An der Frage nach dem richtigen Anstrich gegen Muscheln und Algen scheiden sich die Geister

Die Zeit der letzten Vorbereitungen hat begonnen, bevor es Ende März oder im April wieder aufs Wasser geht. Ein alljährlich unter Bootseignern heiß diskutiertes Thema ist das Antifouling - jener Anstrich, der in der Regel jährlich wiederholt werden muss und den Bewuchs des Rumpfes durch Abgabe von Bioziden (Giften) im Unterwasserbereich des Schiffes verhindern soll.

Dabei gibt es drei zentrale Fragen: Muss das Antifouling überhaupt erneuert werden und wenn ja, wann? Welches ist das wirksamste Mittel für mein Boot? Selber machen oder Experten ranlassen? Eine vierte Frage bewegt nicht alle, aber viele Wassersportler: Wie kann ich mein Boot vor Bewuchs schützen, ohne die Umwelt zu belasten?

Entscheidende Kriterien sind - neben den Kosten - der Bootstyp, die Einsatzintensität einer Yacht und das befahrene Revier. Denn der Umfang des Rumpfbewuchses variiert bei Süß- und Salzwasser, nach Liege-und Fahrzeiten, Wassertemperatur und Sonneneinstrahlung. Ohne Antifouling wird ein Unterwasserschiff binnen kurzer Zeit von Bakterien, Algen und Kleintieren, vor allem aber von Muscheln besetzt. Der Bewuchs macht ein Boot langsam, erhöht den Treibstoffverbrauch und sieht wenig schön aus. Zur Abwehr kommen Spezialfarben zum Zuge, deren Inhaltsstoffe mindestens umstritten sind und deren Verarbeitung anspruchsvoll ist.

In der Regel sind die Yachtfarben- und Anstrich-Fibeln der Hersteller die besten Assistenten für den Do-it-yourself-Eigner. Es gibt zwei klassische Antifouling-Sorten. Mit Abstand am beliebtesten ist der selbstpolierende (erodierende) Anstrich, den bekannte Händler wie Jotun, Von der Linden, Hempel oder International zu 80 Prozent und mehr verkaufen. Durch seine Funktionsweise werden die enthaltenen Biozide für den Langzeitschutz nach und nach abgegeben. Die Schichten bauen sich in der Fahrt ab und müssen teilweise vor dem Neuaufbringen nicht einmal angeschliffen werden.

Ob und wie das Antifouling einer Yacht erneuert werden muss, lässt sich für den Laien nicht immer erkennen. Aus diesem Grund bietet die Yachtlackierung Peter Wrede in Wedel ein cleveres System an: Zur Beschichtung mit selbstpolierendem Antifouling applizieren die Lackierer eine erste Lage andersfarbig, beispielsweise rot. Sodann folgen zwei Spritzgänge in schwarz. Wenn die rote Schicht durchschimmert, muss gehandelt werden. Der leicht erkennbare richtige Zeitpunkt hilft Kosten zu sparen, denn eine zu frühe Neubeschichtung wird vermieden. Auch verhindert die Methode eine Überbeschichtung, die schlimmstenfalls den Anstrich abblättern lässt.

Die zweite Variante, die Hartantifoulings, trocknet nach der Verarbeitung zu einer harten und schleifbaren Oberfläche aus. Diese Farben sind sehr abriebfest und eignen sich gut für schnelle Yachten und für Boote, die oft in stark strömenden Gewässern liegen.

Antifoulings bleiben ökologisch umstritten. Zwar sind hochgiftige Bestandteile wie Teer, Zinn oder Blei und Quecksilber längst verboten, doch eine perfekte Lösung, die Boote und Umwelt gleichermaßen 100-prozentig schützt, gibt es bis heute nicht. "Wir wollen uns in diesem Bereich künftig noch stärker engagieren", sagt Helge von der Linden, Geschäftsführer des gleichnamigen Anbieters in Wesel. "Silikon-Beschichtungen beispielsweise enthalten keine Gifte, sind aber kompliziert in der Anwendung und können nur von Spezialbetrieben verarbeitet werden." Ihre Vorteile: Sie sind bei Geschwindigkeiten ab 30 Knoten selbstreinigend. In Testserien wiesen sie nach einem halben Jahr nur sehr geringen Bewuchs auf. Doch haben sie auch Nachteile: Silikon ist nicht überstreichbar. Wer wieder wechseln möchte, muss es komplett entfernen. Und die weiche Oberfläche ist empfindlich.

"Es ist fraglich, ob es die perfekte Lösung jemals geben wird", sagt der Antifouling-Experte Burkard Watermann vom Forschungsinstitut LimnoMar und weist auf ein Grundproblem hin: "Boote liegen heute immer länger ungenutzt im Wasser, sollen aber am Ende der Saison noch strahlend aussehen. Das ist ein Widerspruch in sich." Mit einem stärkeren Engagement der Eigner, so der Fachmann, könne man dagegen sehr schnell die Umweltbelastung reduzieren. Einen Anfang mache eine Wasserschutzverordnung, die für den Ratzeburger See und den Schalsee gilt: Hier sind biozidhaltige Unterwasseranstriche verboten. Die Verordnung habe anfangs, so Watermann, für Aufruhr gesorgt, wird aber inzwischen gut angenommen.

In Süßwasser-Gewässern ist die Bewuchsgefahr in der Regel deutlich niedriger. Gleichzeitig sind die Schäden für die Umwelt, etwa durch die Belastung von Trink- und Badewasser mit Giftstoffen, ungleich höher. Watermann plädiert dafür, während der Saison das Boot mal aus dem Wasser zu holen und den Rumpf mit einem scharfen Wasserstrahl plus Schrubber zu reinigen.

Umfassende Informationen bietet das Antifouling-Handbuch 2012 des Vereins Bewuchs-Atlas, 190 Seiten, Druckversion 28 Euro, Download 22 Euro, erhältlich über www.bewuchs-atlas.de , inklusive Liste von mehr als 120 Antifouling-Produkten