Den Master machen erfordert Disziplin, perfektes Zeitmanagement und Unterstützung durch Arbeitgeber und Partner

Für viele Menschen ist es schon schwierig, ihren Beruf mit den Bedürfnissen ihrer Familie in Einklang zu bringen. Svenia Roggenkamp und Lars Weidner legten ihre persönliche Messlatte noch höher. Beide haben nicht nur ihre Jobs, Familie und sogar mehrere Kinder. Sondern sie entschieden sich zusätzlich noch für ein Masterstudium – neben Job und Familie. Zwei Jahre lang hatten sie eine neue Herausforderung zu meistern.

Svenia Roggenkamp ist Juristin und beschreibt sich als Mensch, der gern Neues lernt. So machte sie ihr Zweites Staatsexamen 2003 und studierte neben dem deutschen auch noch französisches Recht. „Ich brauche immer wieder neue Herausforderungen“, sagt die 39-Jährige.

Auch ihre familiäre Situation ist ungewöhnlich. Svenia Roggenkamp hat zwei Stiefkinder im Alter von 16 und 18 Jahren, drei eigene Kinder im Alter von sechs und vier Jahren sowie sieben Monaten. Die Patchwork-Familie lebt mittlerweile in Den Haag. Svenia Roggenkamp, die ihr Studium Master of Business Administration MBA noch an der Nordakademie in Elmshorn 2010 absolvierte, wechselte während ihres Studiums von ihrem damaligen mittelständischen Arbeitgeber zur Hamburger Dependance des internationalen Konzerns Honeywell. In dieser Zeit kamen auch ihr heute vierjähriger Sohn und später noch die kleine Tochter zur Welt. Dann kam der Ruf in die holländischen Filiale von Honeywell.

„In meiner neuen Position als General Counsel (Unternehmensjuristin) bin ich Teil der Geschäftsleitung und dafür reichte es nicht, Juristin zu sein“, sagt Roggenkamp. Wegen der fehlenden wirtschaftswissenschaftlichen Kenntnisse entschied sie sich für den MBA-Studiengang und die Nordakademie, auch deshalb, weil ihr die Nähe zum Wohnort wichtig war. Ebenfalls reizvoll sei die Zeiteinteilung gewesen, denn an der Nordakademie gibt es mehrere zweiwöchige Blöcke, an einigen Instituten ist jedes Wochenende Unterricht. „Da hätte ich meine Familie kaum gesehen“, sagt Roggenkamp. Auch habe sie der Inhalt des Programms angesprochen. „Das Lernen fällt deutlich leichter, wenn man etwas lernt, woran man aufrichtig interessiert ist.“

Dem Wirtschaftsingenieur Lars Weidner wurde von seinem Arbeitgeber eine Leitungsposition angeboten. Um sich die geforderte Führungskompetenz anzueignen und überdies IT-Kenntnisse zu erwerben, entschied sich der 34-Jährige für den Studiengang Wirtschaftsinformatik/IT-Management. Weidner gefiel nach sechs Jahren Berufstätigkeit beim Maschinenbauer Dolmar am Studium besonders gut, Themen theoretisch auszuleuchten und mit Kommilitonen und Dozenten im Detail zu erarbeiten. Weidner ist Vater von zwei Kindern, das zweite kam kurz vor seinem Studienbeginn zur Welt. „Hausarbeiten waren die anstrengendsten Zeiten, weil man stunden- und tagelang in Bibliotheken arbeiten und konsequent am Stück lesen muss “, sagt Weidner. „Meistens habe ich morgens zwischen fünf und sechs Uhr gelernt oder abends, wenn die Kinder schliefen.“

Svenia Roggenkamp kam in ihrem Masterstudium ihre Freude am Organisieren zugute. So klappte die Koordination der vielen Aufgaben zwischen Beruf, Lernen und Kinderbetreuung sehr gut. „Schwierig war es lediglich, mich für die Hausarbeiten zu motivieren, lernen für Klausuren war neben Job und Familie deutlich leichter für mich, da ich das Lernen immer mal dazwischenschieben konnte. Meine Kinder sagen noch heute, wenn sie mich mit einem Textmarker in der Hand sehen: „Mama muss wieder studieren.“

Ebenfalls schwierig sei der frühe Abschied aus den Sommerferien mit der Familie gewesen, um die erste MBA-Woche zu bestreiten. Svenia Roggenkamp erinnert sich noch gut an eine traurige Heimfahrt von Amrum nach Hamburg. „Außerdem habe ich im Urlaub das ein oder andere Fachbuch gelesen, so auch eines zur strategischen Unternehmensführung neben dem Pool auf einer Finca auf Mallorca.“

Lars Weidner hat eine dreimonatige Team-Hausarbeit als besonders schlimm in Erinnerung – mit zwei ungebundenen Kommilitonen, die am liebsten nachts arbeiteten. „Das ging bei mir wirklich an die Substanz, zumal wir wochenlang mit dem Thema voneinander abhängig waren“, sagt Weidner. Und fügt hinzu: „Ohne die Unterstützung meiner Frau wäre das ganze Studium ohnehin nicht gegangen.“ Seine Masterthesis hat er gerade fertiggestellt.

