Viele Eltern sind geschockt, wenn der Nachwuchs auf Fleisch verzichten will. Doch Fachleute wissen, diese Jugendlichen leben meist gesünder.

Hamburg. „Ohne Fleisch geht gar nichts“ oder „In der allergrößten Not schmeckt die Wurst auch ohne Brot“ – das sind Sprüche aus vergangenen Zeiten. Trotzdem sind viele Eltern beunruhigt, wenn der Nachwuchs im Teenageralter plötzlich Nein zu Currywurst, Döner und Hamburger sagt. Experten geben aber Entwarnung: Jugendliche Vegetarier leben meist viel gesünder als ihre fleischessenden Altersgenossen. „Sie haben sich mit dem Thema Ernährung auseinandergesetzt und essen bewusster“, erklärt Armin Valet, Ernährungsexperte der Verbraucherzentrale Hamburg, anlässlich des Weltvegetariertages am 1. Oktober (Montag).

Prinzipiell sei es sogar so, dass diese Jugendlichen mehr Sport machen und weniger rauchen. „Es ist viel eher ein Mangel, wenn die Kinder nur Fleisch und Fastfood-Produkte essen“, erläutert Valet. „Wer vegetarisch lebt, geht normalerweise kein Risiko für eine Mangelernährung ein.“

Um weiterhin ausgewogen zu essen, sind keine besonderen Zusatzprodukte nötig. „Die Jugendlichen brauchen keine Sojaprodukte oder Vitamintabletten.“ Vielmehr sei wichtig, dass sie ausreichend Gemüse, Obst, Milchprodukte und Getreide zu sich nehmen. Ungesättigte Fettsäuren, die vor allem in Fisch vorkommen, sollten Vegetarier durch hochwertige pflanzliche Öle und Fette ersetzen. „Das fehlende Eiweiß kann man außerdem durch Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen problemlos kompensieren.“

Nach Schätzungen des Vegetarierbundes Deutschland (VEBU) leben knapp acht Prozent der Bevölkerung vegetarisch, bei Jugendlichen geht man von mindestens zwölf Prozent aus. „Die Gewohnheiten sind einfach noch nicht so festgefahren, und Jugendliche sind generell offener für Tierschutzthemen“, sagt Sebastian Zösch, VEBU-Geschäftsführer. „Außerdem ist Vegetarismus hip und angesagt. Viele Promis leben vegetarisch, zum Beispiel die Tokio-Hotel-Brüder.“

Mit den Wünschen ihres Kindes sollten Eltern sensibel umgehen und sie nicht ausschließen. „Beim Eintopf dürfen die Würstchen dann beispielsweise nicht reingeschnitten werden, sondern müssen separat verwendet werden“, rät Valet. „Gerade auf den Spruch ’Ach, das bisschen schadet doch nichts’ reagieren Jugendliche besonders empfindlich.“ Die mögliche Folge: Die Jugendlichen fühlen sich nicht verstanden, vermeiden gemeinsame Essen und greifen schneller zu ungesunden Fertigprodukten.

Beim Einkauf sollten die Eltern auch das Kleingedruckte lesen: „Gelatine wird zum Teil auch in Fruchtjoghurts verwendet. Und sogar in Tomatensuppen kann sich Speck verstecken.“ Das kann einem Vegetarier eben den Appetit verderben.