Das Bundesverkehrsministerium will in seine Wasserstraßen nur nach ihrer Bedeutung für den Güterverkehr investieren.

"Der Bundestag schlägt vor, den Wassersport stärker zu fördern. Gleichzeitig plant das Bundesverkehrsministerium (BMVBS) eine Reform, nach der einigen Revieren der Verfall droht. Das passt nicht zusammen." Dieter Wibbelmann, Vorsitzender des Hamburger Motorboot-Verbands, beschreibt die Stimmung vieler Wassersportler, die mit ihren Booten deutsche Flüsse befahren. Denn das Verkehrsministerium will die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung kostensparend reformieren und nur noch diejenigen Wasserstraßen unterhalten, die für den Güterverkehr wichtig sind. Kleinere Flüsse, in Norddeutschland zum Beispiel die Eider oder die Elbnebenflüsse, drohen auf der Strecke zu bleiben.

Verkehrswege, auf denen im Jahr weniger als 100 000 Tonnen Fracht transportiert werden, will das BMVBS zukünftig links liegen lassen. Investitionen sollen an der Bedeutung für die Berufsschifffahrt ausgerichtet werden, so will es der Reformentwurf. Immerhin gesteht das Ministerium manchen Wasserwegen, so auch der Eider und den Elbnebenflüssen, eine Bedeutung für die Freizeitschifffahrt zu. Sie bilden das "Wassertourismusnetz". Wie dieses jedoch bewirtschaftet werden soll (weiter durch den Bund oder durch Dritte), ist im Augenblick unklar. "Eine Umlage der Kosten auf die Nutzer, also die Wassersportler, erscheint möglich", schreibt der Deutsche Motoryachtverband (DMYV) auf seiner Protest-Plattform www.stoppt-die-reform.de . Sein Präsident Winfried Röcker betont, das Ministerium habe bereits Zahlen genannt: "Je nach Schiffsgröße sollen alle Bootseigner eine jährliche Gebühr von 40 bis 120 Euro zur Unterhaltung des Tourismusnetzes zahlen."

Alle deutschen Wasserstraßen müssten gleichrangig der Güter- und Personenschifffahrt, dem Tourismus, Sport und reinem Freizeitvergnügen dienen, sagt Röcker. So sieht es auch Jürgen Tracht, Geschäftsführer des Bundesverbands der Wassersportwirtschaft. Er kritisiert einen weiteren Vorschlag zur Finanzierung des Tourismusnetzes: die Privatisierung kompletter Flüsse oder einzelner Abschnitte. Tracht: "Der Bund kann sich nicht aus der Verantwortung für einen Teil der Wasserstraßen herausziehen. Dies wird für die Lahn bereits diskutiert. Solche Betreibermodelle mögen zum Ausbau von touristischer Infrastruktur sinnvoll sein, etwa den Bau von Anlegern oder Häfen. Aber der Bund muss Eigentümer der Wasserstraße bleiben, deren Sicherheit und Passierbarkeit garantieren."

Genau dies steht für einige Reviere zur Disposition. Das gilt vor allem für die genannten "Restwasserstraßen", denen das BMVBS nicht einmal eine touristische Bedeutung zumisst, etwa Aller, Leine und Saale. Auch auf diesen Flüssen sind Freizeitskipper und Bootssportler unterwegs - 37 Vereine könnten bei fehlenden Unterhaltungsarbeiten vom Wassernetz abgeschnitten werden, fürchtet der DMYV. Theoretisch könnten die Länder einspringen und die Bewirtschaftung des Gewässers übernehmen, so Röcker. "Aber die scheuen die Kosten."

Die Reform gefährde die vielen Gemeinschaftsinvestitionen der Bootsklubs und mache sie sogar zunichte, wenn Steganlagen nicht mehr erreichbar wären, betont auch Dieter Wibbelmann. "Die Infrastruktur für das Wasserwandern wurde zumindest in den alten Bundesländern in den 1950er- und 60er-Jahren von den Vereinen geschaffen. Erst nach der Wende entstanden in Ostdeutschland öffentlich geförderte Marinas auf kommerzieller Basis." Er sieht deshalb nicht ein, dass nun möglicherweise gerade die Bootsbesitzer für den Ausbau touristischer Infrastruktur zur Kasse gebeten werden.

Immerhin sind die Hamburger von der Reform nicht direkt betroffen. Schließlich ist die Elbe bis zum Hafen Seewasserstraße, und oberhalb gehört sie (bis Lauenburg) zum Vorrangnetz des BMVBS. Zudem sei Hamburg "Delegationsgebiet", so Wibbelmann, das heißt, der Bund hat die Unterhaltung seiner Wasserstraße an die Stadt übertragen - "Die Zusammenarbeit mit den Hamburger Behörden läuft prima, da können wir nur danke sagen."

Einen Wunsch an die WSV hat er allerdings: "An der Schleuse Geesthacht sind keine Warteschlengel vorhanden, an denen man anlegen kann, bis sich das Schleusentor öffnet. Und in der Schleuse liegen die Festmacher um die 30 Meter auseinander. Da lassen sich kaum Bug- und Heckleine ausbringen."

Vielleicht werden diese vergleichsweise kleinen Investitionen beim vorrangigen Status dieses Elbabschnitts demnächst ja möglich sein. Als kleines Zugeständnis an die Sportschifffahrt.