Der Gang zum Sozialamt wird oft notwendig, wenn die Eltern pflegebedürftig sind, aber nur eine niedrige Rente erhalten

Für viele pflegebedürftige Senioren stellen sich nicht die Fragen: Möchte ich lieber von den Kindern betreut werden, soll der Pflegedienst dreimal am Tag kommen oder ist es in einem Altenheim schöner? Es geht vielmehr um die Finanzierung und die Frage: Kann ich das bezahlen?

Dazu ein Beispiel: Für einen Bewohner mit der Pflegestufe 2 stellt das Altenheim jeden Monat eine Rechnung über 3332,82 Euro aus. Die Pflegekasse übernimmt davon 1330 Euro, so dass ein Eigenanteil in Höhe von 2002,82 Euro übrig bleibt. Doch viele Menschen haben eine geringere Rente und sind nicht in der Lage, das Geld für die Pflege selbst aufzubringen. In diesen Fällen springt der Staat für seine Bürger ein, und ihnen bleibt nur ein Taschengeld von 107,73 Euro. Doch der Gang zum Sozialamt bleibt den Betroffenen nicht erspart, sie müssen ihr Einkommen, ihr Vermögen und ihre Eigentumsverhältnisse offenlegen. Auch bei den Kindern wird geprüft, ob von ihnen Geld zurückgefordert werden kann. Viele Senioren fragen sich: Was müssen Kinder für ihre Eltern zahlen?

Selbstbehalt-Beispiel: Was bleibt einer Tochter zum Leben?

Unterhaltspflichtig sind ausschließlich Familienangehörige ersten Grades: Dazu gehören Kinder, nicht aber Enkel oder Geschwister. Gemäß den Richtlinien des Oberlandesgerichts Hamburg wird ab Januar 2015 jedem Kind ein sogenannter Selbstbehalt zugebilligt: 1800 Euro pro Monat. Das heißt: Wer ein Nettoeinkommen bis zu dieser Höhe hat, braucht keine Zahlungen an das Sozialamt für die Pflege seiner Eltern zu leisten. Bei der Berechnung des Selbstbehalts können die Warmmiete beziehungsweise Wohngeld und Darlehen bei Immobilien geltend gemacht werden. Allerdings nur, wenn die Kinder hier selbst wohnen. Monatliche Raten für Kredite werden bei der Unterhaltsprüfung anerkannt, die alle zwei Jahre erfolgt. Berücksichtigung finden weiterhin Versicherungsbeiträge, Fahrtkosten zum Arbeitsplatz und vorrangige Unterhaltszahlungen.

Ein Fallbeispiel: Eine Tochter hat ein monatliches Gesamteinkommen in Höhe von 2100,73 Euro. Darin enthalten sind Urlaubs- und Weihnachtsgeld, abgezogen wurden Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung sowie vermögenswirksame Leistungen. Nach Abzug berufsbedingter Ausgaben (Fahrtkosten, Gewerkschaftsbeiträge, Arbeitsmittel) in Höhe von 128,55 Euro, Versicherungsbeiträgen (100,40 Euro) sowie Ratenzahlungen (88 Euro) ergibt sich ein unterhaltsrelevantes Einkommen in Höhe von 1783,78 Euro. Damit liegt dieses unter dem Selbstbehalt, und die Tochter muss keine Zuzahlung für die Pflegekosten der Mutter leisten.

Darf das Sozialamt das Sparguthaben der Tochter einfordern?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 30. August 2006 einer wirtschaftlichen Überforderung der Kinder, die für ihre Eltern einen Teil der Pflegekosten übernehmen sollen, eine Grenze gesetzt. Die eigene Altersvorsorge soll nicht für die Pflege der Eltern aufgebraucht werden. Deshalb urteilt der BGH, dass neben der gesetzlichen und einer privaten Rentenversicherung auch ein weiteres Vermögen in Form von Bargeld, Wertpapieren und Girokontoguthaben für die eigene Altersvorsorge vom Sozialamt nicht eingefordert werden darf. Der BGH hält es für angemessen, dass die Kinder regelmäßig fünf Prozent ihres Bruttoeinkommens für die eigene Altersversorgung zurücklegen können. Im Laufe eines Arbeitslebens können leicht 100.000 Euro angespart werden.

Muss ein Schwiegersohn für die Pflege der Schwiegereltern zahlen?

Grundsätzlich gilt die Regelung nach § 1601 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Gesetzliche Unterhaltsansprüche zwischen Verwandten bestehen nur bei Verwandtschaft in gerader auf- oder absteigender Linie. Ein Schwiegersohn steht seitlich davon und muss deshalb nicht für die Schwiegereltern zahlen.

