Wohnungen und Häuser waren lange nicht so gefragt. Den Vorwurf von übertriebenen Preisen weisen Experten aber zurück.

Frankfurt/Main. Egal ob Miete oder Kauf: Wohnen in Deutschland wird teurer. Um 3,1 Prozent zogen die Preise für Eigentums- und Mietwohnungen binnen Jahresfrist an, wie der Immobilienverband IVD errechnet hat. „Die Preissprünge sind ein klares Indiz dafür, dass sich die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage immer weiter öffnet“, sagte Verbandspräsident Jens-Ulrich Kießling am Dienstag in Frankfurt.

Der Verband betonte jedoch, im Vergleich zu den Spitzen Anfang der 90er Jahre sei das Preisniveau auf dem deutschen Immobilienmarkt noch sehr moderat. „Die Preise in Deutschland sind sehr günstig zu alledem, was wir im westeuropäischen Ausland vorfinden“, ergänzte IVD-Vizepräsident Jürgen Michael Schick.

Von einer Überhitzung des Marktes – getrieben von historisch niedrigen Zinsen für Kredite – könne keine Rede sein. „Blasenbildung wäre dann da, wenn wir spekulativen Neubau hätten und die Nachfrage dafür nicht da ist“, sagte Schick. „Wenn Sie heute in München, Hamburg oder Berlin zu einer Wohnungsbesichtigung kommen und Sie sind nicht allein, sind wir von einer Blase meilenweit entfernt.“

Im Schnitt kostet eine Eigentumswohnung mit mittlerem Wohnwert laut IVD derzeit 998 Euro pro Quadratmeter. Wesentlich teurer sind die eigenen vier Wände in München (2850 Euro pro Quadratmeter), Stuttgart (2100), Düsseldorf (1900) und Hamburg (1750), deutlich günstiger etwa in Pirmasens (500) und Magdeburg (450). Der IVD-Wohn-Preisspiegel basiert auf Daten für 390 deutsche Städte.

Für den Erwerb eines Einfamilienhauses mit etwa 125 Quadratmetern Wohnfläche werden im Mittel knapp 205.000 Euro fällig. Teuerstes Pflaster auch hier: München. In der bayerischen Landeshauptstadt kostet ein Haus mit mittlerem Wohnwert 645.000 Euro. In Wolfsburg oder Cottbus könnten dafür sechs Häuser erworben werden. In Stuttgart müssen Käufer mit 470.000 Euro für ein Haus rechnen, in Düsseldorf und Frankfurt mit jeweils 410 000 Euro.

Vor allem im Süden der Republik entwickelten sich die Immobilienpreise sehr dynamisch, erklärte der Verband. Am wenigsten Schwankungen gebe es in Kommunen mit 250.000 bis 500.000 Einwohnern, sie seien „der Hort der Stabilität“, sagte Schick. Derzeit ziehe es viele Menschen zurück in die Städte – wegen der dort in der Regel besseren Infrastruktur und geringeren Kosten für den Weg zur Arbeit. Mit einer Wohneigentumsquote von 46 Prozent liege Deutschland in Europa – ohne die Schweiz – jedoch auf dem letzten Platz.

Die große Nachfrage nach Wohnraum bekommen auch die Mieter zu spüren. „Die Neuvertragsmieten steigen langsam aber sicher weiter an in Deutschland“, erklärte IVD-Vize Schick. Mieter müssen für die Nettokaltmiete im Bundesschnitt mit einem Quadratmeterpreis von 5,14 Euro (Altbau) beziehungsweise 5,52 Euro (Neubau) kalkulieren. Deutlich über dem Durchschnitt liegen Großstädte wie München (11,20 Euro), Stuttgart (9,60) und Frankfurt am Main (8,60).

Städtetag und Wohnungsunternehmen hatten vor einigen Wochen Alarm geschlagen: Wer wenig verdiene, habe zunehmend Probleme, bezahlbare Wohnungen zu finden. IVD-Präsident Kießling hielt dagegen: „Wohnungsknappheit ist allenfalls ein Phänomen besonders nachgefragter Innenstadtlagen.“ Vize Schick ergänzte: „Wir brauchen keine Art von gefördertem Wohnungsbau in Deutschland.“

Ein Grund für die Preissteigerungen seien steigende Anforderungen an die Energieeffizienz: Neubauten hätten sich deswegen seit dem Jahr 2000 um 452 Euro pro Quadratmeter verteuert. Die Nachfrage sei auch nur zu einem Teil vom Kapital ausländischer Investoren getrieben, die „Betongold“ in Deutschland als sichere Anlage suchen. In Ballungsräumen komme etwa ein Viertel der Interessenten aus dem Ausland.

Insgesamt sehe der IVD keine „spekulative, sondern eine ganz natürliche Nachfrage“, sagte Schick. „Wir sehen die Fundamentaldaten im deutschen Immobilienmarkt als völlig gesund an.“ Der Verband der Immobilienberater, Makler, Verwalter und Sachverständigen vertritt 6000 Mitgliedsunternehmen.