Die Entscheidung, ob bei Arthrose eine Operation erfolgt, trifft nach gründlicher Information der Patient

Steife Gelenke, die schmerzen – diese Beschwerden gehören zu einer Arthrose, der häufigsten Gelenkerkrankung. Das Risiko für das Leiden steigt mit dem Alter. Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es? Wann sollte man sich ein künstliches Gelenk einsetzen lassen? Und was ist von Knorpelschutzmitteln zu halten? Experten antworten.

Wie kann sich Arthrose äußern?

Die Beschwerden einer Arthrose sind vielfältig. Vor allem morgens können sich die Gelenke steif anfühlen, je nach Schaden im Gelenk ist der Schmerz stechend-scharf oder dumpf-bohrend. Ärzte machen bei Verdacht darauf eine Röntgenaufnahme des betreffenden Gelenks. Dabei zeigt sich: „Bei manchen Patienten sieht man kaum Veränderungen im Röntgenbild, sie haben aber starke Schmerzen und sind beim Sport oder im Alltag stark beeinträchtigt“, sagt der Orthopäde Kai-Uwe Jensen von der Arthro Clinic Hamburg. „Andere haben erhebliche Veränderungen am Gelenk, aber leiden kaum darunter.“

Wie häufig ist Arthrose?

Nach Angaben der Deutschen Arthrose-Hilfe leiden fünf Millionen Menschen in Deutschland unter Beschwerden durch Arthrose. Laut dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen sind in der Altersgruppe zwischen 70 und 79 Jahren gut die Hälfte der Frauen und ein Drittel der Männer von Arthrose betroffen, vor dem 30. Lebensjahr hingegen nur zwei Prozent der Bevölkerung.

Wie kann ich Arthrose verhindern?

„Warum der Knorpel im Lauf des Lebens zugrunde geht, ist nicht völlig verstanden“, sagt Oliver Niggemeyer, Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Asklepios Westklinikum Hamburg. Rheumatische Erkrankungen, Verletzungen beim Sport oder Stoffwechselerkrankungen wie Gicht erhöhen das Risiko für den Gelenkverschleiß. „Doch gegen diese Risiken können Sie sich nur bedingt wappnen.“ Experten gehen zudem von einer erblichen Komponente aus. Unklar ist, wie stark eine mechanische Überbelastung zur Entstehung von Arthrose beiträgt. „Gelenke sind zum Bewegen da, und es kommt nicht automatisch zu einem Verschleiß wie bei Teilen aus der Automobilindustrie“, sagt Kai-Uwe Jensen von der Arthro Clinic Hamburg. „Es ist aber klar, dass die Belastbarkeit der Gelenke im Alter abnimmt. Wenn man dies akzeptiert und sich dementsprechend verhält, dann ist schon viel getan für das Gelenk.“ Regelmäßige und maßvolle Bewegung gelte als sinnvoll, weil dies die Muskeln um die Gelenke herum fit halte, die Muskeln könnten das Gelenk besser stabilisieren, sagt Niggemeyer. Zudem sei Bewegung gut für die Ernährung des Knorpels. „Der Knorpel ernährt sich durch Stoffe, die in der Gelenkflüssigkeit enthalten sind. Das funktioniert besser, wenn das Gelenk regelmäßig bewegt wird.“

Wann ist der Zeitpunkt für ein künstliches Gelenk gekommen?

Bei einer Arthrose ist eine Operation nie so dringlich wie bei anderen Krankheiten, etwa einer Blinddarmentzündung. „Man kann sorgsam planen, wann der beste Zeitpunkt dafür ist, und sollte sich nicht unter Druck setzen lassen“, sagt Oliver Niggemeyer vom Asklepios Westklinikum Hamburg. „Es wäre gut, es so lange wie möglich mit dem eigenen Gelenk auszuhalten. Wir bauen ‚Ersatzteile‘ ein, die in der Regel gut funktionieren. Wenn sie jedoch einmal nicht funktionieren, kann das eine Menge Ärger bedeuten.“ Über eine Operation solle man jedoch dann nachdenken, wenn die Arthrose so starke Schmerzen mache, dass man trotz Schmerzmitteln nicht schlafen könne. „Auch wenn ich im Alltag die Treppen nicht mehr hochkomme und mich zu stark eingeschränkt fühle, sollte ich mich beraten lassen.“ Kai-Uwe Jensen ergänzt: „Die Entscheidung über eine Operation trifft vor allem der Patient. Er muss sagen, wann er nicht mehr damit einverstanden ist, mit den Beschwerden zu leben.“

Welche Informationen benötige ich vor einer Operation?

