Wohnen mit Hund – besonders für Senioren sind Haustiere wichtig, sie fördern unter anderem die sozialen Kontakte

Der kleine weiße Hund trägt einen großen Namen: King ist ein Spitz und die große Freude im Leben von Ursel Breuer. Er begleitet sein Frauchen auf Schritt und Tritt. Nach dem Tod ihres Mannes, den Ursel Breuer nach dessen Schlaganfall zwei Jahre lang gepflegt hatte, ist das Tier für sie noch wichtiger geworden. Überdies hält der zwölf Jahre alte Hund sie auf Trab, denn Ursel Breuer geht vier- bis fünfmal am Tag mit King spazieren.

„King hat mich nach dem Tod meines Mannes gerettet“, sagt die 73 Jahre alte Dame, die bereits 20 Jahre lang ihre Schwiegermutter gepflegt hatte, als ihr Mann mit 70 Jahren plötzlich in ihrem gemeinsamen Haus umkippte und von einem Moment zum anderen zu einem Pflegefall wurde. Damals musste Ursel Breuer alles allein organisieren: die Suche nach einem geeigneten Pflegeheim für ihren Mann, den Umzug ins Heim, den Verkauf des Hauses, weil dieses für sie allein zu groß und finanziell zudem nicht mehr zu halten war. Der Verkauf gestaltete sich schwierig, denn nur ihr Mann war im Grundbuch eingetragen. Es sei „die schlimmste Zeit ihres Lebens“ gewesen. Schließlich fand Ursel Breuer in der Seniorenwohnanlage Kiefhörn der Vereinigten Hamburger Wohnungsbaugenossenschaft VHW ein Zuhause für ihren Mann – und etwas später auch für sich. Aber bis dahin waren noch Hürden zu überwinden. Was sollte aus King werden? Der Hund musste mit – es ging nicht anders. Der Heimleiter traf eine Entscheidung und machte mit King eine Ausnahme. Auch so plötzlich eine Wohnung im selben Haus zu bekommen war nicht einfach, denn für Servicewohnungen bei der VHW gibt es eine lange Warteliste. Sicherlich hilfreich bei der Entscheidung, ein Haustier aufzunehmen, war auch, dass der kleine Spitz wohlerzogen ist und nicht bellt. Und Ursel Breuer kennt sich mit Hunden aus. „Ich habe immer Hunde gehabt, sogar Dackel und Schäferhunde selbst gezüchtet. Außerdem habe ich früher Terrier ausgebildet und mit Hunden das Geschicklichkeitstraining Agility gemacht“, erzählt die Seniorin. Und sie musste jemanden für den Notfall nennen, der King versorgt, wenn sie krank wird oder plötzlich ins Krankenhaus müsste. „Das übernimmt meine Nichte“, sagt Ursel Breuer.

Kaum hatte sie sich an ihr neues Zuhause gewöhnt und Kontakte zu ihren Nachbarn in der Wohnanlage aufgebaut – die ihren Hund mittlerweile ebenfalls nicht mehr missen wollten –, traf Ursel Breuer ein neuer Schlag. Das baufällige Haus in Kiefhörn musste abgerissen werden. Ein erneuter Umzug stand Ursel Breuer bevor. „Ich hatte mich gerade eingelebt, und Kiefhörn war meine Familie geworden, als wir Bewohner auf andere Häuser verteilt wurden.“ Ursel Breuer zog mit King nach Meiendorf in eine 33 Quadratmeter große Parterre-Wohnung der VHW. Dort wird sie wohnen, bis der Neubau fertig ist – zwei Jahre. Und King ist nicht mehr der einzige Hund. Es gibt noch zwei weitere, allerdings seien die nicht so gut erzogen wie ihr King, sagt Frau Breuer. Sie kann verstehen, dass sich Bewohner von ständigem Bellen gestört fühlen.

Auch aus diesem Grund ist es nicht leicht für Senioren, mit ihrem Hund eine passende Wohnanlage zu finden. Viele Betriebe wie das Unternehmen Rosenhof lehnen Haustiere generell ab, andere gestatten nur Kleintiere wie Vögel. Hingegen ist es im Augustinum selbstverständlich, dass Bewohner ihre Haustiere mitbringen. Denn sie – das ist inzwischen wissenschaftlich nachgewiesen – beleben nicht nur die Atmosphäre im betreuten Wohnen und stärken die Integration von Senioren in ihrer neuen Umwelt. Hunde- und Katzenbesitzer sind auch gesünder und leben länger. „Tiere fördern die sozialen Kontakte, und diese liegen uns sehr am Herzen“, sagt Bettina Schumann-Jung von der Unternehmenskommunikation der Augustinum Wohnstifte. Zudem stellen die Augustinum Seniorenresidenzen für ihre Bewohner die Versorgung ihres Haustiers sicher. Möchte ein Hunde- oder Katzenbesitzer verreisen, gibt es häufig Nachbarn, die sich um das Tier kümmern. Findet sich niemand, organisiert das Unternehmen einen Betreuer oder engagiert bei Bedarf einen Hundesitter. In anderen Seniorenhäusern wie bei der Martha Stiftung ist das Wohnen mit eigenem Haustier jeweils eine Einzelfallentscheidung. Im Hospital zum Heiligen Geist, mit 1100 Bewohnern die größte Senioreneinrichtung Hamburgs, sind Kleintiere wie Vögel in der stationären Pflege erlaubt, nicht jedoch Hunde oder Katzen. Im betreuten Wohnen ist der Einzug mit Hund nach Absprache in Einzelfällen möglich, es komme jedoch auch auf die betreffende Wohnung und deren Lage an, sagt Sabine Hinz.

„Wir hatten hier schon Katzen und Hunde. Bei uns können neue Bewohner jedes Haustier mitbringen“, sagt Stefan Werner, Qualitätsmanagementbeauftragter für die vier stationären Einrichtungen von Malepartus in Bargteheide. Die Tierhaltung, die bei Neukunden auch in einem Passus ihres Wohnvertrages geregelt sei, gelte sogar für große Hunde. Bedingung sei jedoch, dass die Versorgung des Hundes vom Bewohner selbst geregelt werde. Werner: „Dies kann auch durch Angehörige oder Schüler geschehen.“

Für Ursel Breuer steht fest: Ohne King hätte sie es nicht geschafft. „Er brauchte Zuwendung, Futter, Spaziergänge auch als es mir sehr schlecht ging.“ Außerdem sei sie nicht krank, „weil ich ihn habe“.