„Der MBA, genauso wie meine gesamte Karriere wäre nicht möglich gewesen, wenn mein Mann mich nicht vollkommen unterstützen würde“, sagt auch Svenia Roggenkamp. „Mein Mann hat zunächst als Lacktechniker Vollzeit gearbeitet, später Elternzeit genommen und dann Teilzeit gearbeitet und sich um die Kinder gekümmert, damit ich mich weiterentwickeln konnte.“

Ihr Rat an junge Frauen: sich mit den eigenen Zielen auseinandersetzen, um sehr genau wissen, wohin man sich entwickeln will – und bei der Partnerwahl gut hinsehen. „Mit einem starken Partner an der Seite geht alles.“ Zudem waren Svenia Roggenkamps Eltern in der Hamburger Zeit immer bereit, für die Kinderbetreuung einzuspringen. Seit die Familie in Den Haag lebt, versorgt ihr Mann die Kinder und den Haushalt ganztags. „So hält er mir den Rücken frei, und ich kann mich auf meine Arbeit konzentrieren, ohne mir Sorgen machen zu müssen, ob zu Hause und in der neuen Umgebung alles klappt.“ Allerdings: Der verantwortungsvolle Führungsjob verlange ihr auch viel ab – mindestens Zwölfstundentage sind die Regel.

„Wer sich für ein berufsbegleitendes Studium entschieden hat, muss zunächst die Inhalte der Studienangebote genau prüfen und mit den eigenen beruflichen und vor allem auch privaten Vorstellungen abgleichen“, rät Prof. Frank Zimmermann, Studiengangsleiter Wirtschaftsinformatik/IT-Management an der Nordakademie. Besonders wichtig, so Zimmermann sei es, sich mit seinem Arbeitgeber zuvor abzustimmen. „Wer das nicht macht, darf sich über fehlendes Verständnis im Unternehmen auch nicht wundern.“

Nicht zu unterschätzen ist beim berufsbegleitenden Studium die Unterstützung durch den Arbeitgeber. Bei der Techniker Krankenkasse (TK) studieren einige Mitarbeiter neben ihrem Job. „Grundsätzlich unterstützen wir Mitarbeiter, die berufsbegleitend studieren wollen, durch unterschiedliche tariflich festgelegte Regelungen“, sagt Maike Wulf, zuständig für Recruiting und Personalmarketing bei der TK. Gleitende Arbeitszeiten von 6 bis 20 Uhr ermöglichen es, familiäre und berufliche Verpflichtungen in Einklang zu bringen. Kernarbeitszeiten gibt es bei der TK nicht. „Für unsere Mitarbeiter besteht die Möglichkeit, ihre wöchentlichen Arbeitsstunden zu reduzieren, um so größeren Freiraum für das Studium zu bekommen. Eltern auf Teilzeitstellen haben bei der TK die gleichen Karrieremöglichkeiten wie Vollzeitbeschäftigte und können durch eine Reduzierung der Arbeitszeit ebenfalls ein Studium berufsbegleitend durchführen.“

Überdies bietet die TK den Mitarbeitern die Nutzung eines Lebensarbeitszeitkontos (LAZ) – ein Zeit-Sparbuch. „Die Mitarbeiter können Teile ihrer Arbeitszeit oder ihrer Vergütung gutschreiben lassen und die angesparten Zeiten zum Beispiel für das berufsbegleitende Studium nutzen“, sagt Wulf. Während der Freistellungsphase, die maximal ein Jahr dauern kann, zahlt die Firma das Gehalt weiter.

Auch Olympus, Arbeitgeber von Lars Weidner, bietet Unterstützung an und übernimmt die Studiengebühren, einen Bücherzuschuss sowie eine entsprechende Ausbildungsvergütung, sagt Personalreferent Mathias Schlothane. „Darüber hinaus bieten wir einen flexiblen Rahmen, der die benötigten Freiräume gibt. So werden Auslandseinsätze während des Studiums teilweise als Dienstreise behandelt.“