Strom ist teuer. Und er wird noch teurer. Menschen wie Remigiosz Partyka müssen sparen, damit sie ihre Rechnung bezahlen können.

Aachen/Düsseldorf. Warum sollte sich Remigiosz Partyka einen neuen Kühlschrank kaufen? „Der alte ist 37 Jahre alt. Aber der läuft doch noch.“ Für die Leute vom Stromspar-Check der Caritas ist das eine typische Denkfalle. So ein Methusalem verbraucht doppelt so viel Energie wie ein neuer, sparsamer Kühlschrank.

Der gelernte Kfz-Mechaniker Partyka hat seit einer Krankheit keine Stelle und bekommt Arbeitslosengeld II. Er muss sparen. Er lebt in einem Mehrfamilienhaus am Adalbertsteinweg in Aachen. Die Straße ist laut, aber die Miete bezahlbar. Wenn nur die Stromrechnung nicht wäre. Etwa doppelt so hoch wie vor zehn Jahren sei sie, sagt der 60-Jährige – was in etwa stimmt. Ein Kumpel hat ihm vom Stromspar-Check der Caritas erzählt.

Strom ist für manche Menschen nicht mehr selbstverständlich. 120 000 Haushalten in Nordrhein-Westfalen wurde 2010 zeitweise der Strom abgeklemmt, weil die Kunden nicht zahlen konnten. Bundesweit wird die Zahl auf 600 000 geschätzt. Leben ohne Strom: kein Licht, keine warme Dusche, kein warmes Essen, kein Radio oder Fernsehen - und das im Winter.

Für Nicola Buskotte sind diese Zahlen nicht verwunderlich: Das Arbeitslosengeld II setze 30 Euro für Strom an. Damit komme man kaum hin, sagt die Projekt-Sprecherin des Deutschen Caritasverbands. „Mit jeder Strompreiserhöhung wird die Deckungslücke größer.“ Sie erzählt von dem älteren Ehepaar, das abends bei Kerzenlicht in der Wohnung saß: Unbedingt sparen, nur nicht abgeklemmt werden. Das wäre der Horror.

Remigiosz Partyka wirft nicht schnell etwas weg: Bei ihm brennen noch die alten Glühlampen – so lange sie nicht kaputt sind. Die Energie-Berater tauschen sie gegen Sparlampen aus ihrem „Erste-Hilfe-Koffer“ aus. Die Lampen gibt es gratis, genau so wie das Vorsatzstück für den Wasserhahn, der den Durchlauf drosselt: Vier Liter Warmwasser pro Minute reichen auch, statt der jetzigen sechs Liter.

Die Caritas will ihre bundesweite Präsenz von Stromspar-Checks für Menschen mit niedrigem Einkommen von bundesweit 100 auf 150 Städte erhöhen und verhandelt mit dem Bund über weitere Zuschüsse. Bei den Verhandlungen will sie auch über 100-Euro-Gutscheine für neue Kühlschränke sprechen. Die alten seien wahre Stromfresser.

Kommunale Programme etwa in Düsseldorf, Dortmund oder Aachen zeigten, dass einkommensschwache Haushalte bei einem solchen Zuschuss neue, sparsamere Kühlschränke kaufen – und dann bald auch unter dem Strich sparen, sagt Buskotte. In Wuppertal können Menschen gegen Ratenzahlungen Alt für Neu tauschen. In vier Jahren hätten sie das Geld raus, sagt die Verbraucherberatung NRW.

Was aber tun, wenn schon die Mahnungen ins Haus flattern und das Abklemmen droht? Das Land Nordrhein-Westfalen bietet Energieschuldern Beratungen in den Verbraucherzentralen an. Ziel ist es, die Schulden säumiger Zahler dauerhaft zu regulieren. Bei einem Pilotprojekt in Wuppertal kamen 70 Prozent der Betroffenen so aus der Energie-Schuldenfalle. Zweites Standbein des Projekts „NRW bekämpft Energiearmut“ ist der Stromspar-Check der Caritas vor Ort.

Herr Partyka hätte gerne einen neuen Kühlschrank. Im Monat könnte er damit rund 35 Euro Strom sparen. Im Monat! Aber das Geld für den neuen hat er nicht. Berater Ismail Sargin hat noch einen Tipp: „Stecken sie Styropor ins Gefrierfach. Dann braucht er auch nicht so viel.“ Mit allen Tricks könne Herr Partyka so immerhin 40 bis 50 Euro im Jahr sparen – trotz des alten Stromfressers. „Mann, das ist doch viel Geld. 40 Euro haben oder nicht haben“, freut sich Partyka.