Mit wie viel Geld muss sich ein Sohn an der Pflege seiner Eltern beteiligen?

Ein alleinstehender Sohn hat ein „bereinigtes monatliches Nettoeinkommen“ in Höhe von 2250 Euro. Ihm stünde ein Selbstbehalt von 1800 Euro zu. Damit stünden 450 Euro als „unterhaltsrelevantes Einkommen“ zur Verfügung. Das Sozialamt darf davon allerdings nur die Hälfte einfordern, nämlich 225 Euro. Der Hintergrund ist, dass durch den Elternunterhalt die eigene Lebensweise des zahlenden Kindes langfristig nicht eingeschränkt werden soll.

Warum möchte das Sozialamt einen Einkommensnachweis vom Schwiegersohn?

Zwar ist dieser gegenüber der im Heim lebenden Schwiegermutter nicht unterhaltspflichtig. Dennoch muss auch der Schwiegersohn über seine finanzielle Situation Auskunft geben, um das Familieneinkommen berechnen zu können. Denn auch sein Einkommen ist maßgeblich, um zu errechnen, inwieweit sich die Tochter an den Pflegekosten ihrer Mutter beteiligen muss.

Ein Fallbeispiel: Eine Tochter hat ein monatliches bereinigtes Nettoeinkommen in Höhe von 1220 Euro, der Schwiegersohn hat 2440 Euro monatlich. Also zusammen 3660 Euro. Für Ehegatten gibt es einen weiteren Selbstbehalt in Höhe von 1440 Euro, sodass sich ein „Familienselbstbehalt“ in Höhe von 3240 Euro (1800 + 1440) ergibt.

Von den 3660 Euro werden 3240 Euro (Familienselbstbehalt) abgezogen. Auf die verbleibenden 420 Euro werden zehn Prozent, also 42 Euro, als „Haushaltsersparnis“ aufgeschlagen. Das Ehepaar liegt mit 462 Euro über dem Familienselbstbehalt. Davon würde die Hälfte (231 Euro) für Unterhaltszahlungen herangezogen.

Weil die unterhaltspflichtige Tochter jedoch nur ein Drittel (1220 von 3660 Euro) zum Gesamtfamilieneinkommen beiträgt, muss sie auch nur in diesem Verhältnis, und zwar 77 Euro, ans Sozialamt für die Pflege der Mutter zahlen.

Muss ein Rentner sein Häuschen für die Pflege seiner Eltern verkaufen?

Ein normales, selbst bewohntes Haus ist grundsätzlich geschütztes Vermögen. Es muss weder verkauft noch beliehen werden. So hat der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 7.8.2013 entschieden (AZ: XII ZR 269/12).

Was bleibt eigentlich dem gesunden Ehepartner zum Leben?

Nicht nur die Kinder, sondern auch die gesunden Ehepartner sind von einem Pflegefall finanziell betroffen. Muss der gesunde Ehepartner unter Umständen sogar seine Wohnung aufgeben, um die Pflegekosten für seinen Partners zahlen zu können?

In unserem Fallbeispiel lebt der Ehemann im Pflegeheim. Das Ehepaar hat zusammen ein Renteneinkommen in Höhe von 2000 Euro. Es ist zunächst das Ersparte für die Heimkosten einzusetzen. Erst wenn dieses unter dem Sockelbetrag von 3214 Euro liegt, springt die Sozialhilfe ein.

Zur Ermittlung des Beitrags für die Heimkosten werden der gesunden Ehefrau insgesamt 1698 Euro für Ausgaben vom Familieneinkommen anerkannt, und zwar Grundfreibetrag (798 Euro), Familienzuschlag (280 Euro), Kaltmiete (600 Euro), Versicherungsprämien (20 Euro pro Monat für Haftpflicht, Hausrat, Glas) sowie Schuldverpflichtungen und Kosten für eine Haushaltshilfe.

Von diesem „bereinigten Nettoeinkommen“ in Höhe von 302 Euro (2000 bis 1698 Euro) werden 70 Prozent als Kostenbeitrag gefordert (211,40 Euro) zuzüglich 223 Euro für die Einsparung der Verpflegung. Die Begründung dafür: Der Ehemann wird ja bereits im Heim mit Essen und Trinken versorgt.

Das heißt: Von 2000 Euro Rente bleiben dem gesunden Ehepartner 1565,60 Euro zum Leben. 434,40 Euro (211,40 + 223 Euro) sind für die Heimkosten des pflegebedürftigen Ehemanns abzuzweigen. Den Rest übernimmt das Sozialamt.