mit der Zukunft der Staus aus?

Navigationsgeräte werden immer präziser, die Beseitigung von Störungen schneller. Trotz technischer Neuerungen und sagt Experte Schreckenberg: „Stau wird es immer geben.“ Die Straßen könnten laut Friedrich nicht beliebig erweitert werden. „Als Verkehrsplaner kriegen sie Ärger, wenn es nie Stau gibt. Dann haben sie überdimensioniert“, sagt er. Schreckenberg findet aber, dass der Stau zum Urlaub gehört: „Kommt er nicht, hat man was falsch gemacht. Er ist wie die Tür zum Urlaub.“