Ein Forscher erklärt, warum es sich oft anders anfühlt

Was gehört zu den liebsten Beschäftigungen in der Freizeit? Und wie sieht das in anderen Ländern aus? Professor Dr. Ulrich Reinhardt, Freizeitforscher und wissenschaftlicher Leiter der Hamburger BAT-Stiftung für Zukunftsfragen, gibt Antworten.

Hamburger Abendblatt:

Unternehmungen mit der Familie liegen auf Platz fünf im Ranking der beliebtesten Freizeitbeschäftigungen. Was wird denn so unternommen?

Ulrich Reinhardt:

Das ist individuell sehr verschieden. Gemeinsam ist aber allen Aktivitäten, dass die eigentliche Aktivität im Hintergrund steht und die gemeinsame Tätigkeit innerhalb der Familie im Vordergrund. Insofern ist es fast egal, was unternommen wird, Hauptsache, es geschieht gemeinsam.

Immer mehr Menschen verbringen ihre Freizeit am Computer und im Internet. Welchen Einfluss hat es tatsächlich?

Reinhardt:

Das Internet ist gerade für die junge Generation zu einem integralen Bestandteil in der Freizeit geworden. Problematisch wird es, wenn das Leben der Jugendlichen mehr in der virtuellen als in der realen Welt stattfindet. Schon heute sind zwei Drittel der Deutschen der Meinung, dass die mitmenschlichen Kontakte durch das Internet abnehmen. Wichtig ist aus meiner Sicht daher vor allem die Medienerziehung für Kinder, aber ebenso auch für Eltern. Nur wenige Eltern können beim Wissen über PCs und Internet mit dem ihrer Kinder mithalten, da fällt es schwer, die richtige Hilfestellung zu geben.

Was machen die Menschen in anderen Ländern anders?

Reinhardt:

Dieses variiert stark. Die Mediennutzung ist in den USA höher, in Österreich steht das Ehrenamt im Mittelpunkt. Was alle Bürger in Industrienationen eint, ist das Gefühl, nie genügend Freizeit zu haben.

Haben wir eigentlich generell mehr Freizeit zur Verfügung als früher?

Reinhardt:

Faktisch ja, gefühlt nein. Historisch gesehen haben wir nie mehr Lebensfreizeit gehabt, auch hat sich die Anzahl an Wochenarbeitsstunden in den letzten 50 Jahren um fast acht Stunden reduziert und die Anzahl an Urlaubstagen im selben Zeitraum fast verdoppelt. Jedoch sind auch die Anforderungen und vor allem die Angebote in der Freizeit stark gewachsen.

Meist sieht man Frauen in den Kursen, was ist eigentlich mit den Männern?

Reinhardt:

Das Angebot für Männer ist eher klein und oft an der Zielgruppe vorbei. Allerdings machen Männer es sich oft auch einfach, schieben Zeitmangel und ihre Arbeit vor. Es fehlt oft die Überwindung. Man muss die Männer zudem dort abholen, wo sie sind.

Und das wäre? Wie müssten solche Angebote aussehen?

Reinhardt:

Besonders Angebote, die gemeinsam mit der Partnerin oder sogar mit der ganzen Familie ausgeübt werden könnten, wären Erfolg versprechend. Dieses kann ein Erkundungskurs durch die eigene Stadt sein für die Familie oder ein Fotografiekurs mit dem Partner oder der Partnerin. Bisher sind zu viele Angebote entweder eher primär nur für Frauen (Handarbeit, Sprachen) oder eher nur auf Männer (Sport, Handwerken) ausgerichtet.

Gibt es derzeit Hobbys oder Beschäftigungen, die besonders im Kommen sind, denn Gartenarbeit und Fahrradfahren sind laut Studie ja offenbar out.

Reinhardt:

Im Trend liegen vor allem Freizeitangebote, die gemeinsam mit anderen ausgeübt werden. Dieses kann der Spielabend mit Freunden sein, der gemeinsame Theater- oder Kinobesuch oder auch einfach das Klönen mit den Nachbarn. Hauptsache: gemeinsam statt einsam in der Freizeit.