Aus Bio-Produkten sinnliche Gerichte zaubern - dabei helfen Kräuter, Bio-Fleisch sowie Obst und Gemüse der Region.

Neugierig blicken die Gäste in das kleine Gläschen mit der braunen Schokoladencreme. Gesa Dreier hat ihr eigenes "Bio-Nutella" hergestellt, ganz ohne Industriezucker und künstliche Geschmacksstoffe. Das Beste aber: "Die Jungs mögen es!", sagt sie stolz. Auch für das Weihnachtsgebäck verwendet sie möglichst wenig Zucker. Die dreifache Mutter gehört zur wachsenden Gruppe von Verbrauchern, die bewusst konsumieren, einkaufen, kochen und ihre eigenen Qualitätsmaßstäbe setzen. Ihr Wunsch nach bewusster Ernährung sei mit jedem weiteren Kind gewachsen, sagt die 43-Jährige.

Ökologische Ernährung und sinnenfroher Genuss scheinen sich dennoch für viele Menschen auszuschließen. Das absolute Spielverderber-Image hat sich jedoch mit der sogennanten "LOHAS"-Bewegung Ende der 90er-Jahre etwas geändert. Anhänger dieser Bewegung - LOHAS steht für Lifestyle of Health and Sustainability - pflegen einen gesundheitsbewussten Lebensstil, der sich an Prinzipien der Nachhaltigkeit ausrichtet und auf umweltschonenden Konsum setzt. Nur so viel verbrauchen, wie auch wieder nachwachsen kann, lautet die Kurzformel. Die Anhänger nachhaltiger Ernährung sind anspruchsvoll, kritisch, aber trotzdem genießerisch. Gehören sie deshalb einer besonders kaufkräftigen Elite an? "Bio-Produkte sind in der Regel etwas teurer", sagt Foodwatch-Sprecher Andreas Winkler. "Das liegt an den geringeren Mengen und den höheren Vertriebskosten. Bioprodukte haben noch immer lediglich einen Marktanteil von drei bis vier Prozent. Tiere auf Biohöfen leben länger, brauchen also mehr Futter." Zudem bedeute Bio nicht automatisch gleichzeitig auch nachhaltig, weil es bestimmte Kriterien wie beispielsweise den Wasserverbrauch bei Tomaten aus dem heißen, trockenen Spanien nicht berücksichtige.

Gesa Dreier hat die Erfahrung gemacht, dass frisch einkaufen und kochen nicht unbedingt viel teurer sein muss. "Man kann vorkochen und einfrieren. Fleisch gibt es bei uns nicht so oft, dafür aber dann nicht aus Massentierhaltung. Und statt der teuren Biokartoffel aus Ägypten nehme ich lieber die billigere aus Deutschland."

Aber was sind überhaupt nachhaltige Lebensmittel, und wo bekommt man sie? Der "Rat für Nachhaltigkeit" der Bundesregierung hat den "Nachhaltigen Warenkorb" zusammengestellt - eine Broschüre mit praktischen Tipps zum nachhaltigen Konsum. Worauf muss ich achten? Welchen Informationen kann ich trauen? Ein herausnehmbarer Saisonkalender zeigt für jeden Monat, welche Obst- und Gemüsesorten frisch aus der Region kommen. Der Warenkorb rät zu einem Verzehr von maximal 300 bis 600 Gramm Fleisch pro Woche. Als Faustregel dienen die Öko-Top-Five: saisonal, regional, frisch, weniger Zucker und weniger Fleisch.

Es muss nicht immer der Bioladen oder das Hofgeschäft sein. Interessierte können sich zum Beispiel auf der Seite www.bio-hamburg.de vom Hamburger Ökomarkt-Verein umschauen. Dort gibt es neben Adressen von Naturkostläden auch Bio-Kochtipps, Empfehlungen für die regionale Natur-Küche und Literaturempfehlungen.

"Man kann vom Verbraucher nicht erwarten, dass er vor dem Einkauf erst mühsam versucht, alle Informationen über ein Produkt zu recherchieren", sagt Winkler. Genauso wenig könne jeder ausschließlich im Hofladen beim Bauern seines Vertrauens einkaufen. "Das wäre zudem schädlich für die Klimabilanz, wenn nun jeder mit seinem Auto zum Einkaufen in einen Hofladen führe", ergänzt Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg. Foodwatch fordert daher eine bessere Kennzeichnung der Lebensmittel bereits im Supermarkt. Winkler: "Was fehlt, sind klare gesetzliche Informationspflichten für die Hersteller."

Mittlerweile ist die Lust auf Authentizität bei Lebensmitteln bereits bei Jugendlichen spürbar. "Viele fotografieren ihr Essen und posten es im Internet", sagt Josefine Sporer vom Hamburger Trendbüro. "Man teilt mit, was man isst und wo es herkommt und will sich als Connaisseur, als Genießer, zeigen."

Zu den bevorstehenden festlichen Anlässen wie Weihnachten und Silvester soll etwas ganz Besonderes auf den Tisch kommen. Auch das ist mit nachhaltigen Produkten möglich und setzt überdies vielleicht Maßstäbe für die guten Ernährungsvorsätze zum neuen Jahr. Festlich wäre beispielsweise frischer Loup de Mer. Das weiße, feste Fleisch des edlen Speisefisches lässt sich braten, dünsten oder grillen. Zum Beispiel in einer Ingwersalzkruste mit schwarzen Ur-Kartoffeln und einer Estragon-Senfsoße.

Für Gesa Dreier ist der Einkauf am Freitagnachmittag auf dem Winterhuder Ökomarkt ein emotionales Erlebnis, das Lust aufs Kochen macht. "Irgendwann weiß man, wo es das beste Fleisch gibt, und schaut automatisch, woher die Tomaten kommen."