Oft stört die Solartechnik die Gebäudeästhetik – es sei denn, man denkt schon bei der Planung an innovative Lösungen. Die Arbeiten von Zimmermann, Dachdecker und Elektriker müssen genau koordiniert werden.

„Warum nicht alle geeigneten Dächer mit Fotovoltaik ausrüsten? Damit könnte man ein großes Potenzial für die Energiewende erschließen“, sagt Michael Powalla, Leiter des Geschäftsbereichs Fotovoltaik und Mitglied des Vorstands am Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung ZSW. Dass diese Idee aus architektonischer Sicht keine wirklich gute Perspektive ist, zeigt ein Blick auf die aktuelle Dachlandschaft. Es dominieren Aufdach-Module in Standardgröße, mehr oder weniger ästhetisch montiert.

Powalla hat sich deshalb bereits im Jahr 2003 eine der ersten dachintegrierten Fotovoltaik-Anlagen, einen Streifen vom First zum Dachkanal, ins eigene Haus eingebaut und kennt die damit verbundenen Schwierigkeiten somit aus erster Hand. „Für viele Handwerker ist die echte Dachintegration immer noch Neuland, denn die verschiedenen Gewerke wie Zimmermann, Dachdecker, Statiker und Elektriker müssen bei diesem Konzept sehr umfangreich zusammenarbeiten.“ Dachintegration bedeutet, Ziegel durch Fotovoltaik zu ersetzen. „Man setzt die Module, die auch als sogenannte wasserführende Schicht dienen, auf einen klassischen Unterbau mit Dampfsperre“, sagt Powalla. Am Rand der Anlage müsse dann durch Anblechungen ein Übergang zur normalen Dachfläche mit Ziegeln geschaffen werden.

Für Indach-Lösungen gibt es aktuell zwei Ansätze am Markt. Zum einen bieten Solarunternehmen großflächige Laminate, wie rahmenlose Fotovoltaik-Platten genannt werden. Zum anderen gibt es kleinteiligere Produkte von Dachziegelherstellern. Zu den Anbietern aus der Solarbranche zählt Solarwatt mit dem Produkt Easy-In. „Das ist ein System speziell für Schrägdächer mit Holzunterbau und einem Neigungswinkel von 22 bis 65 Grad“, sagt Michael Neumann, verantwortlich für Indach-Systeme bei der Solarwatt AG. Für Neumann ist neben der Ästhetik vor allem die Gewichtsersparnis ein Argument für integrierte Solarsysteme: „Eine herkömmliche Ziegeleindeckung wiegt pro Quadratmeter mehr als 40 Kilogramm; soll darauf ein Solarsystem montiert werden, kommt das Gewicht von Solarmodulen und Befestigungssystem hinzu.“ Indach-Module brächten lediglich 15 Kilogramm pro Quadratmeter auf die Waage. Dieser Vorteil mache sich auch in der Statik deutlich bemerkbar.

In Südeuropa werden Indach-Systeme gezielt gefördert

Neben heimischen Dächern hat Solarwatt vor allem südeuropäische Kunden im Blick. „Wir wollen damit in andere große Solarmärkte wie Italien und Frankreich gehen, denn in diesen Ländern werden Indach-Systeme gezielt gefördert“, sagt Niemann. In Deutschland dagegen gibt es bislang keine finanzielle Unterstützung. Das sei auch der Grund für die geringe Verbreitung hierzulande, denn bei identischer Leistung liegen die Preise rund 50 Prozent höher als bei vergleichbarer Aufdach-Fotovoltaik.

Auch der Hamburger Anbieter Conergy hat Indach-Lösungen im Programm. Stefan Balbierz, Geschäftsführer der Conergy Deutschland GmbH, weist auf das Thema ausreichender Lüftung hin, denn erwärmen sich Solarzellen, sinkt ihre Leistungsfähigkeit. „Studien haben gezeigt, dass bereits durch eine etwa fünf bis zehn Zentimeter breite Luftschicht ein sogenannter Kamineffekt entsteht, der zu einer sehr guten Hinterlüftung der Solarmodule führt. So können ein Erhitzen und der damit verbundene Leistungsabfall vermieden werden.“ Auch aus dieser Sicht spricht also wenig gegen die Dachintegration.

Hersteller von Dachziegeln bieten mittlerweile ebenfalls attraktive Alternativen. Creaton zum Beispiel hat Solarlösungen im Programm, die mit Tondachziegeln des Herstellers kombiniert werden können. „Die Fotovoltaik verschwindet fast völlig in der Dachfläche“, sagt Alexander Ziebarth, Fachberater der Creaton AG. Zu sehen sind die Solesia-Module unter anderem auf den Hamburger Energietagen vom 28. bis 29. März im CCH Hamburg.

Ähnlich wie Creaton hat sich auch die Monier Braas GmbH aus Oberursel des Themas angenommen. Die Module unter der Bezeichnung Braas PV Premium haben kürzlich deutschlandweit das erste TÜV-Zertifikat „Building Integrated Photovoltaik“ (BIPV) erhalten. Damit erfüllen sie alle Anforderungen, die an Bedachungsmaterialien gestellt werden. Im Detail wurden die Stabilität der Module, die Sicherheit bei der Verarbeitung sowie die Feuersicherheit vom TÜV Süd geprüft. Für die ansprechende Optik der Fotovoltaik-Module erhielt das Unternehmen den „red dot design award“.

Auch in puncto Leistungsfähigkeit muss man bei Indach-Lösungen keine Kompromisse machen. Es gibt keinen Unterschied zu klassischen Aufdach-Modulen. Steuerlich werden beide Lösungen ebenfalls gleichbehandelt. Die Investitionskosten können noch über 20 Jahre abgeschrieben werden.

Michael Powalla sieht die Entwicklung noch lange nicht am Ende: „Es gibt derzeit großen Fortschritt in der Forschung, getrieben durch den Innovationsdruck, den auch die Preisdiskussion auf die Unternehmen ausübt.“ Neben verbesserten Materialien gehe es auch um intelligente Lösungen zum Beispiel für Ost-West-Dächer, die morgens und abends Strom für den Eigenbedarf produzieren. Auch an der Solarintegration in ganze Fassadenflächen werde derzeit weiter geforscht. „Architektonisch- ästhetische Integration ist ein spannendendes Thema. Mit dem Ziel, dass eine Solarfassade am Ende nicht teurer ist als eine etwas edlere Natursteinfassade“, sagt Powalla.

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