Erfahrungsbericht eines Hamburgers über seine Suche nach einer Immobilie. Seine Empfehlung: Nicht unter Druck setzen lassen und sich auch in der Nachbarschaft mal umhören.

Zum Abschied kam er dann doch. Der unvermeidliche Satz, den wir während unserer Suche so oft gehört hatten: „Sie sollten sich mit der Entscheidung nicht allzu lange Zeit lassen. Die Nachfrage ist derzeit sehr groß.“ Jeder Ratgeber zum Thema Hauskauf empfiehlt, sich bloß keinen zeitlichen Druck zu machen. Klingt gut. In der Theorie.

In der Praxis sieht das oft anders aus: Bewerber geben sich nicht selten die Klinke in die Hand. Beim Rausgehen wird daher nicht nur die Hausfassade, sondern auch gleich die Konkurrenz ums Eigenheim abgecheckt. Da fällt es natürlich schwer, wochenlang in Ruhe Vor- und Nachteile abzuwägen. Aber bei allen technischen Zahlen, Daten und Fakten rund um die Immobilie liegt das wichtigste Kriterium ohnehin ganz woanders: Bei dem Haus, das wir letztlich gekauft haben, sagte uns das Bauchgefühl nach einer halben Stunde Rundgang – das ist es!

Bis dahin war es ein weiter Weg. Eine Ochsentour durch Internet und Zeitungen – unzählige Gespräche mit Maklern, Bauträgern, Banken und Ämtern. Beinah jedes Wochenende ging es für uns auf Besichtigungs-Rundreise. Einige Grundstücke schauten wir auf eigene Faust an, für Besichtigungen bestehender Immobilien vereinbarten wir Termine. Auch nach Feierabend versuchten wir, Häuser anzugucken. Für eine gute Einschätzung sollte man die Immobilien aber im Hellen sehen.

Gleich beim ersten Objekt in Hamburgs Osten öffnet uns nicht der Makler die Tür, sondern die bisherige Besitzerin: „Der Makler geht gerade mit anderen Interessenten durchs Haus“, erklärt sie. Fehlstart. Immerhin: So gehen wir mit der Hausherrin durchs Haus. Sie kennt es ohnehin besser als der Makler. Warum sie das Haus verkaufe, fragen wir. Sie wolle altersgerecht auf einer Etage wohnen, sagt sie. „Einen kleinen Moment noch“, ruft uns der Makler entgegen, als er anderen Interessenten vom Keller vorschwärmt. Egal. Uns ist das Haus eh zu alt, zu teuer.

Höflich warten wir aber, bis sich der Makler zeigt. „Alles in einem Top-Zustand“, betont er. „Top-Lage, super angeschlossen.“ Na ja. Bis Hamburg dauert es ziemlich lange, etwa eine Stunde. Zu Fuß zum Bus, dann zum Regionalbahnhof, anschließend mit dem Zug weiter. Zum Abschied spricht er von dem „Betongold“ und dass derzeit alle in Immobilien investierten – und wir müssten uns bitte zeitnah entscheiden.

„Zeitnah“ – noch so ein schöner Begriff. Er sei bereits in zwei intensiven Gesprächen. Wochen später ist das Objekt noch immer im Netz zu finden, inzwischen 10.000 Euro günstiger. So goldig war der Beton scheinbar doch nicht. Unsere zweite Station führt uns Tage später in ein Musterhaus. Sieht klasse aus, alles ist schön eingerichtet und ausgeleuchtet. Der Preis ist ebenfalls gewaltig: Eine Doppelhaushälfte auf kleinem Grundstück soll in der Standardausrüstung 360.000 Euro kosten. Noch! Denn: „Wir müssen nächste Woche wohl die Preise erhöhen“, erklärt die Verkaufsberaterin. Von den sechs Bauplätzen seien nämlich bereits drei reserviert. Tatsächlich überlegen wir ein paar Tage, da bei einem Neubau eben alles neu wäre. Aber wir entscheiden uns dagegen.

Selbst zwei Monate später sind zwei Grundstücke immer noch nicht verkauft. So eilig hatten es die anderen Interessenten also nicht.

