Abendblatt-Reporterin nahm am Kursus “Ladies Sailing Week“ teil, um sich künftig an Bord sicherer zu fühlen

Frauen stehen dem Segeln mitunter äußerst skeptisch gegenüber. Ich zum Beispiel habe Angst, sobald das Boot in Schräglage gerät. Andere trauen sich nicht an die Pinne oder mögen den rüden Ton nicht, der oft unter Männern an Bord herrscht. "Es gibt viel zu wenig Frauen beim Segeln", sagt Wolfgang Valentin, Leiter der Hanseatischen Yachtschule in Glücksburg. Mit der "Ladies Sailing Week" bietet er einen Segelkursus ausschließlich für Frauen an.

Ich habe den einwöchigen Intensivkurs gebucht und fahre mit mulmigem Gefühl an einem Sonntag aus Hamburg gen Norden. Der Himmel ist grau, und die Wettervorhersage prognostiziert Höchsttemperaturen von 17 Grad. Es regnet. Aber da mein Mann "uns" vergangenes Jahr ein Boot gekauft hat, will ich versuchen, Zugang zum Segeln zu finden. Die Vorstellungsrunde zeigt, dass die meisten der 28 Teilnehmerinnen aus ähnlichen Gründen hier sind.

Am Montag lernen wir 62 neue Begriffe. Die Stahlseile vorne, hinten und an den Seiten heißen Vorstak, Achterstak und Wanten. Außerdem üben wir uns im Knoten von Webleinstek, Kreuz- und Achterknoten. Nachmittags fahren wir mit sechs Booten raus, üben An- und Ablegen, Wenden und Aufschießer. In meiner Mannschaft gibt es drei Frauen mit ersten Segelerfahrungen: Ulrike (Steuerberaterin) und Elke (Nageldesignerin) aus Langballig sowie Claudia (ehemalige Lehrerin) aus Freiburg. Charlotte (Kunsthistorikerin) aus Hamburg teilt mein Schicksal: Auch ihr Mann hat sich gerade ein Segelboot gekauft. Unsere ersten Manöver klappen ganz gut. Segellehrerin Ariane ist mit an Bord.

Am nächsten Tag sollen wir alleine raussegeln. Ein Motorboot wird die Ausbilderinnen abwechselnd zu den Booten bringen. Mich beschleicht sofort das vertraute Angstgefühl. Dabei hat uns Ariane an einer großen Tafel aufgezeichnet, wie wir zum Ablegen aus unserer Box hinausfahren, an welchen Dalben (Pfosten im Wasser) wir uns entlanghangeln und an welchen Bojen wir festmachen sollen, um die Segel zu setzen. Für Angst bleibt keine Zeit. Zu viel zu tun. Wir legen ab, hissen Vor- und Großsegel. Meine ersten Wenden um eine Boje herum sind nicht perfekt, aber ich beherrsche das Boot.

Am Mittwoch ist es sehr windig. Diesmal sollen wir nicht nur Wenden, sondern auch Halsen fahren, also mit dem Heck durch den Wind. Vormittags geht das noch, obwohl ich mich wegen des stärkeren Windes bei Weitem nicht mehr so sicher fühle. Nach der Mittagspause hat es aufgefrischt, und Ariane erklärt, wie wir die Segel reffen müssen. Da ist sie wieder, meine Angst. Soll ich lieber an Land bleiben? Wenn ich jetzt aufgebe, wird es nie was mit mir und dem Segeln, also steige ich ins Boot. Pinne und Großschot nehme ich aber nur kurz in die Hand, bei dem starken Wind und der Schräglage überlasse ich das lieber den erfahreneren Mitseglerinnen. Nicole und Britta, meine Mitbewohnerinnen, haben mit ihren Segelkumpaninnen großen Spaß. Ich kann ihre Euphorie nicht teilen und bin frustriert.

Tags darauf bitte ich darum, dass heute eine Ausbilderin bei uns mitfährt. So hoffe ich, meine Angst besser in den Griff zu bekommen. Bei Windstärke drei, mit Ariane neben mir, traue ich mich tatsächlich an die Pinne. Sie erklärt, wie wir durch Anluven (in den Wind gehen) das Boot bei zu großer Schräglage aufrichten oder durch Abfallen (vom Wind weg) mehr Wind in die Segel bekommen. Ich gewinne wieder Vertrauen zu mir und unserem Folkeboot. Auch als wir am Nachmittag wieder ohne Ariane unterwegs sind, bleibt das Gefühl, dass Segeln tatsächlich Spaß machen kann. Im Hafen gelingt es mir, die Pinne mit einem perfekten Webleinsteg festzusetzen und die Großschot vorschriftsmäßig aufzuschießen.

Am Freitag, unserem letzten Tag, segeln wir nach Dänemark. Der Wind bläst aus Südost - noch mit drei Windstärken, nachmittags soll es wieder auffrischen. Die Ausbilderinnen begleiten uns im Motorboot. Das Segeln ist entspannt! Ariane kommt für das Anlegemanöver an Bord. Ein Kiosk an Land serviert Hotdogs und Softeis. Sobald wir wieder ablegen und den Windschatten der kleinen Insel verlassen, vor der wir lagen, kachelt es ordentlich. Bei Windstärke fünf hat das Boot ziemliche Seitenlage, und ich muss mich zwingen, die Pinne, und damit die Verantwortung, zu übernehmen. Aber ich bleibe relativ entspannt: Ich merke, dass ich dem Boot und vor allem mir selbst vertrauen kann.

Den letzten Abend lassen wir in der Navi Bar der Segelschule ausklingen. Alle sind zufrieden. Die einen haben einen gelungenen Einstieg in den Segelsport gefunden. Die anderen, die wie ich mit ihren Männern segeln, werden sich künftig nicht mehr mit der klassischen Rollenverteilung zufriedengeben, die laut Schulleiter Valentin überwiegend an Bord herrscht. 2013 will die Hanseatische Yachtschule Glücksburg eine "Ladies Sailing Week" für Fortgeschrittene anbieten. Da werden sich sicher einige von uns wiedersehen.