Experten empfehlen, sich vor einem Arztbesuch wichtige Fragen zu notieren. Zum Thema Knieoperationen gibt es Informationen beim Internet-Portal „Faktencheck Gesundheit“. Zu den Fragen gehören: Welcher Eingriff ist genau geplant? Welche Art von Gelenkersatz wäre gut für mich? Welche Materialien werden eingesetzt? Welche Risiken hat der Eingriff ?

Was kann ich alles probieren, bevor ich mich operieren lasse?

Eine Operation und der Ersatz eines Gelenks sollten erst nach dem Ausschöpfen einer Reihe von anderen Möglichkeiten erfolgen. „Die Physiotherapie spielt dabei eine wichtige Rolle, ich kann mir Übungen im schmerzfreien Bereich zeigen lassen, die das Gelenk in Bewegung bringen, nicht zu sehr belasten und die Muskeln aufbauen“, sagt Niggemeyer. Nach einer Anleitung durch einen Physiotherapeuten sollten die Übungen konsequent zu Hause gemacht werden. Gegebenenfalls kommt auch eine spezielle Schuhversorgung in Betracht, die dämpfend wirkt und zu einer günstigeren Belastung der Gelenke führt, ergänzt Kai-Uwe Jensen. Bei Übergewicht steht Abnehmen auf dem Programm. Ferner stehen Knorpelschutzmittel und Injektionen in die Gelenke zur Diskussion.

Was sind Knorpelschutzmittel?

In Drogerien und Apotheken werden Präparate angeboten, die sich schützend auf den Knorpel auswirken sollen, sogenannte Chondroprotektiva. Sie enthalten die Stoffe Glukosamin und/oder Chondroitinsulfat, die aus tierischen Produkten gewonnen werden. „Die Kapseln oder Tabletten werden oral eingenommen, und bislang ist pharmakologisch nicht nachgewiesen, dass die darin enthaltenen Wirkstoffe über das Magen-Darm-System und das Blut an den Ort des Geschehens, also das Gelenk, gelangen“, sagt Niggemeyer. Eine mehr als zehn Jahre alte Studie zeigte demnach, dass Patienten, die drei Jahre lang konstant solche Präparate einnahmen, weniger Schmerzen hatten als Patienten, die ein wirkungsloses Placebo genommen hatten. Andere Studien kamen zu dem Schluss, dass Chondroprotektiva keine Wirkung zeigen.

Können Spritzen ins Knie helfen?

Häufig werden Gelenkinjektionen als individuelle Gesundheitsleistung angeboten. Die bekannteste Form sind Spritzen mit Hyaluronsäure, einem Bestandteil der Gelenkschmiere, die den Knorpel ernährt. „Früher hieß es, diese Spritzen könnten den geschädigten Knorpel wieder aufbauen, das hat sich nicht bewahrheitet“, sagt Chefarzt Niggemeyer. Es gebe jedoch Patienten, die über eine Linderung berichten und diese Injektionen immer wieder anfragten. Für den „Faktencheck Gesundheit“ hat ein Institut kürzlich die Fachliteratur analysiert und zieht ein nüchternes Fazit: Die Behandlung führe zwar gelegentlich zu geringfügigen Schmerzlinderungen und mehr Beweglichkeit. Die Besserungen seien aber nach wenigen Monaten oft nicht mehr nachweisbar.

Wie lange dauert eine Operation, und wie schnell komme ich danach auf die Beine?

Das hängt unter anderem von der Operationstechnik und der allgemeinen Verfassung des Patienten ab, pauschale Aussagen sind nicht möglich. In der Regel stehen die Patienten am Tag nach der Operation auf und können an Unterarmgehstützen gehen. Nach einigen Tagen auf Station werden Reha-Maßnahmen eingeleitet in der Klinik und später ambulant. Physiotherapie wird oft noch zwei bis drei Monate angeordnet. „Viele Patienten erwarten, dass sie nach dem Einsatz eines neuen Gelenks sofort fit sind. Das ist nicht der Fall“, sagt Niggemeyer. Es könne ein Jahr dauern, bis Patienten sagen, „jetzt bin ich da, wo ich hinwollte“.