Dubios wird es eine Woche danach. Im Netz ist ein schönes Grundstück inseriert, nördlich von Hamburg. Gut angeschlossen. Die genaue Adresse will uns die Dame am Telefon nicht verraten. „Nachher gehen Sie noch zum Besitzer und verhandeln selbst mit ihm“, sagt sie. Man könne sich aber ja einmal zum Kaffee in ihrem Büro treffen. Dann wäre es auch einfacher, konkrete Objekte zu suchen. Hierfür müssten wir dann nur einen Vorvertrag unterschreiben. Bitte was, einen Vorvertrag? Der diene ja nur zur Sicherheit, damit wir dann auch tatsächlich mit dem Bauträger bauen, mit dem sie eine Kooperation habe, erklärt sie. Aha. Also arbeitet die Verkäuferin praktisch nur als Außenvertriebsstelle der Baufirma – auf Provisionsbasis. Das Grundstück, für das wir uns interessierten, sei vermutlich nächste Woche weg, sagt sie.

Von wegen. Bis zum Ende unserer Suche, ein halbes Jahr später, bleibt das Grundstück im Netz. Zuletzt für 229.000 statt 249.000 Euro.

Die Suche geht weiter: Der automatische Agent vom Internetportal meldet ein schönes Baugebiet in Hamburgs Norden. Schnell bei Google Maps eingegeben. Die Lage – gar nicht mal schlecht. Gut angebunden, sogar noch innerhalb der Stadtgrenze. Und nur noch ein Bauplatz frei. Also abends gleich hin. Beim Aussteigen rauscht ein Flugzeug über uns hinweg. Wir denken uns nichts dabei. Wenig später der nächste Flieger, danach noch einer. Wir fragen ein Pärchen. „Kaufen Sie hier bloß kein Grundstück!“, mahnt der Mann. „Sparen Sie lieber noch zwei, drei Jahre und kaufen woanders.“ Gerade erst hätte sich wieder eine Initiative gegründet, ergänzt seine Frau. Regelmäßig würde das Nachtflugverbot umgangen werden.

Inzwischen schauen wir uns auch im westlichen Umland um. Damit haben wir alle Himmelsrichtungen zusammen. Diesmal treffen wir uns mit einem Bauträger. Der Berater nimmt sich viel Zeit, erklärt alles, rechnet einige Varianten durch. Aber wie könnte es anders sein: „Wir haben bereits einige konkrete Anfragen.“ Wir verabreden uns, gerade erst fertiggestellte Musterhäuser der Firma anzuschauen. Leider eröffnet uns der Berater gleich zu Anfang, dass der Bauplatz, der für uns infrage kam, gestern verkauft worden sei. Den Rundgang könnten wir uns also eigentlich sparen. Zudem sind die Musterhäuser offenbar so neu, dass sie nicht einmal der Verkäufer findet. Wir fahren ihm einige Runden hinterher, bis wir die Häuser endlich erblicken.

Ein paar Tage später meldet das Internetportal ein Grundstück nördlich von Hamburg. Das Objekt macht auf den Bildern einen guten Eindruck. Doch bevor wir uns entscheiden können, kommt eine E-Mail: Das Objekt sei verkauft. Ärgerlich – immer wieder rief der Makler an und machte Druck. Bei einem anderen Bauplatz macht schon der Versuch, einen Termin vor Ort zu finden, wenig Mut: „Sie reihen sich weit hinten bei den Interessenten ein.“

Wenn es beim nächsten Haus nicht klappt, verschieben wir die Suche. Das angebotene Objekt hatten wir bereits auf dem Zettel, aber es war uns zu teuer. Hier sei aber noch Spielraum, erklärt der Makler. Wir schauen uns das Haus an. Als wir rausgehen, flüstert meine Freundin: „Das will ich haben!“ Sehe ich genauso. Selbst der Makler macht keine schlechte Figur. Dennoch kann auch er sich beim Abschied den Satz nicht verkneifen: „Bis nächste Woche sollten sie sich entschieden haben.“ Dabei steht das Haus bereits sechs Wochen im Internet. Egal – wir haben uns bereits zum Kauf dieses Hauses entschieden.