Wie Profis Schädlinge wirkungsvoll bekämpfen – Firmen bieten neuerdings sogar Apps fürs iPhone an

Als Lydia Wentzel aus Harburg im vergangenen Herbst in den Keller ging, um ihre Winterkleidung zu holen, bekam sie einen riesengroßen Schreck. Die Ärmel ihrer Lieblingspullover waren allesamt angefressen. Rings um den Karton mit der Kleidung fand sie Kot, und es lag ein merkwürdiger Geruch in der Luft. Die Hausherrin zögerte nicht lange und rief den Kammerjäger. Der wiederum zögerte ebenfalls nicht lange und stellte die Diagnose: Mäuse!

Die kleinen grauen Nager gehören wie die Ratten zur Gruppe der Hygieneund Gesundheitsschädlinge. Einerseits übertragen sie Krankheiten, andererseits fressen sie außer Textilien auch Lebensmittel, Kabel und elektrische Geräte an. Ein anderes Problem ist, dass Mäusepopulationen extrem schnell wachsen. Aus einer Maus im Haus wird schnell eine ausgewachsene Mäuseplage – und wer will die schon im Haus oder in seinem Garten haben?

Der völlig aufgelösten Lydia Wentzel konnte geholfen werden. Der Kammerjäger suchte zunächst nach Löchern, Ritzen und Fugen im Mauerwerk, durch die die Mäuse in den Keller eingedrungen waren, und beseitigte diese. Anschließend platzierte er im gesamten Kellerbereich mehrere Köderboxen mit Mäusegift. Zudem setzte er ein spezielles Gift als Kontaktgel ein, das die Nager über ihr Fell oder per Putzreflex aufnehmen. „Ich war so unendlich froh, als der Kammerjäger Vollzug meldete“, sagt Lydia Wentzel.

Nicht immer werden die Tiere getötet. Auch Lebendfallen werden eingesetzt

Die Harburgerin handelte richtig, als sie den Schädlingsbekämpfer anrief. Denn in den meisten Fällen ist es sinnvoll, lästigen Nagern, aber auch anderen Schädlingen wie Wespen, Schaben, Bettwanzen oder Ameisen nicht selbst zu Leibe zu rücken, sondern einen professionellen Schädlingsbekämpfer mit entsprechender Ausbildung anzuheuern. „Am meisten haben wir es in Hamburg mit Mäusen, Ratten, Schaben, Wespen und Ameisen zu tun“, sagt Stefan Grobbien, der für die Firma Rentokil Initial tätig ist. Ihm und seinen Kollegen aus der Branche kommt eine neue Regelung entgegen, die seit Anfang dieses Jahres gilt. Gemäß der Risikominderungsmaßnahmen (RMM) dürfen nur noch ausgebildete Schädlingsbekämpfer und berufsmäßige Anwender mit Sachkundenachweis Mäuse- und Rattengift ausbringen.

„Die neuen Präparate enthalten blutgerinnungshemmende Wirkstoffe, die bei den Nagern zeitversetzt wirken“, erläutert Hans-Ullrich Limberts von Protectis, Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung. Wie Limberts weiter berichtet, arbeiten professionelle Schädlingsbekämpfer ausschließlich mit Wirkstoffen, die weder eine Belastung für die Umwelt noch eine Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Haustier darstellen.

Bei der Schädlingsbekämpfung müssen zudem die Tiere nicht immer zu Tode kommen. So werden häufig auch Lebendfallen oder spezielle Geruchsstoffe eingesetzt, etwa wenn es um die Vertreibung von Mardern geht. Wespen und Hornissen, die teilweise unter Artenschutz stehen, müssen ebenfalls keineswegs getötet werden. Ihre Nester lassen sich umsiedeln, indem sie abgenommen und in sicherer Entfernung wieder an einem geeigneteren Ort befestigt werden. Bei größeren Nestern saugen die Schädlingsbekämpfer die Wespen erst ab. Die Wespen werden dabei nicht verletzt oder getötet.

Bei ihrer Arbeit gehen einige Firmen auch neue Wege. Seit vergangenem Jahr bietet Rentokil die App Schädlingsbestimmung für iPhone und Adroid an. Mithilfe der Schlüsselfunktion Schädlingsscan können sich Anwender binnen kürzester Zeit die Gewissheit verschaffen, ob es sich bei ihnen zu Hause oder im Betrieb um ein harmloses Heimchen oder eine krank machende Schabe handelt. Dazu fotografiert man ganz einfach den Verdächtigen mit der Smartphone-Kamera, verschickt das Foto per App und erhält binnen 24 Stunden die Antwort der Technischen Abteilung von Rentokil. Falls es sich um einen Schädling handelt, wird dieser benannt, und man erhält Tipps, was zu tun ist. Der Service ist kostenlos.

Um eine Ratte zu erkennen, bedarf es wahrscheinlich keiner App. Ratten haben kleine Ohren, dunkles Fell, einen langen Schwanz, und sie erzeugen sehr viele Nachkommen. Zudem sind sie sehr anpassungsfähig, ausgesprochen gefräßig und schließlich auch Überträger von Krankheiten. Vor allem aber sind sie häufig anzutreffende Mitbewohner in unserer Stadt: An die 25 Ratten sollen auf einen Hamburger kommen. Damit die Rattenbekämpfung flächendeckend durchgeführt werden kann, gibt es in Hamburg eine Rattenverordnung. Diese verpflichtet Bürger dazu, Ratten oder Zeichen eines Rattenbefalls unverzüglich dem Institut für Hygiene und Umwelt unter der Telefonnummer 42845-7972 zu melden. Das Amt koordiniert erforderliche Bekämpfungsmaßnahmen und kontrolliert deren Erfolg – allerdings nur in öffentlichen Einrichtungen oder auf staatlichem Grund. Eigentümer von Grundstücken sind daher selbst dazu verpflichtet, gegen die lästigen Nager vorzugehen, die insbesondere in der kalten Jahreszeit auch gern in Häuser und Wohnungen eindringen.

Damit es gar nicht so weit kommt, empfiehlt Andrea Fröhlich vom Institut für Hygiene und Umwelt, den eigenen Garten und vor allem den Kompost so sauber wie möglich und sämtliche Mülltonnen sowie Müllcontainer stets gut geschlossen zu halten. „Bei Rattenbefall sollte außerdem die Vogelfütterung unterlassen werden. Denn das Vogelfutter lockt Ratten ebenso an wie Gartenteiche und andere Gewässer auf dem Grundstück“, sagt Andrea Fröhlich.